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Chronist, Ehrenamtler, Organisator – Ein Leben für den Boxsport, Ring frei für Hans Korth!

Kiel – Menschen wie Hans Korth sind immer schon da. Umtriebige Macher, die für eine Sache brennen. In diesem Fall darf sogar der Ausdruck „Hansdampf in allen Gassen“ erlaubt sein. Hans Korth ist so einer. Ein Chronist: beruflich und für den Sport. Sportler, Berichterstatter, Organisator. Er liebt das Boxen, und er liebt das Leben.

DOSB Redaktion
Tamo Schwarz

03.01.2017

Gegen ein Treffen hat er sich zunächst gesträubt, bescheiden. „Teamarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg“, sagt der 66-Jährige. Dann redet er doch. Über sich. Und das ist gut. Hans Korth war immer schon da, und das soll auch so bleiben. Aber er ist krank. Diese Information gehört an den Anfang, weil sie nicht das Ende sein soll. Im Juni wurde Hans Korth eine Lebenserwartung von sechs Monaten bis drei Jahren aufgrund eines Glioblastoms (Hirntumor) attestiert. Es folgten Operation, Bestrahlungen, Chemotherapie, und es bleibt die Hoffnung auf eine moderne Therapieform. Hans Korth sagt: „Ich bin noch nicht ganz durch.“ Leise, aber mit dem Selbstbewusstsein eines Kämpfers. Eines Boxers.

1968 steigt er zum ersten Mal beim PSV Eutin in den Ring. Der gebürtige Husbyer war nach der Schulzeit in Flensburg zur Polizei gegangen, landet nach der Ausbildung in Plön, wo er bis heute dem Boxring TSV Plön angehört. Bis 1978 absolviert Korth mehr als 100 Kämpfe, von denen er „mehr gewonnen als verloren hat“, wie er heute mit einem Schmunzeln betont. Er steht achtmal im Finale der Landesmeisterschaft, wird zweimal deutscher Polizei-Vizemeister. Mit 21 Jahren wird er „aufs Dorf“ versetzt, nach Laboe. Damals sagte man „Dorfsheriff“.

Korth bleibt zehn Jahre an der Ostsee, wird in den 70er Jahren parallel Freier Mitarbeiter bei den Kieler Nachrichten, für die er auch heute noch gelegentlich über das Boxen berichtet, versorgt auch das Monatsblatt „Laboe aktuell“ mit Polizeinachrichten in launiger Form. Korth schreibt, Korth fotografiert, und so fügt sich auch beruflich alles, als er 1982 zur sogenannten „Filmgruppe“ nach Neumünster wechselt. Wenig später zieht die Filmgruppe an den Kieler Eichhof, Korth mit Frau Anke und den Söhnen Hjalmar (heute 36) und Lennart (35) nach Kiel-Schilksee.

Beruflich ist er jetzt Chronist der Landespolizei, schreibt, fotografiert filmt: bei den Demos am Kernkraftwerk Brokdorf Anfang der 80er, bei der Räumung der besetzten Häuser am Kieler Sophienhof 1983, auf Ehrungen und Empfängen, für die externe und interne Öffentlichkeitsarbeit. Hans Korth und seine Kamera sind irgendwie immer da. Und im Sport? Korth wechselt nahtlos in den Vorstand des Boxringes TSV Plön, schlägt linke Haken ab 1978 nur noch verbal, setzt empfindliche Jabs als kritischer Geist auch als Funktionär im Schleswig-Holsteinischen Amateur- Boxverband (SHABV). Korth ist Aktivensprecher (1975-79), seit 1985 Pressewart, seit 2011 auch Sportwart. Zudem „Vater“ der eigenen Boxjugend des SHABV mit einer speziellen Satzung, die auch heute noch Bestand hat.

1982 übernimmt er die TSV-Boxsparte von Walter Meyer, den Hans Korth als „sportlichen Ziehvater“ bezeichnet. Spartenleiter, Trainer, Pressewart – auch in Plön ist Korth nicht wegzudenken, arbeitet im Team mit ihm so wichtigen Weggefährten wie Erhard Garbrecht (seit 1971), Wladimir Milasecko (seit 2000) , Sergey Baklan (seit 2001) und Artur Maslimov (seit 2006). Hans Korth prägt: den Boxring TSV Plön, die Szene, das Land. Dreimal ist sein Klub Ausrichter von deutschen Meisterschaften (1998, 2010, 2012), 2012 in Plön geht bei der Frauen-DM der Stern 36 von Annemarie Stark auf.

Seit 16 Jahren arbeitet er an der Basis für das LSV-Projekt „Integration durch Sport“, freut sich über „viele spannende Erlebnisse mit den jungen Menschen fremder Herkunft. Kein Wunder, dass Karsten Lübbe, Leiter des Projektes „Integration durch Sport“, weiß, was er an seinem Mitstreiter hat: „Hans ist ein unentwegt engagierter und hilfsbereiter Ehrenamtler und Boxtrainer, der uns aber auch bei vielen nichtboxsportlichen Aktivitäten und Tagungen unterstützt hat“, so Lübbe. Korths Wirken als Boxjugend-Vorstand sei es, so Lübbe weiter, zu verdanken, „dass wir rund 20 Box-Projekte über ,Integration durch Sport‘ in Schleswig-Holstein gefördert haben und aktuell noch ein Dutzend fördern. Früh hat er sich bereits auch unserer neuen Zielgruppe der Geflüchteten im Sport zugewandt und hat mit jungen Geflüchteten aus Plön den Landtag besucht und eine Patenschaft des TSV Plön für die Sammelunterkunft in Plön angeregt. Aus dieser Unterkunft sind viele Teilnehmer für Fußball und Boxen im TSV Plön gewonnen worden.“

Korth und der Boxring TSV Plön leisten Starthilfe für Talentschmiede-Satelliten in Kiel, Eutin und Neustadt, werden mehrfach beim LSV-Breitensportpreis geehrt, 2006 im Rahmen der „Auf Worte folgen Taten“-Aktion von Bundespräsident Johannes Rau empfangen. Für seine Arbeit für „Integration durch Sport“ ist Korth für den Nationalen Integrationspreis der Bundeskanzlerin vorgeschlagen, und doch lenkt der Mann mit dem freundlichen Schnurrbartlachen und den dann zusammengekniffenen Augen den Fokus im Gespräch gern auf andere, bleibt bescheiden.

Auf Mike Schneider zum Beispiel, der als Russlanddeutscher kam, deutscher Meister werden wollte und es auf zwei DM-Titel und zehn Einsätze in der Nationalstaffel bringt. Für solche Schützlinge fährt Korth zwei-, dreimal pro Woche aus Schilksee nach Plön, hat erheblichen Anteil am Entstehen der lange Zeit erfolgreichsten Box-Jugendabteilung im Land. „Auch weil ich ganz schlecht Nein sagen kann. In Sachen Delegieren besteht bei mir dringender Handlungsbedarf“, gibt Korth lachend zu.

All das Engagement nahm Anke zuweilen zähneknirschend zur Kenntnis. Dankbar gibt er auch das zu Protokoll, sagt: „Verreist sind wir nur zweimal: Hochzeitsreise nach Schottland und einmal nach Österreich.“ „Ich bin noch nicht ganz durch.“ Hans Korth hat Pläne, Träume. Die privaten drehen sich um Anke, die beiden Söhne, darum, die acht und neun Jahre alten Enkel aufwachsen zu sehen.

Sprechen mag Korth nicht so gern darüber. Über seine begrenzte Zeit schon. Über die Hoffnung, die er in eine neue Therapie setzt, über Gott und Gebete. Über das Sportliche. Den Traum von einer eigenen Boxhalle in Plön („Lebenstraum, kaum zu realisieren“), über Termine, die ihm irgendwie Halt geben: der 19. Rapsblütenlauf am 6. Mai oder das 25. Lauf- und Wanderfestival Großer Plöner See mit dem 36. Lauf um den Großen Plöner See am 27. August. „Wir haben mit der Boxabteilung alles frühzeitig auf den Weg gebracht. Wenn ich nicht mehr da sein sollte…“

Nein, die Krankheit soll nicht am Ende stehen, und so spricht Hans Korth noch eine Weile über seine Faszination für das Boxen. „Ich hatte eigentlich vor jedem Kampf ganz schön Muffe“, gesteht der 66- Jährige ein. „Aber diese Herausforderung ist faszinierend.“ Und immer wenn Hans Korth zu Boden ging, stand er danach wieder auf. Von Tamo Schwarz

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