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„Eine Win-win-Situation mit etwas mehr Win für mich!“

Janina Hettich-Walz ist nach der Geburt ihres ersten Kindes in den Biathlon-Weltcup zurückgekehrt. Im Team-Deutschland-Podcast spricht sie über ihre ersten Monate als Mutter und ihren Traum von der Teilnahme an den Olympischen Spielen.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

02.12.2025

Eine Biathletin im Wettkampf
Janina Hettich-Walz gab am vergangenen Wochenende in Östersund (Schweden) in der Staffel und der Mixed-Staffel ihr Comeback im Weltcup.

Was sie gedacht hat, als sie im Frühsommer im Training zum ersten Mal wieder einen Berg erklimmen musste, daran kann sich Janina Hettich-Walz genau erinnern. „Puh, das wird zäh, das war mein erstes Gefühl“, sagt die 29-Jährige vom SC Schönwald. Wer sie allerdings am vergangenen Wochenende beim Auftakt des Biathlon-Weltcups in Östersund (Schweden) in den beiden Staffeln beobachtete, darf feststellen: Die Vorbereitung mag zäh gewesen sein, aber Janina Hettich-Walz ist auf dem Level, das sie in der Saison 2023/24 auf Rang zehn im Gesamtweltcup und zu ihrer ersten (und bislang einzigen) WM-Einzelmedaille - Silber in Nove Mesto (Tschechien) - geführt hatte. „Ich bin wieder voll da“, sagt sie im Team-Deutschland-Podcast im Gespräch mit Podcast-Host Paul Burba, das an diesem Mittwoch erscheint.

Der Grund dafür, dass diese Leistungsentwicklung so besonders zu betonen ist, trägt den Namen Karlotta. Im Februar hatte Janina Hettich-Walz ihre erste Tochter zur Welt gebracht. Die Schwangerschaft war geplant und erwünscht. „Ich wollte schon länger eher früh Mutter werden, deshalb hatte das für uns Priorität, auch auf das Risiko hin, dass ich es nicht mehr zurück in den Leistungssport geschafft hätte“, sagt die Athletin. Während der Schwangerschaft vermied sie es, zu viel Austausch mit anderen Müttern zu suchen, „weil es mich eher gestresst hätte, mich dauernd mit anderen zu vergleichen. Es gibt hundert verschiedene Meinungen und Wege, wie man mit dem Thema umgehen kann, und jede Mutter muss für sich den richtigen Weg finden. Nur du selbst kennst deinen Körper und dein Kind“, sagt sie.

Zwei Wochen nach der Geburt startete sie wieder mit leichtem Training

Sechs Wochen vor und drei Wochen nach der Geburt ging in puncto Sporttreiben gar nichts bei der gebürtigen Schwarzwälderin. „Ich habe zwei Wochen nach der Entbindung wieder ganz leicht mit Radfahren und Rückbildungsgymnastik angefangen, habe anfangs sehr viel Wert auf Beckenbodenstabilisierung gelegt. Zum Glück waren sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt nicht besonders anstrengend, so dass sich mein Körper recht schnell wieder an Belastung gewöhnt hat“, sagt sie. Im April stand ein Langlauftraining in Norwegen auf dem Programm, ab Mai begann sie damit, gewohnte Umfänge zu absolvieren, um im Juni ins Teamtraining einsteigen zu können. Und im September holte sie bei den Deutschen Meisterschaften am Großen Arber im Bayrischen Wald auf Skirollern die Titel im Einzel und im Sprint. „Das hat mich dann doch selbst etwas überrascht“, gibt sie ehrlich zu.

Die Motivation, die Janina Hettich-Walz antreibt, ist allerdings nachvollziehbar. Nachdem sie 2022 die Olympischen Spiele in Peking (China) verpasste und sich in vier Jahren zu den Spielen in Frankreich nicht mehr im Leistungssport sieht, sind die vom 6. bis 22. Februar 2026 anstehenden Winterspiele in Norditalien „sehr wahrscheinlich meine letzte Chance, mir den Traum von einer Teilnahme an Olympischen Spielen zu erfüllen.“ Zur Qualifikation sind in der Weltcupsaison 2025/26, die an diesem Wochenende in Östersund fortgesetzt wird und vor Weihnachten noch in Hochfilzen (Österreich/8. bis 14. Dezember) und Annecy (Frankreich/15. bis 21. Dezember) Station macht, zwei Top-15- oder eine Top-8-Platzierung notwendig. „Ich arbeite jeden Tag daran, in die Form zu kommen, dass ich das schaffen kann“, sagt sie.

  • Janina Hettich

    Dabei hilft mir meine Tochter sehr, weil sich durch ihre Geburt manche Dinge relativiert haben. Wenn es nichts werden sollte mit Olympia, strahlt sie mich trotzdem an, und das ist noch einmal eine andere Ebene des Glücks.

    Janina Hettich-Walz
    Biathletin
    SC Schönwald

    Dass die olympischen Rennen in Antholz stattfinden, ist für Janina Hettich-Walz eine besondere Motivation. „Ich habe dort schon einige gute Wettkämpfe gemacht, die Strecke liegt mir“, sagt sie. Dennoch wolle sie versuchen, nichts zu erzwingen und nicht zu verkrampft in die kommenden Weltcuprennen zu gehen. „Dabei hilft mir meine Tochter sehr, weil sich durch ihre Geburt manche Dinge relativiert haben. Wenn es nichts werden sollte mit Olympia, strahlt sie mich trotzdem an, und das ist noch einmal eine andere Ebene des Glücks.“ Sich durch die Geburt ihrer Tochter für eine Weile aus der Leistungssport-Bubble zurückgezogen zu haben, sei durchaus förderlich gewesen. „Man reflektiert die Dinge dann anders und merkt, dass man manchmal auf sehr hohem Niveau meckert“, sagt sie.

    Die Planung, zu welchen Weltcups die Tochter mitreisen kann und zu welchen sie daheim in der Betreuung des Vaters und der Großeltern bleibt, ist nicht ganz einfach. „Aber ich bin sehr dankbar, dass mein Mann komplett aus dem Homeoffice oder von unterwegs arbeiten und deshalb viel Betreuungsarbeit leisten kann, und dass meine Eltern und Schwiegereltern uns so viel unterstützen. Es ist schon seit der Schwangerschaft ein Gemeinschaftsprojekt“, sagt sie, „das ist eine Win-Win-Situation mit etwas mehr Win für mich!“

    Bis zu 20.000 Euro kostet das individuelle Reisen mit Familie

    Weil ihr die Trainer nicht nur mit Rat zur Seite standen, sondern ihr auch zusicherten, nach der Rückkehr wieder zur höchsten Leistungsgruppe zu zählen, konnte sie ihre Behördenstelle bei der Bundeswehr behalten. „Das hat mir viel Sicherheit gegeben“, sagt sie. Zumal die individuelle Reiseplanung mit Tochter und Begleitperson nicht nur Zeit, sondern auch eigenes Geld kostet. „Wenn ich nicht im Teamhotel wohne und mit der Familie anreise, muss ich die Kosten dafür selbst tragen. 15.000 bis 20.000 Euro haben wir dafür eingeplant, aber das ist es uns allemal wert“, sagt sie. Während der Olympischen Spiele müsste sie aber im Teamhotel wohnen und könnte die Familie wegen des Infektionsschutzes nur im Freien bei Tageslicht treffen. „Das ist aber natürlich okay für mich, wenn man vor Olympia krank wird, ist es dreimal so blöd.“

    Bevor sie sich darüber Gedanken machen muss, steht aber erst einmal die sportliche Qualifikation im Mittelpunkt. „Wenn es nicht klappt, bin ich mit meiner Karriere trotzdem absolut im Reinen, ich habe drei WM-Medaillen gewonnen. Trotzdem habe ich noch große sportliche Ziele, und ich werde alles dafür geben, dass ich diese auch erreiche“, sagt sie. Zäh mag sie gewesen sein, die Vorbereitung. Aber Janina Hettich-Walz hat schon bewiesen, dass sie zäher ist.

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