Zusammenschluss in der Prävention

Zwei zentrale Gremien der Gesundheits- und Präventionspolitik haben sich in Berlin zusammengeschlossen.

 

Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer vertritt als Vorstandsmitglied die Bereiche Bewegung und Sport.
Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer vertritt als Vorstandsmitglied die Bereiche Bewegung und Sport.

Das bisherige Deutsche Forum Prävention und Gesundheitsförderung und die frühere Bundesvereinigung für Gesundheit firmieren ab sofort unter dem Dach der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung. Die Vereinigung vertritt künftig die Interessen von 125 Mitgliedsverbänden im deutschen Gesundheitswesen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gehört zu den Gründungsmitgliedern der neuen Bundesvereinigung, die die künftige Präventions- und Gesundheitspolitik in Deutschland mit gestalten will. Für den DOSB rückt der Sportmediziner Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer (Frankfurt) als Beisitzer in den neuen, 11-köpfigen Vorstand und vertritt dort die Aspekte Bewegung und Sport. Den Vorsitz hat die neue Präsidentin Helga Kühn-Mengel inne, Mitglied im Deutschen Bundestag und Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. Mit einer ausführlichen Laudatio verabschiedete die Präsidentin den langjährigen Schatzmeister und Vertreter des Sports, Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke (Bremen), aus dem Vorstand und hob neben der soliden Finanzlage seine erfolgreiche Mitarbeit an zahlreichen Projekten der Bundesvereinigung hervor. Sein Nachfolger wurde der Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe W. Nachtigäller. 

Prof. Banzer: "Gremium verkörpert sehr viele gesellscahftliche Kräfte"

„Dem neuen Gremium kommt eine sehr hohe Bedeutung zu, denn es verkörpert sehr viele gesellschaftliche Kräfte“, erklärte Prof. Banzer, der schon im Dezember 2007 oder Anfang des Jahres 2008 zum ersten Mal zu einer Vorstandssitzung der Bundesvereinigung berufen werden wird. „Ganz wichtig ist nun, dass wir künftig die Kräfte mehr bündeln können und eine höhere Effizienz als bisher erreichen.“  Er hofft auch, dass über die neue Vereinigung die Politik zu mehr Kraftanstrengungen in Richtung Gesundheitspolitik über Prävention motiviert werden kann. 

Die Schwerpunkte der neuen Organisation sollen künftig in drei Bereichen liegen: Mitwirkung an Präventionszielen, Ausbau der Evaluation und Qualitätssicherung in der Prävention und Herstellung von Öffentlichkeit für Prävention und Gesundheitsförderung. Der Vorgänger, die  Bundesvereinigung für Gesundheit, hatte bereits im März 1954 die Arbeit aufgenommen. Das Forum war dagegen erst im Sommer 2002 aus der Taufe gehoben worden. 

Entwurf für Präventionsgesetz soll noch in diesem Jahr kommen

Auch die Bundesregierung sieht in der neuen Vereinigung einen wichtigen Verbündeten im Kampf um eine bessere Gesundheitspolitik. „Wir wollen Maßnahmen der Gesundheitsförderung stärker als bisher in das Lebensumfeld von Menschen bringen, in die Stadtviertel, Schulen, Kindergärten, Betriebe und Seniorenheime“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Marion Caspers-Merk, anlässlich des Zusammenschlusses der beiden bisherigen Organisationen. „Projekte, die gefördert werden, müssen an objektiven Gesundheitszielen ausgerichtet werden. Dabei ist die Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung ein wichtiger Partner für uns.“ 

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt will in der gesundheitlichen Prävention bald einen großen Schritt weiter kommen. Die Planungen für das entsprechende Gesetz nehmen immer konkrete Formen an. Nachdem in der Sommerpause bereits die Eckpunkte an die Fraktionsspitzen der Regierungsparteien gegangen waren, liegt jetzt der erste konkret ausformulierte Referentenentwurf vor. 

Der Abstimmungsprozess zwischen allen Beteiligten, vor allem mit den Bundesländern und den Sozialversicherungsträgern, läuft auf Hochtouren. „Wir wollen noch in diesem Jahr den Entwurf für das Gesetz vorlegen, so wie es im Koalitionsvertrag und in den Beschlüssen von Meseberg festgeschrieben ist“, meinte Staatssekretärin Marion Caspers-Merk.

Fünf Fragen an den bisherigen Schatzmeister der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung, Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke (Vizepräsident des Deutschen Turner-Bundes)

DOSB PRESSE: Sie haben ihr Amt als Schatzmeister der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) im November 2007 zur Verfügung gestellt. Wie ist ihre Bilanz? Hat sich in den vergangenen zwölf Jahren der Präventionsgedanke in Deutschland gefestigt? 

SCHULKE: Im Bewußtsein der Menschen ja, bei vielen Organisationen auch, in der politischen Umsetzung nur zögerlich. 1995 sind die im § 20 des SGB V enthaltenen Möglichkeiten zu einer Förderung der Prävention schlagartig gestrichen worden. Bis heute gibt es kein Präventionsgesetz. Mit dem Leitfaden der Kassen für qualitätsgesicherte Angebote ist ein finanziell bescheidener Rahmen geschaffen worden, der in der Praxis funktioniert. Und die Akteure in der Präventionspolitik arbeiten konstruktiv und nicht konkurrierend zusammen. 

DOSB PRESSE: Hat der Sport in der Präventionspolitik einen anerkannten Platz erhalten? 

SCHULKE: Zweifellos, wobei anfänglich durchaus Bedenken gegen eine pauschale Anerkennung aller sportlichen Aktivitäten als präventionsgeeignet bestanden. Durch die Qualitätsstandards zunächst mit dem „Pluspunkt Gesundheit“ und dann mit dem Siegel „Sport pro Gesundheit“ ist die notwendige Differenzierung erfolgt. Vor allem ist es gelungen, im Leitfaden die Turn- und Sportvereine als Träger und die spezifisch qualifizierten Übungsleiter als anerkannt kompetente Fachkräfte darzustellen. Das große Potential der organisierten Sports für eine flächendeckende Prävention ist allen gesundheitspolitischen Akteuren mittlerweile gegenwärtig. 

DOSB PRESSE: Welche Rolle hat dabei die BVPG gehabt? 

SCHULKE: Die Bundesvereinigung umfasst viele nichtstaatliche Organisationen und ist traditionell der konzeptionelle Vordenker in der Präventionspraxis. Sie hat es in den letzten Jahren verstanden, das Netzwerk der Anbieter und Akteure im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich zu erweitern bis hin zur Selbsthilfe, zu Verbraucherschutzverbänden, Gewerkschaften, Arbeitgebern und den Bundesländern. Sie hat zudem glaubwürdig die Gesundheitsziele und das Qualitätsmanagement in diesem Bereich vorangetrieben und komplexe Projekte wie Prävention von Kinderunfällen, Nichtraucherschutz oder Mobilität im Alter vorangetrieben. Nicht zuletzt hat sie dem Thema „Bewegung“ und dem Sport in ihren Projekten, bei Kongressen oder bei den Weltgesundheitstagen einen gewichtigen Platz eingeräumt. 

DOSB PRESSE: Welche Rolle kann der Sport künftig in der BVPG spielen? 

SCHULKE: Eine wichtige. Er ist schon jetzt mit vier Mitgliedsorganisationen vertreten, zuvorderst mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Deutschen Turner-Bund (DTB). Bewegung wird zentrales Element der Prävention bleiben. Als Teil des Netzwerks kann der DOSB mit seinen vielen Vereinen und Verbänden politische und fachliche Akzente setzen, allein vermag er in der Gesundheitspolitik weniger auszurichten. Das bedeutet vor allem, über die Dachverbände die Vereine vor Ort weiter zu stärken. Der Gesundheitssport bleibt ein Wachstumsmotor der Vereinsentwicklung, wenn er mit seinen Angeboten die Menschen tatsächlich erreicht. 

DOSB PRESSE: Wird das Präventionsgesetz auch der BVPG und dem Gesundheitssport mehr Gewicht geben? 

SCHULKE: Nach dem vorliegenden Entwurf werden BVPG und DOSB im Beirat prominent vertreten sein. Allerdings wird es nicht mehr Geld für die Prävention geben; ihr verbleiben weiterhin nur ca. 0,2 % der Gesamtmittel für das Gesundheitssystem. Auch der Sport kann sein Gewicht bei der Korrektur dieses Ansatzes einbringen. Positiv ist bei dem Entwurf, daß das Lebensweltkonzept (Setting) ausdrücklich den Sport nennt. In jedem Fall wird die Qualitätssicherung das entscheidende Kriterium für die Förderung bleiben. Der Gesundheitssport bleibt hier dauerhaft gefordert.


  • Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer vertritt als Vorstandsmitglied die Bereiche Bewegung und Sport.
    Prof. Dr. Dr. Winfried Banzer vertritt als Vorstandsmitglied die Bereiche Bewegung und Sport.