Warnung vor Gigantomanie: IOC-Vizepräsident Bach nimmt in Horizont-Magazin Stellung zu deutscher Olympiabewerbung

"Eine Olympia-Bewerbung darf keine Investition in Steine und Papier sein, sondern muss eine Investition in den Sport zu sein. Man muss einen Gutteil des Geldes in die Nachwuchsförderung stecken, in den Schulsport, in Eliteschulen des Sports". Diese Auffassung vertritt IOC-Vizepräsident und NOK-Präsidiumsmitglied Dr. Thomas Bach in der aktuellen Ausgabe des Magazins Horizont Sport-Business (9/2001).

 

 

 

"Sie wissen, ich unterstützte die deutsche Bewerbung voll, aber mit den Budgets ist das so eine Sache. Ich habe Zahlen gelesen, die mich erschreckt haben. Da war von Budgets für Olympiabewerbungen von 40 Millionen Mark die Rede – und es ging dabei um die nationale Ausscheidung. So etwas halte ich für völlig unrealistisch", sagte der Tauberbischofsheimer Wirtschaftsanwalt.

 

 

 

Bach nimmt in dem ausführlichen Interview u.a. auch zu den künftigen Aufgaben des IOC und des neuen IOC-Präsidenten, zu Vermarktungs- und Fernsehlizenzierungsfragen und zum Gigantismusproblem der olympischen Bewegung Stellung.

 

 

 

"Es müssen Abstriche gemacht werden. Wenn die Städte wissen, dass sie bei der Bewerbung mit einem Stadion für 80000 Zuschauer die gleichen Chancen haben wie mit einer Arena für 100.000, dann gibt es keinen Grund zur Gigantomanie", sagt der 47jährige Bach bezogen auf das Anforderungsprofil von Riesenhallen und Megastadien. "Obwohl die Zuschüsse durch das IOC auch die Austragung von Olympischen Spielen in Schwellenländern ermöglichen würden, haben wir immer noch weiße Flecken auf der Weltkarte. Es gab noch nie Olympia in Afrika und Südamerika. Nur durch die Limitierung der Kosten und der Organisation bekommen die eine Chance", ruft Bach zu Bescheidenheit auf.

 

 

 

Eine eindeutige Stellungnahme gibt Bach auch zur Frage der Senderechte bei Olympischen Spielen: "Jacques Rogge und ich sind hundertprozentig einer Meinung: Olympia gehört ins Free-TV. Auch die Verbände haben inzwischen gemerkt, dass sie ihrem Sport keinen Gefallen tun, wenn er ins Bezahlfernsehen abwandert", äußert der mehrfache Weltmeister und Olympiasieger von 1976.