The Right to Play

Angesichts der Lage in Afghanistan erinnert Katrin Grafarend an die UN-Kinderrechtskonvention, die das Recht auf Spiel verankert hat.

Krisen und Kriege verwehren Kindern und Jugendlichen das Recht auf Spiel. Foto: picture-alliance
Krisen und Kriege verwehren Kindern und Jugendlichen das Recht auf Spiel. Foto: picture-alliance

Das Recht auf Spiel – seit 1990 ist es in Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Dieser Konvention sind mehr Staaten beigetreten als jeder anderen UN-Konvention. Dass Krisen und Kriege dieses Recht vielen Kindern und Jugendlichen verwehren, ist trauriger Alltag in zahlreichen Ländern. Wie schnell gewonnene Freiheiten verloren gehen können, haben uns die erschütternden Berichte der vergangenen Wochen aus Afghanistan vor Augen geführt. Und wieder einmal sind Mädchen und Frauen die hauptsächlich Leidtragenden.

„Es ist nicht notwendig, dass Frauen Sport treiben“, sagte der stellvertretende Leiter der Kultur-kommission der Taliban, Ahmadullah Wasiq, im September. So einfach wird ein grundlegendes Recht vom Tisch gewischt: Nicht notwendig. Diese fehlende Notwendigkeit führt dazu, dass Mädchen und junge Frauen, die im Sport aktiv waren und all jene, die sich für den Mädchen- und Frauensport eingesetzt haben, in Angst leben, sich verstecken, abgetaucht sind. Sie sind den Taliban ein Dorn im Auge – oder schlimmer noch, Zielscheibe.

Seit 2003 unterstützen der DOSB und seine Vorgängerorganisationen den Sport – und insbesondere den Mädchen- und Frauensport in Afghanistan. Als Partner des Auswärtigen Amts, gefördert aus Mitteln des Stabilitätspakts, haben wir Trainer nach Afghanistan entsandt, beim Aufbau der ersten Frauenfußballnationalmannschaft unterstützt, Lehrgänge vor Ort und in Deutschland durchgeführt. Letzten Monat erst waren wir Ausrichter eines Multiplikator*innenkurses für afghanische Geflüchtete an der Sportschule Wedau.

War dies nun alles vergeblich? Ich bin davon überzeugt, dass es dies nicht war und ist. Denn wir haben nicht in Straßen und Brücken investiert, die jetzt zerstört sind. Wir investieren in Menschen, vermitteln Fähigkeiten und Fertigkeiten. Sportliches Know-how, aber eben auch Werte und Verhaltensweisen, die den Sport ausmachen und im internationalen Kontext oft als „life skills“ bezeichnet werden: Durchhaltevermögen, Zusammenhalt, Selbstvertrauen. Ich hoffe, dass diese „life skills“ es schaffen zu überleben. Denn auch wenn viele Nationale Olympische Komitees aktuell in Kontakt mit ihren jeweiligen Regierungen stehen, die Möglichkeiten zu helfen sind letztlich leider begrenzt und oft nur vereinzelt möglich.

Was zeigt uns die aktuelle Situation? Sie lehrt uns Demut und Dankbarkeit für die Möglichkeiten, die wir in Deutschland, Europa und vielen anderen Ländern der Welt haben, auch wenn gerade Kinder und Jugendliche in den vergangenen eineinhalb Jahren der Pandemie auch bei uns auf Vieles haben verzichten müssen. Sie zeigt uns aber auch auf, wie machtlos wir derartigen Herausforderungen in anderen Ländern gegenüberstehen. Hinzu kommt: Die Nachrichtenwelt ist so schnelllebig, dass rund sechs Wochen nach der Übernahme der Taliban in Kabul nur noch Wenige Notiz von der Situation in Afghanistan nehmen. Aber wir sollten nicht aufhören hinzuschauen und die Möglichkeiten ausschöpfen, die wir haben, um das Recht auf Spiel möglichst vielen Kindern (zurück) zu geben – national, wie international.

(Autorin: Katrin Grafarend)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


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    Kinder und Erwachsene in Afghanistan lassen auf einem Hügel einen Drachen steigen Foto: picture-allianceuf einem B