„Unsere Besten“

 

Wer oder was sind „unsere Besten“? Diese Frage soll in den kommenden Wochen das ganze (Fernseh-)Volk bewegen. Soweit jedenfalls der

fromme Wunsch des ZDF. Seit Anfang August versucht der Mainzer Sender seine Zuschauer dafür zu gewinnen, sich an der Suche nach der ultimativen Antwort zu beteiligen. Per Telefon, Email oder wie auch immer sollen sie, frei nach dem Vorbild der Briten – diese haben Winston Churchill auf den Schild gehoben - keinen Geringeren als den „größten Deutschen aller Zeiten“ küren.

Offenbar liegt diese Spielart medialer Beschäftigungstherapie im Trend der Zeit. Kürzlich hat Deutschland „den Superstar“ gesucht und angeblich gefunden, außerdem tummelten sich unsere vermeintlich „klügsten Kinder“ auf der Mattscheibe. Nun wird der Unsinn auf die Spitze getrieben: Von „A“, wie Konrad Adenauer und Hans Albers, bis „Z“, wie Ferdinand von Zeppelin und Clara Zetkin, wurden 300 Kandidaten nominiert, wobei auch jede und jeder andere Deutsche wählbar sein soll. Die „besten“ Hundert kommen in die engere Wahl, aus der - im Rahmen allerbester Fernsehunterhaltung, versteht sich – die Top Ten hervorgehen sollen, bevor dann am Ende der „deutsche Churchill“ ermittelt ist. Wer sich nun die offiziöse Vorschlagsliste zu Gemüte führt, begegnet einem illustren Kreis von Persönlichkeiten, die zwischen frühestem Mittelalter und neuester Gegenwart auf diese oder jene Weise auffällig geworden sind. Namen wie Goethe oder Dürer mögen über Zweifel erhaben sein, über andere ließe sich trefflich streiten. Von besonderem Interesse aber ist an dieser Stelle der Umstand, dass neben vielen Geistes- auch manche Körpergrößen - nämlich Sportlerinnen und Sportler - berücksichtigt wurden. So sind etwa, zwischen Bebel und Beethoven, Franz Beckenbauer und Boris Becker aufgelistet, während Steffi Graf von Gottschalk und Grass eingerahmt wird. Insgesamt zählt man – ist dies eigentlich viel oder wenig? – 23 „Beste“ aus der Welt des Sports.

Sicher könnte man diese nun im Einzelnen durchdeklinieren oder sich – stellvertretend seien Gerd Müller und Willi Daume genannt – über die Qualifikation der Ungenannten auslassen. Doch spannender als eine Personaldebatte ist ein Blick auf das Grundsätzliche: Soll man die Protagonisten der sportlichen Zunft überhaupt zu „unseren Besten“ zählen, wenn sie nicht mehr als Rekorde und Medaillen aufzuweisen haben? Sind neben spezifischen Fähig- oder Fertigkeiten nicht auch allgemeine, sprich menschliche Qualitäten von Bedeutung? Wenn aber der gesellschaftliche Mehrwert zum Gradmesser einer Lebensleistung erhoben wird, müsste sich der Fokus medialer Aufmerksamkeit auch auf ungezählte Namenlose richten, etwa auf solche, die sich ehrenamtlich für die gute Sache engagieren. Dabei wäre es dann im übrigen völlig unerheblich, welche der Besagten nun die Besten der Besten sein mögen – und ihre Nationalität würde auch keine Rolle spielen.