Zwei Medaillen in Mexico 1968

Gerhard Hennige, zweifacher Medaillengewinner bei den Spielen in Mexico-City 1968, wird am 23. September 2020, 80 Jahre alt.

Gerhard Hennige 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko-City im Semifinallauf über 400m Hürden. Foto: picture-alliance
Gerhard Hennige 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko-City im Semifinallauf über 400m Hürden. Foto: picture-alliance

Gerhard Hennige war zwischen Mitte der 1960er und Anfang der 1970er Jahre einer der besten Hürdenläufer der Welt und krönte seine großartige Karriere mit dem Gewinn der Silbermedaille über 400 Meter Hürden (49,02 Sekunden) in Mexiko, wo er anschließend als zweiter Läufer mit der 4x400-Meter-Staffel des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zusammen mit Helmar Müller (geb. 1939), Manfred Kinder (geb. 1938) und Martin Jellinghaus (geb. 1944) Bronze erlief und dabei mit 3:00,57 Minuten einen Europarekord aufstellte. Gerhard Hennige war damit zugleich der erfolgreichste bundesdeutsche Leichtathlet bei den Spielen in Mexico. Seine Silbermedaille war sogar die erste eines deutschen Sportlers in dieser Disziplin.

Gerhard Hennige wurde in Karlsruhe geboren und wuchs in Aulendorf (Landkreis Ravensburg) auf. Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Lehre als Feinmechaniker, bevor es ihn für drei Jahre als Marinesoldat nach Flensburg zog, wo er nebenbei auf einer Abendschule die Hochschulreife erwarb. Danach begann er an der Deutschen Sporthochschule Köln ein Studium, das er im Jahre 1968 als Diplom-Sportlehrer abschloss. Seine weitere berufliche Karriere führte ihn ein Jahr später nach Darmstadt, wo er bis zum Erreichen der Altersgrenze 2004 als hauptamtlicher Sportlehrer im Zentrum für Hochschulsport der TH bzw. der TU Darmstadt wirkte.

Seine sportliche Karriere begann Gerhard Hennige bei der SG Aulendorf und setzte sie später beim TSB Flensburg fort. Auf die Erfolgspur wurde er jedoch nach einem Jahr beim Karlsruher SC (1965) während seiner Kölner Zeit durch die Trainer Ulrich Jonath (geb. 1926) und Bert Sumser (1913-2009) gebracht, wo er zunächst für den ASV Köln (1965/66) und dann für SV Bayer 04 Leverkusen (1967/68) startete, bevor er sich dem ASC Darmstadt anschloss, dem er bis heute verbunden ist: „Gerhard Hennige war ein großartiger Motivator, der andere bewegen und Freude an der Bewegung vermitteln konnte. Seine Ski-Gymnastik im Hochschulsport war legendär und stets überlaufen“, sagt Till Lufft, langjähriger Generalsekretär des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes (adh) und Vereinskamerad im ASC Darmstadt.

In einem Interview mit Sportstudierenden der Uni Mainz hat sich der stets interessante und zugleich bescheidene Erzähler Gerhard Hennige vor ein paar Jahren einmal über das damalige Training seiner Kölner Zeit so geäußert: „Mein Lieblingstraining war Diagonalläufe auf Rasen. Möglichst barfuß und das dann 40-mal – 45-mal – 50-mal – 55-mal – 60-mal, natürlich alle zehn Diagonalen eine kleine Pause von vielleicht 5 oder 6 Minuten oder 40-mal – 50-mal – 100 Meter fliegend mit 50 Sekunden Gehpause. Also sehr belastende, sehr harte Sachen“.

Gerhard Hennige – als Athlet meist mit „Sonnenbrille“ auf der Bahn unterwegs – war während seiner Karriere nie Deutscher Meister in seiner Spezialdisziplin über 400 Meter Hürden, dafür viermal hintereinander Vize-Meister (1967-1970); Titelträger des DLV war er dagegen dreimal mit der 4x400-Meter-Staffel (1967-1969). Dreimal nahm Gerhard Hennige an Europameisterschaften teil, hier gewann er 1969 in Athen mit der 4x400-Meter-Staffel Bronze. Für seine Leistungen in Mexiko im Oktober 1968 wurde er einen Monat später durch den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet.

Zu den zahlreichen nebenberuflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten im Sport von Gerhard Hennige sei noch einmal in Erinnerung gerufen, dass er in den 1990er Jahren Fitnesstrainer von Formel-1-Rennfahrer Michael Schumacher war – eine Zeit, die ihm in äußerst angenehmer Erinnerung geblieben ist, zumal Schumacher sich als sehr wissbegierig und trainingsfleißig erwies: „Wir haben sehr viele Dinge im prophylaktischen Training und im Aufbautraining gemacht, um Rückenprobleme zu vermeiden, um Nackenprobleme zu beseitigen“. So bleibt zu hoffen, dass Gerhard Hennige selbst auch mit 80 weiterhin bewegungsaktiv bleibt – egal, ob mit Diagonalläufen wie einst oder altersangemessen moderater. Das familiale Umfeld mit Ehefrau Gabriele und Tochter Christiane, die ebenfalls der Leichtathletik im ASC Darmstadt verbunden sind, wird zusammen mit den beiden Enkeln schon für entsprechende „Trainingsreize“ am Wohnsitz in Mühltal (Landkreis Darmstadt-Dieburg) und Umgebung sorgen …

(Quelle: DOSB/Prof. Detlef Kuhlmann)


  • Gerhard Hennige 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko-City im Semifinallauf über 400m Hürden. Foto: picture-alliance
    Gerhard Hennige 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko-City im Semifinallauf über 400m Hürden. Foto: picture-alliance