Bergsportrisiko so niedrig wie nie zuvor
Der DAV hat die Bergunfallstatistik der Jahre 2016/2017 vorgelegt. In dieser Zeit sind 71 Mitglieder in den Bergen ums Leben gekommen. Dennoch sieht der DAV auch eine positive Tendenz.

26.09.2018

Denn die Zahl der tödlichen Unfälle entspreche einem Rückgang um 28 Prozent im Vergleich zum Berichtszeitraum davor, erklärt der DAV in seiner Mitteilung. Das Unfallgeschehen beim Bergwandern erscheine vor diesem Hintergrund auf den ersten Blick widersprüchlich: Die Rettungseinsätze zur Bergung unverletzter Wanderinnen und Wanderer – sogenannte „Blockierungen“ – seien deutlich angestiegen. Bemerkenswert sei schließlich eine dritte Erkenntnis aus der aktuellen Bergunfallstatistik: Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Bergsportunfällen werde immer häufiger sichtbar.
Quote für tödliche Unfälle auf Tiefststand
In der Meldung heißt es weiter:
„Im gesamten Berichtszeitraum wurden 1878 Notfälle mit insgesamt 2433 Betroffenen gemeldet. Das entspricht gegenüber den beiden Jahren des Vorberichtszeitraums einer Steigerung sowohl der Notfälle als auch der Betroffenen. In beiden Jahren ist die Mitgliederzahl jedoch stark angestiegen. Das bedeutet, dass sich für das Risiko, in einen Notfall zu geraten, eine effektive Abnahme von 2,7 Prozent errechnet. Die Quote für tödliche Unfälle ist damit für den aktuellen Berichtszeitraum die niedrigste seit Erstellung der DAV-Bergunfallstatistik in den 1950er Jahren.
Deutlich mehr Notfälle beim Wandern
Im aktuellen Berichtszeitraum kam es im Wandergelände zu 558 Unfällen und Notlagen mit 751 beteiligten Alpenvereinsmitgliedern. Hauptursache mit einem Anteil von 47 Prozent waren Stolpern, Umknicken oder Sturz. So weit, so erwartbar. Bemerkenswert ist der Anteil an Blockierungen, auf die inzwischen 33 Prozent aller Rettungseinsätze beim Wandern zurückzuführen sind. Dieser Anteil ist zum letzten Berichtszeitraum um die Hälfte gestiegen. Warum? Blockierungen sind Situationen, aus denen sich die Betroffenen nicht selbst befreien können, obwohl sie unverletzt sind. Etwa die Hälfte der blockierten Wanderer hatte die Orientierung verloren, in den meisten anderen Fällen spielte Erschöpfung eine große Rolle. Man darf also vermuten, dass Selbstüberschätzung und die falsche Tourenauswahl wichtige Faktoren sind, die zur deutlichen Steigerung der Blockierungen beim Wandern führen – zusammen mit dem Umstand, dass die Alarmierung der Rettungsdienste früher erfolgt als noch vor wenigen Jahren.
So wirkt sich der Klimawandel auf Bergsportunfälle aus
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Alpen und die Bergsportbedingungen manifestieren sich seit Jahren und Jahrzehnten: Auftauender Permafrost, Häufung von Gewittern und niederschlagsreichen Extremwetterlagen, die wiederum zu Bergstürzen und Murenabgängen führen. Auf die Unfallzahlen der DAV-Mitglieder haben diese veränderten Bedingungen bislang keinen direkten Einfluss. Lediglich die gestiegenen Blockierungen durch Erschöpfung und Dehydrierung stimmen mit den Rekordsommern 2003 und 2015 überein.
In einem Bereich ist der indirekte Einfluss des Klimawandels auf die Unfallzahlen jedoch sichtbar. Bei Hochtouren führt der Gletscher- und Firnschwund zu heiklen Geländeverhältnissen: Apere, schneefreie Gletscher sind schwerer zu begehen und bergen ein größeres Unfallrisiko. Die er-höhte Zahl von tödlichen Mitreißunfällen im aktuellen Berichtszeitraum ist beispielgebend für diese Entwicklung. Mitreißunfälle passieren insbesondere an steilen und aperen Gletscherpassagen, wenn Bergsteigerinnen und Bergsteiger mit einem Seil verbunden sind und bei einem Sturz die anderen mitreißen. Bei einem besonders tragischen Unfall in den Zillertaler Alpen verunglückten im August 2017 sechs Alpenvereinsmitglieder, da ein Mitglied stürzte und alle anderen am Seil mit sich in den Tod riss.“
(Quelle: DAV)