Wer das Sportabzeichen trägt, darf bewundert werden

Im Interview sagt Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), welchen Wert das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung hat.

Friedhelm Julius Beucher freut sich über die Einbindung von Behinderten auf der Sportabzeichen-Tour. Foto: picture-alliance
Friedhelm Julius Beucher freut sich über die Einbindung von Behinderten auf der Sportabzeichen-Tour. Foto: picture-alliance

Friedhelm Julius Beucher (65) ist Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) e.V., des mit 618.000 Mitgliedern größten Behindertensportverbandes der Welt. Vorher war er zwölf Jahre für die SPD im Deutschen Bundestag und dort unter anderem Vorsitzender des Sportausschusses.

Was war und ist Ihre Motivation, sich im Behindertensport zu engagieren?

FRIEDHELM JULIUS BEUCHER: Mein Herzensanliegen in meinem früheren Beruf als Lehrer und in meinem Engagement als Kommunal- und Bundespolitiker war immer, Menschen ohne Rücksicht auf ihre soziale Herkunft und das Einkommen ihrer Eltern einander näher zu bringen. Was ist da besser geeignet als der Sport? Im Sport für Menschen mit Behinderungen fallen meine Interessen vollkommen zusammen. Denn die Gleichbehandlung und Gleichstellung aller Menschen mit oder ohne Behinderungen – hierfür gibt es das Fachwort „Inklusion“ – ist ein großes Jahrhundertziel. Dem habe ich mich mit Leidenschaft verschrieben.

Warum empfehlen Sie Menschen mit einer Behinderung, sich den Prüfungen für das Deutsche Sportabzeichen zu stellen?

Das Deutsche Sportabzeichen ist für alle, also auch für Menschen mit Behinderung, eine Möglichkeit, ihre körperliche Leistungsfähigkeit und Vielseitigkeit zu überprüfen. Beim Trainieren und bei der Vorbereitung auf das Sportabzeichen geht es natürlich hauptsächlich um Spaß an der  Bewegung und Freude an gesunder Lebensführung, um die Erhaltung und Stärkung der vorhandenen körperlichen Fähigkeiten und Funktionen. Und wer das Sportabzeichen schafft und die Urkunde bekommt, fühlt sich dann doppelt wohl. Viele finden über das Sportabzeichen den Weg in einen der mehr als 5.800 Vereine unter dem Dach des Deutschen Behindertensportverbands.

Welche gesellschaftliche Bedeutung hat es, dass sowohl Menschen mit wie ohne Behinderung das Deutsche Sportabzeichen ablegen können?

Schon vor fast 50 Jahren, nach dem Zweiten Weltkrieg, wurden erstmals Teilnahmebedingungen für das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderungen veröffentlicht. Seitdem können Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam trainieren und die Prüfungen machen. Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten alle die gleiche Auszeichnung. Nur die zu absolvierenden Disziplinen und Anforderungen unterscheiden sich auf Grund der behinderungsspezifischen Einschränkungen. Also ist das System des Deutschen Sportabzeichens ein praktisches Beispiel für Inklusion.

Wie anspruchsvoll sind die Anforderungen für das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung?

Entsprechend den Vorgaben für Menschen ohne Behinderung sind die Anforderungen für Menschen mit Behinderungen so gestaltet, dass für das Erlangen des Sportabzeichens ein gewisser Grad an Sportlichkeit vorhanden sein muss. Dabei werden die Bedingungen an die Fähigkeiten der einzelnen Behinderungsgruppen angepasst, so dass wir einen umfangreichen Disziplinen-Katalog zur Verfügung haben. Anspruchsvoll sind die erforderten Zeiten, Weiten und Höhen schon, aber sie sind mit regelmäßigem Üben und Trainieren zu schaffen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Deutschen Sportabzeichens für Menschen mit Behinderung?

Immer wieder ist versucht worden, die Attraktivität des Sportabzeichens zu erhöhen. Ich erwarte, dass die aktuelle Reform erfolgreich verläuft und im Jahr 2013 von den Teilnehmern angenommen wird. Als Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes wünsche ich mir, dass noch viel mehr Menschen mit Behinderung das Sportabzeichen absolvieren und somit eine Anerkennung für vielfältige sportliche Betätigung erhalten. Wer das Sportabzeichen sichtbar trägt, darf bewundert werden.

2013 wird das Sportabzeichen 100 Jahre alt. Ist dieses Jubiläum Anlass, die Zusammenarbeit mit dem DOSB zu intensivieren? Wo sehen Sie hierfür Bedarf?

Die Zusammenarbeit zwischen DOSB und DBS ist reibungsfrei, weil regelmäßig Abstimmungsprozesse stattfinden. Besonders erfreulich finde ich, dass bei einzelnen Stationen der Sportabzeichen-Tour der Öffentlichkeit präsentiert wird, zu welchen sportlichen Leistungen Menschen mit Behinderungen fähig sind – was ja viele gar nicht wissen. Auch das ist Inklusion – Inklusion in den Köpfen.

(Quelle: DOSB-Presse, Ausgabe 22) 


  • Friedhelm Julius Beucher freut sich über die Einbindung von Behinderten auf der Sportabzeichen-Tour. Foto: picture-alliance
    Friedhelm Julius Beucher freut sich über die Einbindung von Behinderten auf der Sportabzeichen-Tour. Foto: picture-alliance