Dr. Günter Klein von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der das European Centre for Environment and Health der WHO in Bonn leitet, im Interview mit dem deutschen Sportbund.
Welche Chancen sehen Sie für Deutschland im UNO-Jahr des Sports und der Leibeserziehung aus der Sicht der WHO?
Dr. Klein: Das WHO Büro in Deutschland selbst ist nicht konkret an Aktionen zum UNO-Jahr beteiligt. Aber indirekt bekommt die vermehrte und verbesserte Beteiligung und Mitarbeit an Aktivitäten der UNO auch in den reichen Industrieländern zunehmend eine Innenwirkung, die ich für sehr wichtig halte. Übergewicht durch Bewegungsmangel und Fehlernährung wird in den Industrienationen inzwischen als „Killer" erkannt und gesundheitspolitisch entsprechend ernst genommen.
Welcher Schwerpunkt wird in Deutschland besonders wichtig sein?
Dr. Klein: Wichtig ist - und das ist eine Chance des Internationalen Jahres - Zuständigkeitsbarrieren zu überwinden, nationale Barrieren abzuschaffen, so dass Initiativen mit unterschiedlichen Partnern gemeinsam gestartet werden können. Der Weltgesundheitstag in diesem Jahr zum Thema „Sicher fahren – gesund ankommen" war beispielgebend, in dem das Verkehrs- und Gesundheitsministerium gezeigt haben, dass sie sich gemeinsam im Kampf gegen die vielen Unfall-Toten im Straßenverkehr stark machen.
"Übergewicht durch Bewegungsmangel und Fehlernährung wird in den Industrienationen inzwischen als „Killer" erkannt und gesundheitspolitisch entsprechend ernst genommen."
Auf welche Weise beschäftigt sich das Bonner Büro der WHO mit der Gesundheitsthematik? Was ist Ihr spezifisches Aufgabenfeld innerhalb der WHO?
Dr. Klein: Eine unserer Aufgaben ist es, zu untersuchen, wie das Wohnumfeld gesundheitsfördernd strukturiert werden kann. Wie muss man ein Wohngebiet zum Beispiel gestalten, um für Kinder und Jugendliche die Attraktivität von Bewegung im Freien gegenüber dem Fernseher zu steigern. Das können dann beispielsweise Bolz- und Spielplätze in Grünflächen sein, die aber auch in erreichbarer Nähe sein müssen. Wir bemühen uns mit dem Projekt "Housing & Health" europaweit Gesundheits-, Raum- und Stadtplanung an einen Tisch zu bringen. Es geht darum, von der Überzeugung, dass bestimmte Elemente des Wohnens krank machen, zu umsetzbarem Wissen für eine Politik zu gelangen, die zum Beispiel Grünflächengestaltung und Fußplätze statt Parkplätze beinhaltet – mit dem Ziel besserer Gesundheit.
Welche Auswirkung haben diese Projekte im internationalen Kontext?
Dr. Klein: Die WHO - Ministerkonferenz von 52 europäischen Staaten hat im Juni diesen Jahres in Budapest beschlossen, Raumplanungs- und Wohnungsbaupolitik mit Entscheidungskriterien zu versehen, die den Bürgern mehr Gesundheit und Wohlbefinden geben werden. Die Koordinierung dieser Aufgabe obliegt dem WHO-Zentrum in Bonn.