THEMA DES MONATS (3) - VIELFALT DER BEGRIFFE - "MIGRATION & MIGRANT/IN"

Frankfurt (ids/dsb) Auch im dritten Teil der Serie "Thema des Monats" sollen Hintergründe erläutert werden, die zu einem besseren Verständnis von sozialer Integration beitragen. Das aktuelle Thema beschäftigt sich mit der Vielfalt der Begriffe mit denen Menschen im Kontext der sozialen Integration bezeichnet werden.

Immer öfter tauchen in Politik und Medien die Begriffe "Migration" und "Migrant/in" auf. So soll beispielsweise das "Bundesamt für Flüchtlinge (BAFl)" demnächst "Bundesamt für Migration" heißen.

 

In der Umgangssprache sind die Fremdwörter "Migration" und "Migrant" noch wenig geläufig, die Unterbegriffe "Immigration", "Emigration", "Immigrant/in", "Emigrant/in" werden jedoch ähnlich häufig gebraucht wie die entsprechenden deutschen Formen (Einwanderer, Zuwanderer, Auswanderer ...). Bei dem "urdeutschen" Wort "Wanderer" denken viele wahrscheinlich eher an Wandersport und an der Existenz der weiblichen Form "Wandererin" wird schon deshalb gezweifelt, weil man sich bei der Aussprache die Zunge bricht. Laut Duden heißt es dann auch korrekterweise "Wanderin", was wiederum einigen als ziemlich unschön erscheinen mag. Also dann doch lieber "Migrantin" ?

 

Auch die Politiker sind zwischen dem Deutschen und dem Lateinischen hin- und hergerissen. So setzte etwa das Bundesinnenministerium am 12.9.2001 eine unabhängige Kommission "Zuwanderung" unter der Präsidentschaft von Rita Süssmuth ein. Hier entschied man sich also für die deutsche Variante.

 

Verwirrung stiften auch die zahlreichen Begriffe, die zur Benennung von Untergruppen von Migranten verwendet werden: Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Übersiedler, Ausländer, Gastarbeiter, politisch Verfolgte, Asylanten usw.

 

In diesem Artikel sollen der Begriff Migration und einige gebräuchliche Unterbegriffe erläutert werden. Darüber hinaus werden teilweise auch mitschwingende Bedeutungen der Begriffe (die sogenannten Konnotationen) berücksichtigt.

 

Die Begriffe Migration und Migrant/in

 

Die Begriffe Migration und Migrant/in leiten sich von dem lateinischen Verb "migrare" ab, das mit "wandern" oder "wegziehen" übersetzt werden kann. Der Begriff der Migration wurde zunächst in der Biologie verwendet und bezeichnet eine dauerhafte Einwanderung (Immigration) oder eine dauerhafte Abwanderung (Emigration) tierischer Individuen. Diese werden als Migranten bezeichnet (von lateinisch "migrans" "wandernd"). Eine Zuwanderung ohne dauerhafte Ansiedlung wird als Permigration bezeichnet (etwa bei Zugvögeln).

 

In der Soziologie, welche die Begriffe von der Biologie übernahm, wird mit "Migration" die Wanderung menschlicher Individuen von einem Ort zu einem anderen bezeichnet. Es kann sich etwa um die Wanderung von einer Stadt zur anderen, die Ein- oder Auswanderung von einem Land in ein anderes, oder auch um die Abwanderung vom Land in die Stadt handeln.

 

Zuwanderung stellt einen Unterbegriff der Migration dar und wird meist benutzt, um die Migration in einen bestimmten Staat, in eine bestimmte Gemeinde oder in eine andere politische Einheit zu kennzeichnen. Häufig wird auch zwischen den Begriffen Einwanderung und Zuwanderung unterschieden, wobei der erste eher eine dauerhafte Ansiedlung bedeutet, der zweite eher auf eine zeitliche Begrenzung hindeutet.

 

Im Kulturbereich hat sich der Begriff der Migrantenliteratur eingebürgert. Dieser bezeichnet einen selbstständigen Literaturzweig in Deutschland, der das Leben und die Probleme der sogenannten Gastarbeiter sowie anderer Immigranten in Deutschland thematisiert.

 

Gegen die Verwendung der Begriffe "Migration" und "Migrant/in" lässt sich einwenden, dass sie im Alltag wenig gebräuchlich sind. Genau dies ist aber auch ein Vorteil, denn die aus der Wissenschaft stammenden lateinischen Begriffe sind relativ frei von unpassenden Konnotationen, anders als die deutschen Begriffe "Wanderung" und "Wanderer".

 

Bei der Betrachtung des Begriffs Migration ist die Einsicht wichtig, dass der beschriebene Begriff und seine Unterbegriffe durch ihre mitschwingenden Bedeutungen unter Umständen sehr unterschiedliche Reaktionen hervorrufen können. Darauf konnte jedoch äußerst begrenzt eingegangen werden, weil diese Bedeutungen vor allem durch den historischen Hintergrund geprägt sind.

 

Über die geschichtlichen Hintergründe informiert entsprechende Literatur wie etwa das Buch "Europa in Bewegung" von Klaus J. Bade.

 

DieAutoren: Richard Keiner, Andi Mündörfer (Institut für Sportsoziologie, Deutsche Sporthochschule Köln), Robert Keiner (Diplom-Psychologe)

 

Empfohlene Lektüre zur Vertiefung:

 

Bade, Klaus J.: Europa in Bewegung: Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München 2000.

 

Han, Petrus: Soziologie der Migration: Erklärungsmodelle, Fakten, politische Konsequenzen, Perspektiven. Stuttgart 2000.