Sport macht unser Land lebens- und liebenswerter
Beim 4. DOSB-Bundesstag in Rostsock-Warnemünde am 6. Dezember wurden die Weichen für die Zukunft gestellt.

10.12.2008

„Die Bundesregierung dankt dem deutschen Sport für alles, was er für unser Land leistet. Er macht unser Land lebens- und liebenswerter und trägt zu seinem Ansehen bei. Und er hilft den Menschen, sich in unserer Gemeinschaft zu Recht zu finden. Wir haben die Autonomie des Sports zu wahren und zu erhalten. Da hat der DOSB die Bundesregierung an seiner Seite, auch im europäischen Recht. Die Politik wird auf den Sport hören. Es kann nicht alles über den Leisten von Markt und freier Wirtschaft gezogen werden. Es gilt die Leistungen der Athleten stützen.“ Die Kernaussagen des Bundesinnen- und -sportministers Dr. Wolfgang Schäuble in seinem Grußwort an den 4. Bundestag des Deutschen Olympischen Sportbundes in Rostock-Warnemünde wurden von den Delegierten der DOSB-Mitgliedsverbände mit großem Beifall quittiert.
Sie mussten sich aber auch Kritisches anhören. Unmissverständlich mahnte der Sportminister die konsequente Anwendung der globalen Anti-Doping-Regeln entsprechend dem ab 1. Januar geltenden WADA-Code an. Verbände, die weiterhin ihr internes Regelwerk nicht ausreichend verknüpfen mit den Regeln der nationalen sowie weltweiten Anti-Doping-Agenturen NADA und WADA sollten dieses Versäumnis zukünftig auch gegebenenfalls finanziell zu spüren bekommen. Schäuble: „Würden wir den Kampf gegen Doping aufgeben und verlieren, würden wir alles verlieren, was den Sport so wertvoll und liebenswürdig macht.“
Auch die anderen hochkarätigen politischen Gäste auf dem DOSB-Bundestag stärkten dem Sport den Rücken. „Der Staat schützt und fördert den Sport“, stellte Peter Struck als Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion fest und deutete an, dass er dem Wunsch des DOSB, bei der Ergänzung der Staatszielbestimmungen den Sport in das Grundgesetz aufzunehmen, sehr aufgeschlossen gegenüber stehe. In der Landesverfassung des aktuellen DOSB-Bundestags-Gastgeberlandes Mecklenburg-Vorpommern sei dies, so Landesinnenminister Lorenz Caffier, längst geschehen.
Dr. Thomas Bach hatte in seiner Eröffnungsrede auf dem 4. DOSB-Bundestag in Rostock-Warnemünde eine durchaus zufriedenstellende „Halbzeit-Bilanz“ seiner ersten DOSB-Präsidentschaftsperiode gezogen. Ausgehend von den Ergebnissen der Olympischen Spiele richtete Dr. Bach jedoch den Blick nach vorne. Da der Kampf um internationale Erfolge immer schwerer würde, müsse der weiteren Entwicklung sportwissenschaftlicher Einrichtungen wie dem Institut für angewandte Trainingswissenschaften Leipzig (IAT) und dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin weiterhin größte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch die Trainerqualität müsse noch weiter gesteigert werden, was sicherlich auch Konsequenzen bei der Honorierung nach sich ziehen müsse.
Mit sieben programmatischen Schwerpunkten - der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereine; der Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele in München 2018; einer Bildungsoffensive und Gesellschaftskampagne; dem Bemühen um eine weitere Erhöhung der Spitzensportförderung; dem Programm „Frauen gewinnen!“; der Weiterentwicklung des Deutschen Sportabzeichens; sowie dem Kampf gegen Doping - werde das DOSB-Präsidium in die zweite Halbzeit seiner Amtszeit gehen. Das Referat von Prof. Dr. Hartmut Häußermann vom Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin „Sport macht Stadt - Zur Rolle des Sportvereins in den Kommunen“ als Schwerpunktthema des Rostocker Bundestages sollte ein ganz besonderer Richtungsweiser sein (Hinweis der Redaktion: Die DOSB-Presse wird auf dieses Referat in der nächsten Ausgabe in aller Ausführlichkeit eingehen). Zum Bemühen des DOSB um die organisatorische Basis des Sports - die Vereine - gehört auch sein Werben um die Akzeptanz des bereits 1,6 millionenfach ausgestellten Deutschen Sportausweises, aber auch das Bemühen, den Haftungsschutz der ehrenamtlichen Vereinsvorstände zu verbessern. Das ganz besondere Augenmerk des DOSB liege im Jahre 2009 jedoch auf dem Thema „Frauen und Sport“. Dr. Bach: „Wir wollen noch mehr Frauen und Mädchen für Sport begeistern, und wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen bringen.“
DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper resümierte als Chef de Mission des deutschen Olympiateams aus deutscher Sicht den Verlauf der Spiele von Peking. Platz fünf in einer inoffiziellen Nationenwertung mit 16 Gold- und 41 Medaillen insgesamt sei zufriedenstellend. Zumal in einem Nationenvergleich auf den ersten acht Finalplätzen das deutsche Team, das in allen olympischen Sportarten Medaillen gewonnen habe, noch besser abschneiden würde. Bei dieser Bilanzierung musste sich der DOSB allerdings auch feine Nadelstiche des politisch für den Spitzensport zuständigen Bundesinnenministers Schäuble gefallen lassen: „Ich hoffe nicht, dass wir zukünftig auch noch die Plätze 100 plus statistisch bewerten.“ Einmal mehr wünschte sich der sportbegeisterte Bundesinnenminister, dass vor allem eine olympische Kernsportart wie die Leichtathletik bald wieder aus ihrem Tief herauskomme. Beste Gelegenheit zur Trendwende sei die Weltmeisterschaft 2009 in Berlin.
Beherrschendes Debattenthema in den diversen Gremiensitzungen am Vortag des Bundestages war die Beitragserhöhung. Zuletzt hatte der ehemalige DSB als Vorgänger des DOSB die Mitgliedsbeiträge 1978 erhöht. Mit großem Fleiß und auch außerordentlich überzeugend zog DOSB-Schatzmeister Hans-Peter Krämer von Gremium zu Gremium. Alle Delegierten waren sich einig, dass Mängel der DOSB-Finanzstruktur beseitigt werden müssten. Noch länger könne der DOSB Defizite in den Jahresbudgets nicht aus Rücklagen decken, wolle er seine Liquidität auch in Zukunft erhalten. Zwar musste der DOSB von den ursprünglichen Forderungen des Schatz-meisters, nach 30 Jahren ohne Beitragsänderung die Beiträge nunmehr zu verdoppeln, Abstriche hinnehmen. Von den gewünschten 11 blieben letztlich 7 Cent pro im DOSB registriertem Vereins-mitglied übrig - abzuführen jeweils hälftig von den Fachverbänden und den Landessportbünden. Dafür wurden letztlich 412 Delegiertenstimmen eingesammelt. Neun Stimmen waren dagegen, 38 Enthaltungen wurden registriert. Gültig wird der neue Beitragssatz ab 2010.
Was die Differenz zum ursprünglichen Schatzmeisterwunsch anbetrifft, so müsse man zu einem späteren Zeitpunkt nochmals darüber reden. Einige Delegierte trugen ihre Kritik an der Tarif-bindung des DOSB bei den Gehaltszahlungen vor. Mit dem Beschluss der Beitragserhöhung leben kann der DOSB aktuell nicht zuletzt auch deshalb, weil die in den vergangenen Jahren teils drastisch rückläufigen Einnahmen aus der GlücksSpirale in letzter Zeit wieder einen leichten Aufwärtstrend signalisieren.
Der nächste Bundestag des DOSB wir am 5. Dezember 2009 in Düsseldorf stattfinden.
Ein Kommentar von DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper zum 4. DOS-Bundestag:
Am Nikolaustag trat zum vierten Mal seit Gründung des DOSB seine Mitgliederversammlung zusammen. Die Tagung in Rostock-Warnemünde - just da, wo eigentlich die Olympischen Segelwettbewerbe 2012 hätten stattfinden sollen - markiert die Halbzeit der Amtsperiode des Gründungspräsidiums. DOSB-Präsident Thomas Bach zog eine durchweg positive Bilanz des Erreichten (nachzulesen unter www.dosb.de), wobei er einen besonderen Akzent auf die Fortschritte im Engagement für den Breitensport und in der Sportentwicklung legte. Er machte aber auch deutlich, vor welch großen Aufgaben der Verband in den kommenden Jahren steht, und das angesichts einer Finanzkrise, von der zu befürchten ist, dass sie über kurz oder lang auch unsere Vereine und Verbände trifft.
Ein vorgezogenes Weihnachtgeschenk war die Sportdebatte des Deutschen Bundestages zwei Tage vor unserer Mitgliederversammlung. Fraktionsübergreifend hoben alle Sprecherinnen und Sprecher die herausragende Rolle hervor, die der Sport in unserer Gesellschaft und für die Ziele der Integration, Gesundheitsförderung und Werteerziehung einnimmt. Die Debatte ist ein festes Fundament für die künftige Arbeit des DOSB, kann er sich doch der grundsätzlichen Unterstützung des Parlaments bei Wahrung der Autonomie des Sports sicher sein.
Um die vor uns liegenden Aufgaben bewältigen zu können, war es aber auch essentiell, dass das Sportparlament nach intensiver, teils auch kontroverser Diskussion in den unterschiedlichen Gremien schließlich einer Beitragserhöhung zum 1. Januar 2010 mit überwältigender Mehrheit zustimmte. Damit ist das strukturelle Defizit auszugleichen, das sich andernfalls trotz eines strengen Konsolidierungsprogramms und erheblicher Einnahmeverbesserungen nicht hätte vermeiden lassen. Es ist schon bemerkenswert, dass die Mitgliederversammlung nach drei Jahrzehnten trotz vieler finanzieller Probleme in den Mitgliedsorganisationen dennoch so einmütig zugestimmt und damit ihre Solidarität zum Dachverband in schwieriger Zeit bewiesen hat. Dafür sind wir sehr dankbar.
Die mehr als 90.000 Vereine und ihre Vertreter jedenfalls können nach der Sportdebatte mit weitaus größerer Zuversicht in die Zukunft schauen, als dies zuvor der Fall war. Ihnen wird zum ersten Mal ein Referenzpapier an die Hand gegeben, von ganz offizieller Stelle, auf das sich alle Entscheidungsträger im Sport zukünftig bei anstehenden politischen Entscheidungen berufen können. Dies stärkt die Position des Sports, weil das Papier auch die Möglichkeit gibt, entsprechende Umsetzungen einzufordern. Dass es kein Papiertiger wird, dafür werden die Vertreter des Sports sorgen.