Zukunfts-Symposium diskutiert über „Sportwissenschaft 2030“

„Sportwissenschaft 2030“ lautete das Motto des Symposiums, zu dem erstmals der Fakultätentag Sportwissenschaft am 22. April nach Frankfurt eingeladen hatte.

Gudrun Doll-Tepper (4.v.li.) gehörte zum Kreis der Vortragenden, die im Rahmen des Fakultätentags die Erwartungen an die „Sportwissenschaft 2030“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentierten. Foto: Fakultätentag Sportwissenschaft
Gudrun Doll-Tepper (4.v.li.) gehörte zum Kreis der Vortragenden, die im Rahmen des Fakultätentags die Erwartungen an die „Sportwissenschaft 2030“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentierten. Foto: Fakultätentag Sportwissenschaft

Das visionär klingende Motto „Sportwissenschaft 2030“ sollte gleichsam verdeutlichen, dass die Sportwissenschaft heute schon die Weichen dafür stellen muss, wie die Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler im Jahre 2030 das Fach vorfinden werden – denn das sind dann jene junge Menschen, die heute ein Studium des Faches Sportwissenschaft beginnen.

In seinem resonanzreichen Impulsreferat zu der Frage „Wohin will die Sportwissenschaft?“ skizzierte der Sportsoziologe Prof. Ansgar Thiel, seit 2010 Direktor des Instituts für Sportwissenschaft an der Universität Tübingen und damit Nach-Nachfolger von Prof. Ommo Grupe, Nestor der Sportwissenschaft in Deutschland, ein ernüchterndes Bild zur gegenwärtigen Situation der Sportwissenschaft in Deutschland auch im Vergleich zu den Lehr- und Forschungsressourcen anderer Fächer. Demnach „glänzt“ die Sportwissenschaft durch Unterfinanzierung. Ein Beispiel: Im Bundesdurchschnitt kommen 66 Studierende auf eine Professorin bzw. einen Professor. Im Fach Sportwissenschaft mit ca. 29.000 Studierenden und ca. 250 Hochschullehrern in Deutschland insgesamt beträgt die Relation dagegen 1:107. Thiel sprach sich aber auch für die dringend notwendige Ausweitung von Forschungskapazitäten (z.B. Drittmitteleinwerbung durch Beteiligung an interdiziplinären Großprojekten) aus und mahnte eine bessere „Vermarktung des Gegenstandes“ in der inneruniversitären Öffentlichkeit, aber auch außerhalb an.

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden Erwartungen an die „Sportwissenschaft 2030“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentiert. So plädierte beispielsweise der Präsident des Deutschen Sportlehrerverbandes, Michael Fahlenbock (Wuppertal) ebenfalls für „mehr politische Präsenz der Sportwissenschaft“ nicht zuletzt deswegen, um das hehre Ziel, im Jahre 2030 einen qualitativ hochwertigen Sportunterricht an allen Schulen im Lande von ebenso fachlich ausge-zeichnet ausgebildeten Sportlehrkräften gewährleisten zu können. Gleichzeitig sprach er sich für eine Expansion der Schulsportforschung aus, zumal die letzte große Schulsportstudie der Vorgängerorganisation des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) nun schon mehr als zehn Jahre zurückliegt.

Prof. Gerhard Huber (Heidelberg), Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Ver-bandes für Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS) wies in seinem Statement auf den großen Bedarf an Professionalisierung im weiten Feld des Gesundheits- und Fitnessbereiches hin, der sich mehr oder weniger „unbemerkt“ von der Sportwissenschaft hierzulande entwickelt habe.

Vereine und Verbände auf Unterstützung der Sportwissenschaft angewiesen

Erwartungen an die zukünftige Sportwissenschaft aus der Sicht der Sportorganisationen richtete Prof. Gudrun Doll-Tepper (Berlin), Vize-Präsidentin für Bildung und Olympische Erziehung im DOSB, an das Plenum. Sie erinnerte an die Unterstützung des Deutschen Sportbundes als „zentraler Motor“ bei der Etablierung der universitären Sportwissenschaft in den 1970er Jahren und unterstrich dabei erneut, dass das System Sportverein bzw. Sportverband auch zukünftig auf die Unterstützung der Wissenschaft angewiesen sei. „Der gemeinnützige Sport bietet attraktive und vielfältige Forschungsfelder mit hoher praktischer Relevanz“, sagte sie.

Ihr Statement mündete in einem <media 64897 _blank download "TEXT, Sportwissenschaft-2030, Sportwissenschaft-2030.pdf, 37 KB">Initiates file downloadSieben-Punkte-Programm</media> mit ganz konkreten Erwartungen an die „Sportwissenschaft 2030“: z.B. Erhöhung der Akzeptanz der Sportwissenschaft als Wissenschaftsdisziplin, Erfüllung von Mindeststandards in der thematischen Breite wissenschaftlich und gesellschaftlich relevanter Forschung und Lehre an den Instituten für Sportwissenschaft, aber auch die Einrichtung von Bachelor- und Masterstudiengängen für die Ausbildung von Trainerinnen und Trainern im Leistungssport sowie die Forderung, dass Olympismus und die „Olympische Idee“ integraler Bestandteil der unterschiedlichen Studiengänge im Fach Sport bzw. Sportwissenschaft genauso sein müssten „wie die Vermittlung von Grundkenntnissen über Aufgaben und Funktion des gemeinnützigen Sports und der öffentlichen Sportverwaltung“.

Andreas Pohlmann (Bonn) als Vertreter des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) unterstrich die Funktion der Bundeseinrichtung als „starker“ Forschungspartner und verwies auch auf die zunehmend wichtiger werdenden Serviceaufgaben des BISp im Sinne eines gelingenden Theorie-Praxis-Transfers. Für eine verstärkte internationale Präsenz von deutschen Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftlern sprach sich Prof. Sandra Günter (Hannover) aus, die selbst über berufliche Erfahrungen an Universitäten in der Schweiz und in Norwegen verfügt. Im Schlusswort gab Prof. Elk Franke (Berlin), von 1989 bis 1991 Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), der „Sportwissenschaft 2030“ mit u.a. mit auf den Weg, die Kreativität zu bewahren, um Unbekanntes und Neues als Forschungsgegenstand zu entdecken, die Förderung des sportwissenschaftlichen Nachwuchses nicht zu vernachlässigen und schließlich die institutionalisierte „Einheit in der Vielfalt“ der Sportwissenschaft zu pflegen.

(Quelle: DOSB-Presse, Ausgabe 17/Prof. Detlef Kuhlmann)


  • Gudrun Doll-Tepper (4.v.li.) gehörte zum Kreis der Vortragenden, die im Rahmen des Fakultätentags die Erwartungen an die „Sportwissenschaft 2030“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentierten. Foto: Fakultätentag Sportwissenschaft
    Gudrun Doll-Tepper (4.v.li.) gehörte zum Kreis der Vortragenden, die im Rahmen des Fakultätentags die Erwartungen an die „Sportwissenschaft 2030“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentierten. Foto: Fakultätentag Sportwissenschaft