„Essen und Bewegen – international, günstig und gesund“
Ein Projekt von „Integration durch Sport“ im Hamburger Sportbund verfolgt einen ungewöhnlichen und erfolgreichen Ansatz.

29.09.2010
„Nach dem Essen sollst Du ruh’n oder 1.000 Schritte tun“, heißt es in einem alten deutschen Sprichwort. Nun muss es zwar nicht unmittelbar nach dem Essen sein, aber 1.000 Schritte sollte man schon machen. Die Idee, über das Thema Essen zur Bewegung zu gelangen, greift ein Projekt von „Integration durch Sport“ im Hamburger Sportbund auf. Über gesundes und schmackhaftes Essen werden dabei Frauen mit Migrationshintergrund an Bewegung herangeführt.
Diese Idee - über die Ernährung Lust am Sport zu wecken - ist ungewöhnlich und ungewöhnlich erfolgreich. Das Projekt „Essen und Bewegen – international, günstig und gesund“ geht mittlerweile schon ins dritte Jahr. Die meisten Teilnehmerinnen sind begeistert dabei geblieben.
„Integration durch Sport“ finanziert und koordiniert das Projekt. Das Konzept haben Mitarbeiter des Hamburger Sportbundes gemeinsam mit der Zentrale für Ernährungsberatung entwickelt. Umgesetzt wird es in Zusammenarbeit mit Sportvereinen und verschiedenen sozialen Stadtteileinrichtungen wie Elternschulen oder Bürgerinitiativen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass in anderen Kulturkreisen das gemeinsame Essen häufig im Vordergrund steht“, berichtet Kristjana Krawinkel, Landeskoordinatorin „Integration durch Sport“ in Hamburg. „ Das bedeutet, Frauen mit Migrationshintergrund machen etwas gemeinsam. Aber wir kriegen sie trotz des breit gefächerten Angebots der Hamburger Sportvereine nicht zum Sport. Also haben wir, um grundsätzliches Interesse an Bewegung zu wecken, beim gemeinsamen Essen angesetzt.“
In den Kursen geht es zunächst darum, den Frauen mit Migrationshintergrund gesundes Essen nahezubringen. Dass dieses weder langweilig noch teuer sein muss, soll beim gemeinsamen Einkaufen und Kochen erfahren werden. Das Klischee, dass bei einer gesunden Ernährung nur noch geschmacksneutraler Hirsebrei auf den Tisch kommt, wird schnell widerlegt.
Traditionell kochen, aber gesund
Die Frauen, die vielen verschiedenen Nationalitäten angehören, sollen sich nicht von ihrer traditionellen Küche verabschieden. „Es ist immer eine Ökotrophologin (Haushalts- und Ernährungswissenschaftlerin) dabei, die ihre Ernährungsvorschläge an der internationalen Küche der Teilnehmerinnen orientiert“, so Kristjana Krawinkel. „In den Ernährungseinheiten geht es um grundsätzliche Fragen: Wie kann ich mich ausgewogen ernähren? Was sind passende Portionen? Wie kann ich gesund und günstig kochen? Gerade der finanzielle Aspekt ist wichtig, da viele Teilnehmerinnen aus sozial benachteiligten Verhältnissen kommen und kein Geld für teure Lebensmittel haben.“
Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts sind die Bewegungseinheiten, die die Ernährungseinheiten ergänzen. Bei diesen sind qualifizierte Übungsleiter/innen dabei, meist aus Stützpunktvereinen von „Integration durch Sport“. „Diese Bewegungseinheiten werden bedarfsorientiert gestaltet und gehen zumeist in die Richtung Gesundheitssport, Gymnastik oder Pilates“, berichtet Kristjana Krawinkel. „Wir hatten aber auch schon eine Bauchtanzgruppe. Das richtet sich ganz nach den Wünschen der teilnehmenden Frauen, die in die Gestaltung des jeweiligen Sportangebots mit einbezogen werden.“
Die Kurse eines zweiten Konzepts, die seit 2009 laufen, stellen die Bewegungseinheiten in den Vordergrund. „Über das erste Konzept haben wir den Teilnehmerinnen Bewegung nahegebracht“, sagt Kristjana Krawinkel. „Sie haben sich für den Sport begeistern können. Jetzt steigern wir das sportliche Angebot.“
Auswertungsgespräche am Ende der Kurse haben ergeben, dass viele Frauen durch die Maßnahme an Gewicht verloren haben. Andere haben berichtet, dass sie sich mehr bewegen. Aus einer Gruppe haben sich Frauen zusammengefunden, die in einen Verein eingetreten sind. Im Stützpunktverein SV Eidelstedt von 1880 wollen sie fortan dauerhaft sportliche Angebote besuchen. „Wir haben mit dem SV ein Modellprojekt entwickelt, wie wir die Damen langsam an Vereinsbeiträge heranführen“, sagt Kristjana Krawinkel. „Die Vereinsbeiträge steigern sich alle sechs Monate bis die Teilnehmerinnen innerhalb eines Jahres den kompletten Beitragssatz zahlen. Die Frauen haben den Sport für sich entdeckt und sind mit Freude dabei. Das zeigt uns, dass unser Konzept funktioniert.“