„Einfach anfangen: Warum Vereine vom Diversity Check profitieren“
Fatma Polat ist Rechtsanwältin, Netzwerkerin und eine der Mitentwicklerin des DOSB Diversity Checks. Mit ihr sprechen wir über Erfahrungen, Haltung und Motivation für mehr gelebte Vielfalt.

17.09.2025

Fatma Polat aus Mainz ist Rechtsanwältin, Netzwerkerin, Vorsitzende des Vereins Arc-En-Ciel, Mitglied im Diversity Beirat des DTB (Deutscher Turner Bund) – und eine*r von sieben Menschen, die den DOSB Diversity Check mitentwickelt haben. Wir sprechen über ihre Erfahrungen, ihre Haltung und ihre Motivation. Warum? Weil wir mehr über Vielfalt reden müssen – und über das Wie dahinter.
DOSB: Der Diversity-Check hat zu den vier Themenbereichen Sportangebote, Veranstaltungen, Rahmenbedingungen und dem Haupt- und Ehrenamt Fragen zur Vielfalt und Teilhabe. Die Fragen sind nur mit Ja und Nein zu beantworten. Vereine können sich mit dem Diversity-Check selbst prüfen und auch weiterentwickeln. Wie kam es zu diesem Format und warum ist dir das wichtig ist?
Fatma Polat: Die Erstellung eines Diversity Checks oder eines Tools, womit Vereine sich selber direkt reflektieren können, war mir immer schon ein Anliegen. Als der DOSB zum Workshop eingeladen hat, sah ich sofort die tolle Möglichkeit der Umsetzung. Ein Diversity Check, damit das Thema sichtbar platziert wird, darauf hatte ich große Lust. Die Arbeitsgruppe, die sich zur Entwicklung zusammengefunden hat, wollte es Vereinen so einfach wie möglich machen. Uns war und ist bewusst, man kann nicht alles mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. Die Antworten können aber auch bei einem “eher Nein” oder “trifft auf uns nicht zu” hilfreich sein. Ich träume sogar von einem Diversity-Zertifikat für Vereine. Der Diversity Check ist für mich der erste Schritt dahin. Es ist gut, dass dieser Prozess so angefangen hat und der Check jetzt da ist.
DOSB: Was war dein erster Eindruck, als du den Check online gesehen hast? Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?
Das war einfach ein schönes Gefühl, dass etwas abgeschlossen ist. Das war mein allererster Gedanke. „Hey, wow, wir haben etwas angefangen und es ist jetzt etwas entstanden und ich sehe es!“ Meine eingebrachten Ideen und Gedanken liegen nicht nur in einer Akte in irgendeiner Schublade.
DOSB: Was würdest du einem Verein sagen, der den Check „interessant“ findet, aber noch zögert, ihn umzusetzen, oder denkt, er passt nicht zum Verein oder der Sportart?
Ich empfehle jedem Verein, egal ob es der Schach-, der Schwimm- oder der Fußballverein ist, sich mit dem Thema Diversity mittels des Checks auseinanderzusetzen. Gerade wenn man nicht weiß, wo man anfangen soll, ist der Diversity Check so praxisorientiert und einfach. Man kann ihn allein als einzelnes Mitglied im Vorstand machen oder in einer Gruppenaktion. Der Diversity Check ist ein Tool, das ganz pragmatisch verschiedene Themen auf dem Tisch legt. Daher: Fangt einfach mal an, auch wenn es nur die ersten beiden Fragen sind. Jeder wird merken: Es sind teilweise bestimmt auch Inhalte, die in Gesprächen im Verein schon mal angesprochen wurden. Der Diversity Check ist ein sehr praktikables Tool zu mehr Teilhabe.
DOSB: Die Fragen für den Diversity-Check wurden von Kolleginnen aus den verschiedenen Diversity-Bereichen gesammelt und abgestimmt. Schnell waren wir uns einig, wir wollen nicht auf einzelne Vielfaltsdimensionen eingehen, sondern auf die Themen im Sport in Bezug auf unterrepräsentierte Gruppen, auf alle Menschen. Wie waren für dich Abstimmung und Zusammenarbeit?
Ich habe mich in der Zusammenarbeit sehr wohlgefühlt. Besonders und bereichernd war, dass jede in unserer Arbeitsgruppe eigene Expertise in mindestens einer Dimension hatte. Wir haben sehr respektvoll miteinander gearbeitet, auch bei Themen, die nicht so in den eigenen Bereich fallen. Meine Erfahrungen haben Raum bekommen, das war sehr schön. Ich konnte meine Perspektiven als Frau mit Hijab einbringen, ich durfte aber auch von den anderen partizipieren und anderen Themen Raum geben. Das war das Schöne und auch die Herausforderung: Ich habe gespürt, wie sehr wir manchmal in unseren eigenen Dimensionen fokussiert sind, obwohl wir doch alle mitdenken wollen. Es war für mich wirklich eine sehr schöne Erkenntnis zu spüren, woran ich selbst noch gar nicht gedacht habe, weil ich vorrangig mit den Themen meiner Dimension oder Blase beschäftigt bin. Unser gemeinsames Ziel war, alle Dimensionen zu berücksichtigen und alle mitzudenken. Ich glaube, das haben wir ganz gut geschafft.
DOSB: Was wäre für dich ein echter Erfolg in Bezug auf den Check?
Es wäre toll, wenn Vereine und Verbände eine Leidenschaft für dieses Thema entwickeln würden, anstatt nur Aufgaben zu sehen. Diversity soll sich zu einer Aufgabe entwickeln, die mit Leidenschaft angegangen wird und auch Spaß macht. Man kann so viele positive Erlebnisse mit Barrierefreiheit und Teilhabe haben, und diese Momente wünsche ich mir für die Vereine durch den Diversity Check.
DOSB: Und zum Schluss: Wenn du einen Wunsch an den Sport hättest – welcher wäre das?
Von Anfang an war meine Erwartungshaltung, dass wir auch die Verbände mit einbeziehen müssen. Wir können Diversity als Aufgabe nicht nur den Vereinen überlassen. Ich stehe ja voll und ganz hinter den Vereinen und weiß auch um deren alltägliche Herausforderungen. Deshalb wünsche ich mir, dass dieser Diversity Check auch auf anderen Ebenen und in anderen Verbänden ankommt. Er kann dazu anregen, auf sich selbst zu gucken und gutes Vorbild zu sein. Das ist meine Forderung und zugleich mein Wunsch. Es gibt auf der Verbandsebene noch sehr viel Arbeit, die nachzuholen ist, und noch sehr viel Leidenschaft, die mitzubringen ist. Das ist einfach so, das kann man auch so offen ansprechen.
DOSB: Danke, liebe Fatma – für deine klare Haltung und dein Engagement.
Wer jetzt neugierig geworden ist: Den Diversity Check findet ihr hier Diversity-Check.
Lasst uns nicht nur über Vielfalt sprechen – lasst sie uns gestalten.