Stromaufwärts fürs Landessportabzeichen

Sportabzeichen-Pionier Horst Scheckenbach - sein Herz schlägt für die Leichtathletik

"Die Bedingungen Anfang der 50er-Jahre sind mit denen von heute überhaupt nicht zu vergleichen“, Horst Scheckenbach
"Die Bedingungen Anfang der 50er-Jahre sind mit denen von heute überhaupt nicht zu vergleichen“, Horst Scheckenbach

1951: In der noch jungen Bundesrepublik beschloss der Deutsche Sportbund die Wiedereinführung eines bundeseinheitlichen Sportabzeichens. In vielen Landessportbünden hatte es schon vorher wieder Sportabzeichenprüfungen gegeben, wie zum Beispiel in Württemberg. Hier legte Horst Scheckenbach in der Kreisstadt Künzelsau das sogenannte Landesportabzeichen ab, eine Medaille, die man heute nur selten zu sehen bekommt.

Den Anfang in Sachen Sportabzeichen machte nach dem Krieg der Landessportbund Nordrhein-Westfalen. Dort gab es schon 1948 die Möglichkeit, das Sportabzeichen abzulegen. Weitere Bundesländer folgten. Die Bedingungen waren uneinheitlich und die Bezeichnungen verschieden. In einigen Ländern war es das Deutsche Sportabzeichen, in anderen das Bundessportabzeichen. Lediglich in Württemberg hatte sich die Bezeichnung Landessportabzeichen durchgesetzt. Hier wurden zwischen 1949 und 1952 insgesamt 3.888 Prüfungen abgelegt.

„Die Bedingungen Anfang der 50er-Jahre sind mit denen von heute überhaupt nicht zu vergleichen“, erinnert sich der heute 80-jährige Scheckenbach. Vor allem das Schwimmen war mit ganz besonderen Herausforderungen verbunden. „In der Nähe des TSV Künzelsau gab es kein Schwimmbad“, fährt er fort. „Die waren Anfang der 50er Jahre nicht so verbreitet. Also mussten wir in den Kocher, um das Schwimmen für das Sportabzeichen abzulegen.“

Der Kocher ist ein östlicher Nebenfluss des Neckars. Für die 300-Meter-Disziplin schwammen die Sportler die Hälfte der Strecke stromaufwärts und die andere wieder hinab. „Von 13 Sportlern, mit denen ich damals angetreten bin, haben das nur drei geschafft. Was man gegen die Strömung verliert, kann man einfach mit der Strömung nicht mehr reinholen“, sagt Scheckenbach. Horst Scheckenbach meisterte das Schwimmen und weitere vier Disziplinen und bekam vom Württembergischen Sportverband das Landessportabzeichen mit der Nummer 574/51 verliehen.

Zoll beschlagnahmt Urkundenheft

Dem ersten Sportabzeichen von Horst Scheckenbach sollten einige Jahre lang keine weiteren folgen. Er zog 1952 nach Berus in der Gemeinde Überherrn im Saarland, das zu dieser Zeit noch französisches Protektorat war. „An der Grenze hat der französische Zoll mein Urkundenheft und mein Konditorfachbuch beschlagnahmt, weil ich diese Schriftstücke nicht hätte einführen dürfen. Das waren richtige Sturköpfe“, sagt er und lacht.

Auch im Saarland spielte der Vereinssport eine große Rolle in Scheckenbachs Leben. Eigentlich hing sein Herz immer an der Leichtathletik, aber im Weltmeisterschaftsjahr 54 war Fußball unter Jugendlichen die mit Abstand beliebteste Sportart. Also gründete er den Fußballverein SSV Berus. Einige seiner Fußballer im Verein waren so gute Läufer, dass er mit ihnen an Wettkämpfen des Leichtathletikbundes teilnahm. So entwickelte sich eine eigene Leichtathletiksparte beim SSV.


Das Sportabzeichen hat ihn aber nicht mehr losgelassen. 1964 machte er seinen zweiten Fitnessorden. Seitdem hat er alle Leistungen dokumentiert. „Ich so ein bisschen vernarrt in die Statistik“, sagt er. „Ich arbeite lieber mit Zahlen als mit Worten.“ Zwei Jahre später trat Scheckenbach eine Hausmeisterstelle an der Grundschule in Berus an. Bald darauf machte er die Prüferlizenz und nahm in den folgenden Jahren für die Schüler das Deutsche Sportabzeichen ab.

1969 gründete Scheckenbach schließlich einen eigenen Leichtathletikverein, die LG Berus. „Wir hatten nach zwei Jahren schon 200 Mitglieder“, sagt er. Eine Zeitlang leitete er den Sportabzeichentreff des Vereins, bevor er ihn Anfang der 80er Jahre an seinen Prüferkollegen Andreas Burg abgab. Leichtathletik betreibt er bis heute ambitioniert. 2001 wurde er in seiner Altersklasse mit 1,29 Meter Deutscher Meister im Hochsprung und 2006 Dritter bei den Seniorenweltmeisterschaften im Kugelstoßen sowie Vierter im Hochsprung.

Dieses Jahr hat Scheckenbach sein 48. Sportabzeichen absolviert. Für seinen 50. Fitnessorden wird er zu seinen Wurzeln zurückkehren. „Den mache ich dort, wo ich mein erstes Sportabzeichen gemacht habe – in Künzelsau“, sagt er. „Das ist fest eingeplant.“


  • "Die Bedingungen Anfang der 50er-Jahre sind mit denen von heute überhaupt nicht zu vergleichen“, Horst Scheckenbach
    "Die Bedingungen Anfang der 50er-Jahre sind mit denen von heute überhaupt nicht zu vergleichen“, Horst Scheckenbach
  • Das Landessportabzeichen
    Das Landessportabzeichen
  • Vernarrt in die Statistik (alle Fotos: privat)
    Vernarrt in die Statistik (alle Fotos: privat)