Tagungen im Sport – Anlass zum Nachdenken über Sport

"Tagungen im Sport haben Konjunktur, nicht erst seit Anfang des Jahres", stellt unser Autor Prof. Detlef Kuhlmann fest und gibt Antworten auf die Frage: "Warum gibt es solche Tagungen überhaupt?"

Beim Inklusionskongress des DOSB 2016 in Frankfurt am Main wurde deutlich, welch große Potenziale das gemeinsame Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung besitzt. Foto: Ralf Kuckuck
Beim Inklusionskongress des DOSB 2016 in Frankfurt am Main wurde deutlich, welch große Potenziale das gemeinsame Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung besitzt. Foto: Ralf Kuckuck

Der Deutsche Tennis Bund (DTB) hatte gleich in den ersten Tagen des neuen Jahres vom 6. bis 8. Januar 2017 nach Berlin eingeladen – nicht zu einem hochkarätigen Tennisspiel draußen auf  dem Center Court, sondern in das größte Hotel Deutschlands, zugleich Europas größtes Tagungs-, Unterhaltungs- und Hotelkomplex Estrel im Stadtbezirk Neukölln. Dort fand der „Internationale DTB Tenniskongress“ statt. Das war vermutlich einer der ersten Kongresse weltweit im neuen Jahr, wo über Sport – hier über Tennissport – nachgedacht wurde. Über 600 Kongressgäste (Rekordbeteiligung!) waren dabei.

Tagungen im Sport haben Konjunktur, nicht erst seit Anfang des Jahres. Verbände, Kommunen und andere (auch hochschulische) Einrichtungen des Sports bzw. der Sportwissenschaft, die et was auf sich halten, laden ganzjährig zu solchen Zusammenkünften ein. Noch nicht lange zurückliegt beispielsweise der Kongress zum Thema „Sport und Bildung“ des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen mit mehr als tausend Personen in Düsseldorf. Viele weitere Tagungen werden in diesem Jahr folgen, sogar noch im Januar wie „Sport im Spotlight“ am 25. an der Ruhr-Universität Bochum. Die 1. Siegener Fußball-Tagung ist für den 23. Februar angekündigt.

Warum gibt es solche Tagungen überhaupt? Eine erste Antwort könnte lauten: Sie dienen dem Gedankenaustausch, sie bieten eine Plattform, um neue vor allem (sport-) wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxisfelder des Sports aufzubereiten. Sie können zudem ein kritisch-konstruktives Diskussionsforum sein, wo Interessierte ergebnisoffen über wünschenswerte oder möglichst zu vermeidende Entwicklungen im Sport kommunizieren. Alle, die schon einmal solche Tagungen besucht haben, erinnern sich an Vorträge und Diskussionen, die ihnen etwas „gebracht“ haben oder wo die Erwartungen an das angekündigte Thema eher nicht „rüber“ kamen, um es vorsichtig auszudrücken – egal:

Versucht man das Anliegen und die Ansprüche von Tagungen im Sport etwas konkreter zu verorten, dann hilft vielleicht eine Sichtweise weiter, die der Bielefelder Sportwissenschaftler Prof. Dietrich Kurz, langjähriger Vorsitzender des Kuratoriums zur Verleihung des Wissenschaftspreises des DOSB, in einem anderen Zusammenhang formuliert hat, wo es um die Zugangsweisen anwendungsorientierter Forschung zum Sport ging: Er unterscheidet dabei idealtypisch das sportlich-technische und das pädagogisch-humane Interesse am Sport. Bei dem einen geht es hauptsächlich darum, genauer zu ermitteln, was nützlich und möglich ist, damit Sportlerinnen und Sportler noch erfolgreicher werden. Das andere Interesse geht von der Annahme aus, dass der Sport das Leben der Menschen bereichern kann, und fragt demzufolge danach, wie dies noch besser gelingen kann.

Speziell auf Tagungen im Sport übertragen ließe sich daraus schließen: Sie sind im Ergebnis auch daran zu messen, welche guten und bestenfalls wegweisenden Beiträge sie bereithalten, um genau diesen beiden Interessen nachzugehen. Aber dabei lässt sich das eine Interesse gar nicht von dem anderen trennen: Im Kern muss es immer um Überlegungen für einen humanen Sport gehen! Eine anregende und möglicherweise auch aufregende Teilnahme an Tagungen für einen „besseren“ Sport wünscht

(Autor: Prof. Detlef Kuhlmann)


  • Beim Inklusionskongress des DOSB 2016 in Frankfurt am Main wurde deutlich, welch große Potenziale das gemeinsame Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung besitzt. Foto: Ralf Kuckuck
    Beim Inklusionskongress des DOSB 2016 in Frankfurt am Main wurde deutlich, welch große Potenziale das gemeinsame Sporttreiben von Menschen mit und ohne Behinderung besitzt. Foto: Ralf Kuckuck