Überall herrscht Fachkräftemangel … in der Pflege und auf Flughäfen. Restaurants reduzieren ihre Öffnungszeiten … das Problem pressiert und zieht immer weitere Fachkräftekreise: Fachkräftemangel also auch im Sport?
Diese Frage ist so banal wie berechtigt, und es kommt immer darauf an, von welchem Standpunkt aus sie betrachtet wird: Fußball-Bundesligisten dürften kein Problem haben, eine kompetente und gut ausgebildete Fachkraft als Trainer (m) zu verpflichten. In den untersten Ligen, geschweige denn im Nachwuchsbereich im Sport generell sieht das schon anders aus. Da sind Vereine froh, wenn sich engagierte Eltern oder ältere Geschwister bereit erklären, den Trainingsbetrieb halbwegs verlässlich und zur festen Freude der Kinder „geräuschlos“ zu leiten - Hauptsache, das Training findet überhaupt statt!
Es spricht sicher vieles dafür, dass sich das Problem des Fachkräftemangels im Sport seit Corona wie eine Virusvariante des Mangels ausgeweitet und seitdem durch verschiedene andere konkrete Krisen bzw. jüngst kommunizierte Krisenszenarien noch weiter dynamisiert hat, ohne dass ein „Melting Point“ bereits erreicht ist … das Problem schmilzt eben nicht wieder einfach so dahin, wie es durch die Pandemie gekommen ist. Es löst sich auch nicht von selbst auf - aber:
Das Problem des Fachkräftemangels im Sport existiert - wenn wir ehrlich sind - nicht erst seit Corona und deren Krisenrhetorik drumherum: Spätestens seit den umfangreich empirisch erhobenen Daten für den ersten sog. „Sportentwicklungsbericht“ im Jahre 2005, den damals noch der Deutsche Sportbund mit in Auftrag gegeben hatte und der unter der Leitung des Kölner Sportwissenschaftlers Prof. Dr. Christoph Breuer angefertigt wurde, wissen wir um die prekäre Situation, was Bereitstellung nicht vergüteter Arbeitszeit durch Mitglieder in Sportvereinen (lies: freiwilliges ehrenamtliches Engagement) angeht. In dieser groß angelegten Befragung von Vereinsverantwortlichen wird nämlich „Bindung/Gewinnung Ehrenamtlicher“ als Problem Nummer eins nominiert. Niemand würde das heute in Frage stellen. Genauso gibt es aber keinen theoretischen Grad der Sättigung, wonach ein Verein genügend bzw. zu viele Ehrenamtliche am Start hat ... und „überflüssige“ gar an andere Sportvereine „versetzen“ könnte, wie das noch im Beamtentum gehen mag, wo dann der „K.w.-Vermerk für „künftig wegfallend“ kursiert!
Das Problem im gemeinnützigen Sport kann der organsierte Sport im Grunde nur selbst lösen oder zumindest Schritt für Schritt einer Lösung näherbringen. Er darf dabei (der avisierte nationale „Bewegungsgipfel“ lässt grüßen!) auf Support von Bund, Land und Kommune hoffen - nein: Er muss darauf „pochen“: Alle konstruktiv-kreativen Lösungen sind auf den Prüfstand zu stellen. Sie müssen dann jedoch auch von der Basis angenommen werden und dort nachhaltig bzw. gewinnbringend greifen. Ob sie sich tatsächlich bewähren, weiß man immer erst hinterher … und natürlich ist das leichter geschrieben als getan.
Aber das Problem des Fachkräftemangels im Sport existiert auch unabhängig vom Vereinssport noch an einem ganz anderen „öffentlichen Ort“, nämlich in der Schule insgesamt und für den Sportunterricht speziell. Auch dieses Problem gibt es nicht erst seit der Pandemie. Aber es scheint sich seitdem ebenfalls epidemisch auszubreiten und womöglich weiter zu verschärfen, zumal die ersten Institute für Sportwissenschaft in Deutschland jetzt rückläufige Zahlen vermelden, was die „Erstsemester“ mit dem Fach Sport angeht …
(Autor: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann)
In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.