Von der Straße in den Verein „Sport tut Deutschland gut.“ – Der Jugend im besonderem Maße

(DSB PRESSE) Deutschland war noch geteilt, als der Deutsche Sportbund (DSB) 1984 im Rahmen der Vereins-Kampagne landauf, landab durch Plakate

an Bushaltestellen und in Bahnhöfen sowie durch Anzeigen in über 100 Publikationen die rhetorische Frage stellte: Wer holt die Kinder von der Straße? Und natürlich meinte: die Sportvereine. Der DSB war sich in jenen Jahren der zunehmenden Jugendkriminalität, des Zustroms von noch nicht integrierten Aussiedlerkindern und der Verführungen der Drogendealer an so manchen düsteren Straßenecken bewusst. Man setzte bei Sportjugend und DSB aus gutem Grund voraus, dass die Tatsache der zu 80 Prozent in ihrer Jugend länger oder kürzer im Sportverein aktiven Mädchen und Jungen auch solche aus schwierigen Lebensumständen einschließt. Der deutsche Sport, der sich in der Trimm-Aktion zunächst an die allgemeine Bevölkerung und hier besonders die Erwachsenen gewandt hatte, sah sich nun für bestimmte Ziel- und Problemgruppen mitverantwortlich.

Inzwischen sind fast 20 Jahre vergangen, und die Aufgabe hat nichts von ihrer Dringlichkeit verloren. Eine neue Generation von Jugendlichen ist den Gefahren der sogenannten Straße ausgesetzt. Unterdessen haben immer mehr Sportvereine Programme der Integration entwickelt, wobei die Ansprache der Kinder und Jugendlichen von Aussiedler- und Ausländerfamilien zum Schwerpunkt wurde. In vielen Städten – z.B. in Wolfsburg, Duisburg, Potsdam, Langen, Mainz, Halle, Mannheim, Leipzig, Stuttgart – gibt es regelrechte Task-Forces, die sich mit Sport- und Spielangeboten um Kinder auf der Straße kümmern.

Ein Verein, der diese Arbeit zu einem Schwerpunkt seiner Entwicklung machte, ist Motor Mickten Dresden. Nun kennt zwar jeder Dresden, aber was heißt, bitte schön, hier Motor und was ist Mickten? Erklärung: der Vorgängerverein war einer Motorenfabrik verbunden und entschied sich nach der Wende, diesen Namen zu behalten und so ein Stück Identität zu retten. Mickten ist der Name eines Vorortes von Dresden. Und zwar eines Vorortes, der nicht mit der königlichen Architektur Dresden’s glänzen kann, sondern ein sozialer Brennpunkt mit vielen Problemen ist. Hier zeigt sich, wie persönliches Engagement ausgleichen und ergänzen kann, was staatliche Interventionen alleine nicht schaffen. Motor Mickten hat unterdessen tausende von Jugendlichen zu Sportprogrammen – und zwar ohne Bindungspflicht – gewonnen, zu jeder Zeit sind mindestens 200 Mädchen und Jungen von 7 bis 20 Jahren und auch solche aus besonders schwierigem Milieu dabei. Dieter Schwägerl, der Vorsitzende, erläutert wie man sich in Kooperation mit dem Jugendamt behutsam um die besonders bindungsscheuen Jugendlichen kümmert, dabei auf hervorragend sensible Übungsleiter bauen kann und mit Trendsportarten besonders erfolgreich ist. „Sehr attraktiv für die Jungs und Mädchen sind zum Beispiel die Volleyballnächte, die abends um 21.00 Uhr beginnen und bis morgens um 6.00 Uhr durchgespielt werden.“

In der Szene wie in der Jugendpolitik hat Motor Mickten einen sehr guten Namen. Das wirkte sich auch aus, als der Verein bei der großen Hochwasserkatastophe Flutschäden hatte und zum Eigeneinsatz auch Förderung und Hilfe aus anderen Teilen Deutschlands kam.

Prof. Dr. Jürgen Palm