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Brandschutzauflagen kommen auch Sportvereine inzwischen teuer zu stehen

Brandschutz und Brandschutzauflagen für Versammlungsstätten sind im wahrsten Sinne des Wortes heiße Themen - auch für Sportvereine mit eigenen Anlagen.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

06.03.2009

Sie stecken voller Risiken und kommen die Vereine teuer zu stehen - in doppelter Hinsicht: Zum einen sind hohe Investitionen erforderlich, um die gesetzlichen Verordnungen zu erfüllen. Zum andern hagelt es inzwischen deftige Strafen, wenn Verstöße aktenkundig werden. Obendrein ist das Gestrüpp der Paragrafen und gesetzlichen Auflagen so wild, dass Vereinsvorstände ohne professionelle Hilfe darin schnell die Orientierung verlieren und überfordert die Finger davon lassen. Volker Schraudner, Geschäftsführer des Saalbau GmbH der Stadt Frankfurt, und Thomas Arnold, Brandschutzbeauftragter der Stadt Frankfurt brachten jüngst zum Auftakt der „Praxis-Akademie“ des Sportkreises 33 in Darmstadt etwas Linie in das Reizthema. Anwesenden Vereinsvertretern wurde  angesichts der Auflagen und Kosten, die ihnen die Versammlungsstättenverordnung aufbürdet, angst und bange. Schraudner: „Wir sind gezwungen, sie umzusetzen.“

Lange Wartezeiten bei Brandschutzbeauftragten

Im Alltag gibt es zugleich reichlich groteske Situationen: In Darmstadt zum Beispiel ist es kraft Satzung der Stadt, Pflicht für Brandwachen Berufsfeuerwehrleute zu bestellen. Zum Preis von 28 Euro pro Stunde und Mann. Die Berufsfeuerwehr jedoch kann mangels Personal diesen Auftrag nicht erfüllen, berichteten Vereinsvertreter. In der Kleinstadt Pfungstadt wurden wegen hohen Besuchs einer Ministerin aus Berlin bei einem Verein aus Sicherheitsgründen alle Türen am Ende der Fluchtwege abgesperrt. Ein grober Verstoß gegen die Versammlungsstättenverordnung, wie er häufig vorkommt, wenn hochrangige Politiker Personen-Schutz genießen. Die Vereine jedoch haften im Notfall. Seit dem Dacheinsturz des Eisstadions in Bad Reichenhall schrillen bei Baubehörden und Brandschutzwächtern die Alarmglocken. Dabei wälzt der Gesetzgeber in der aktuellen Verordnung - 2002 in Kraft gesetzt, 2006 schon wieder überholt - Haftung und Kosten immer stärker auf die Betreiber ab. Die sind Kommunen, Vereine, aber auch Firmen. „Ich denke, dass die Kosten mittlerweile unglaublich hoch sind“, klagte denn auch ein Vereinsvertreter. Wegen der Haftungsrisiken versiegt zugleich eine Geldquelle, die Vereine mit eigenen Anlagen (Gaststätten, Hallen) mit der Vermietung (Hochzeiten, Firmen-Versammlungen) erst stärker zu erschließen gedachten. Auflagen und Haftungsrisiken wachsen den Vorständen über den Kopf. Schraudner: „Sie stehen mit zwei Beinen im Gefängnis.“

Und auch das ist Praxis: Thomas Arnold, Brandschutzbeauftragter der Stadt Frankfurt, 17 Jahre Berufsfeuerwehrmann und Vorsitzender des größten Darmstädter Sportvereins der SG Arheilgen (4.000 Mitglieder): „Wenn Sie einen guten Sachverständigen oder Fachmann für Brandschutz haben wollen, müssen sie lange Wartezeiten in Kauf nehmen.“  Die meisten sind ein Jahr voraus ausgebucht. Seriöse Sachverständige sind rar. „Schwachverständige“, weiß Arnold aus der Praxis, tummeln sich genug auf dem Markt. Sie sind auf den schnellen Euro aus und verdienen an den Ängsten und der Unwissenheit von Vereins-Vorständen bei diesem heißen Thema. Richtig Geld kosten Beratung und Umrüstung obendrein. Entlüftungsklappen aus Asbest aus den siebziger Jahren sind in vielen Vereinsimmobilien immer noch Standard, Feuerschutz-Türen, schwer brennbare Materialen und Baustoffe oder Rauchmelder noch viel zu selten in Verwendung. Die SG Arheilgen passt ihr Sportzentrum gerade mit fachmännischer Hilfe den Bau- und Brandschutzauflagen und gesetzlichen Bestimmungen an. Dafür muss der Großverein in den nächsten zehn Jahren eine Million Euro in die Hand nehmen. Die wenigsten Vereine und Kommunen wissen um die Tücken der Versammlungsstättenverordnung: Der Gesetzgeber verlangt zum Beispiel regelmäßige jährliche Prüftermine und schreibt Fachkräfte für Veranstaltungstechnik oder Veranstaltungsmeister vor. Wird ein Raum als Mehrzweckhalle ausgewiesen und sind über 200 Besucher bei einer Veranstaltung, tritt die strikte Bau- und Betriebsverordnung in Kraft. Bei über 800 Besuchern verschärft sie sich. Eben, um Unglücke wie in Bad Reichenhall zu verhindern.

Haftung durch den Vorstand

Freie, nicht zugestellte Fluchtwege, nicht brennbare Dekoration (Ausnahme Papiertischdecken), autorisiertes, qualifiziertes Personal, geprüfte Brandschutztechnik (Feuerlöscher, Rauchmelder Notbeleuchtung, Beschilderung der Fluchtwege) werden von Fachleuten häufig als Schwachstellen im Brandschutz ausgemacht. Und welcher Verein pflegt und leistet sich - gut sichtbar angebracht - im Eingangsbereich einen Bestuhlungsplan für Feuerwehreinsätze? Für alte Gebäude gewährt der Gesetzgeber zwar Bestandsschutz. Doch schon Umbauten und Sanierungsarbeiten rufen Baubehörden und Brandschutz auf den Plan. Thomas Arnold rät deshalb dem Vorstand, vor den Arbeiten den Gesamtzustand der Halle gründlich zu prüfen, die Kosten für die Nachrüstung zu ergründen und zugleich ein Sicherheitskonzept erstellen. Wichtig ist dabei Zuständigkeiten und Haftung bei Fremdnutzung (Hallenmieter) vertraglich zu regeln: „Die Betriebsverantwortung ist klar definiert. Haften tut immer eine natürliche Person.“ Im Zweifelsfall der Vorstand - mit seinem Privatvermögen.

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