Stichwort: Integration durch Sport

 

Vier Fragen an Jochen Welt, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten - „Der Sport ist schon fast Schutzimpfung gegen soziale Auffälligkeiten”

 

DSB PRESSE: An vielen Stellen in unserer Gesellschaft ist derzeit von einem Konflikt zwischen verschiedenen Kulturen die Rede. Wird vor diesem Hintergrund die Integration der Aussiedler und Migranten in Deutschland nicht immer wichtiger, um potenzielle Konflikte im Vorfeld zu entschärfen?

 

WELT: Es hat sich in der Tat eine Entfremdung eingestellt, aber zu einer solchen Entwicklung gehören immer zwei Seiten. Man darf nie einer Seite die völlige Schuld zuweisen. Die Politik ist zum einen dafür verantwortlich, dass die Zuwanderung immer sozial verträglich, d.h. mit der Zustimmung der aufnehmenden Gesellschaft, erfolgt. Zum zweiten muss sie dafür sorgen, dass die, die zu uns kommen, mehr Wert darauf legen, dass sie sich einfügen wollen und auch können. Dieser Prozess sollte schon im Herkunftsland beginnen, in dem dort entsprechende Sprachkenntnisse erworben werden. Wir brauchen mehr Verbindlichkeit in der Integration.

 

DSB PRESSE: Der organisierte Sport wird von der Bundesregierung als eine wichtige Plattform zur Integration stark unterstützt. Welche besonderen Eigenschaften hat der Sport, um die Integration voranzutreiben?

 

WELT: Ich finde, der Sport ist ein ideales Mittel der Integration, weil er alle Grenzen überwindet. Zudem hat er einen präventiven Charakter. Wer Sport betreibt, denkt nicht an andere Dinge. Der Sport ist schon fast eine Schutzimpfung gegen soziale Auffälligkeiten. Wir merken, dass überall dort, wo Projekte mit Sport durchgeführt werden, wir bemerkenswerten Erfolg haben. Er schafft eine viel größere Kontaktdichte zu den Menschen vor Ort. Jungen Menschen, die da, wo sie herkommen, nur Misserfolg hatten, verschafft er ein neues Selbstwertgefühl. Der Sport verlangt Regeln, die eine Hilfe bei der Eingliederung sind, und ehrenamtliches Engagement, wodurch ein aktives gesellschaftliches Verantwortungsgefühl geschaffen wird.

 

DSB PRESSE: Das Projekt „Integration durch Sport” konnte durch die finanzielle Hilfe des Bundesinnenministeriums bundesweit ausgebaut werden. Wie fällt eine Bilanz nach 15 Jahren Bestehens des Projektes aus?

 

WELT: Wie wichtig das Projekt ist, zeigt die Tatsache, dass wir seit 1989 69,2 Millionen Euro an Integrationsmitteln eingebracht haben. Für mich ist es ein Riesenerfolg, dass Jahr für Jahr viele hunderttausend Menschen angesprochen werden. Es gibt bundesweit jedes Jahr über 7.000 Projekte. Das ist die größte Zahl von Einzelprojekten in der Integrationsarbeit. Ein wichtiger Erfolg ist eben, dass sich die Menschen den örtlichen Vereinen und damit der Gesellschaft vor Ort zuwenden.

 

DSB PRESSE: Was könnte der Sport in Zukunft mehr leisten, um die Integration noch stärker voran zu treiben?

 

WELT: Wir haben bei dem Projekt eine gute und solide Basis. Es könnte aber eine noch stärkere Akzeptanz in die Vereinsbasis hinein geben. Wir wissen, dass die Landessportbünde nach außen hin offen sind und sich für die Integration engagieren. Bei Vereinen vor Ort gibt es dagegen manchmal noch Hemmnisse, bedingt auch durch schlechte Erfahrungen. Da könnte noch manches verbessert werden. Wir haben in diesem Jahr vor, das Projekt zu evaluieren, um zu hinterfragen, wo wir noch effizienter sein können. Denn Stillstand ist ja bekanntlich Rückschritt.

 

Hinweis für die Redaktionen

 

Das Interview können Interessenten in voller Länge im Internet unter www.dsb.de oder unter www.integration-durch-sport.de abrufen.