Zum Inhalt springen

„Rassismuskritik darf im organisierten Sport kein Randthema bleiben“

Neue Studie der Bergischen Universität Wuppertal zeigt, was Betroffene seit Jahren sagen: Rassismus im Vereinssport ist kein Ausnahmefall. 

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

28.10.2025

Handball Zeichnung

Die neue unabhängige Studie der Bergischen Universität Wuppertal, welche im Rahmen des Projekts „(Anti-)Rassismus im organisierten Sport“ der dsj und des DOSB entstanden ist, zeigt: Rassismus im Vereinssport ist kein Ausnahmefall, kein Fehltritt Einzelner. Er ist Alltag. Er steckt in Strukturen, in Blicken, in Erwartungen, in Sprache. Er zeigt sich, wenn Schwarze Spieler*innen auf Vorurteile reduziert werden, wenn Schiedsrichter*innen wegschauen, wenn Betroffene nicht ernst genommen werden. Und er zeigt sich in dem Schweigen des Teams, des gesamten Vereins, das danach bleibt. 

„Wir sind froh, dass unser Projekt „(Anti-)Rassismus im organisierten Sport“ mit der unabhängigen Studie ‚Rassismus und Rassismuskritik im Vereinssport‘ eine bislang bestehende Forschungslücke schließt. Die Studie fordert uns auf, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Rassismuskritik beginnt mit Selbstreflexion - auch auf Verbandsebene. Diese Haltung wollen wir künftig stärker verankern. Rassismuskritische Veränderung ist kein kurzfristiges Projekt, sondern ein langfristiger Prozess, der Ausdauer und Verbindlichkeit erfordert. Wir sehen es als zentrale Aufgabe des organisierten Sports, diesen Wandel mitzugestalten - gemeinsam mit Vereinen, Sportler*innen und allen Engagierten.“, so Benny Folkmann, Vorstandsmitglied der Deutschen Sportjugend. 

Für viele People of Color* ist der Verein noch kein geschützter Raum, sondern einer, in dem sie sich ständig beweisen müssen - in dem Herkunft zum Thema wird, Witze über Hautfarbe fallen und sie oft die einzige Person sind, die anders gesehen wird. Und zu oft ein Raum, in dem Rassismus übergangen wird - nicht nur, weil er unsichtbar wäre, sondern weil seine Anerkennung unbequem ist und die gewohnten Selbstbilder infrage stellt. 

Rassismuskritik bedeutet, genau das zu erkennen: dass wir alle in einem System leben, das weiße Menschen bevorzugt und Schwarze Menschen und People of Color benachteiligt. Es reicht nicht, „nicht rassistisch“ zu sein. Es geht darum, sich aktiv gegen Rassismus einzusetzen und konsequent zu handeln - im Verein, im Vorstand, im Training, auf dem Spielfeld. 

Das beginnt mit Zuhören. Mit Glauben schenken. Mit der Bereitschaft, die eigene Position zu hinterfragen. Und mit der Einsicht, dass Veränderung unbequem ist - aber notwendig. 

  • Röhrbein Portrait

    Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, wie notwendig es ist, Rassismus klar zu erkennen, zu benennen und aktiv dagegen vorzugehen.

    Michaela Röhrbein
    Vorstandin Sportentwicklung
    DOSB
  • Porträt Benny Folkmann

    Die Studie fordert uns auf, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Rassismuskritik beginnt mit Selbstreflexion – auch auf Verbandsebene.

    Benny Folkmann
    Vorstandsmitglied
    Deutschen Sportjugend

    „Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, wie notwendig es ist, Rassismus klar zu erkennen, zu benennen und aktiv dagegen vorzugehen. Auch wir beim DOSB sind gefordert, unsere Strukturen und Privilegien kritisch zu hinterfragen - nur so können wir Rassismuskritik glaubwürdig und nachhaltig im Dachverband verankern. Es reicht nicht aus, sich symbolisch gegen Rassismus zu positionieren - wir müssen verbindliche Strukturen schaffen. Dazu gehören beispielsweise klare Beschwerdemechanismen und transparente Regeln im Umgang mit Vorfällen. Und eine Kultur, die es ermöglicht, dass mehr Schwarze Menschen und People of Color Verantwortung im Sport übernehmen.“, sagt Michaela Röhrbein, Vorständin Sportentwicklung des Deutschen Olympischen Sportbundes. 

    Sport im Verein hat das Potenzial, Räume zu schaffen, in denen Menschen wirklich gleichberechtigt sind. Doch das passiert nicht von selbst. Dafür braucht es Menschen, die hinsehen, Strukturen, die schützen, und Vereine, die sich trauen, Verantwortung zu übernehmen. Und auch das zeigt die Studie: Sportvereine haben sich auf den Weg gemacht. 39 % geben beispielsweise an, dass der Schutz vor Diskriminierung in der Vereinssatzung festgeschrieben ist. Etwas mehr als ein Drittel gibt an, dass in ihren Vereinen Projekte gegen Diskriminierung und Rassismus umgesetzt werden. 17% geben an, dass es bei ihnen Trainings als geschützte Räume ausschließlich für BPoC gibt. 

    Die Studie macht deutlich: Rassismuskritik darf im organisierten Sport kein Randthema bleiben. Mit dem diesjährigen Ende des Projekts (Anti-)Rassismus im organisierten Sport bleibt eine Leerstelle, aber auch ein Auftrag: weiterzumachen. Das Projekt hat erst begonnen, sichtbar zu machen, wo Ungleichheiten bestehen und welche Veränderungen nötig sind. Jetzt ist die Zeit, Strukturen zu verändern - nicht nur Haltungen. Vereine brauchen feste Ansprechpartner*innen bei Rassismus, verbindliche Regeln für den Umgang mit Vorfällen, Schulungen für Trainer*innen, Vorstände und Schiedsrichter*innen. Vor allem aber braucht es die Bereitschaft, das eigene Handeln immer wieder zu überprüfen - auch wenn es unbequem wird. Rassismuskritik ist kein einmaliges Projekt, sondern eine dauerhafte Aufgabe, die gelebt werden muss – in jedem Verband, in jedem Verein. Diese Arbeit muss fortgesetzt, finanziell und institutionell abgesichert und als Querschnittsaufgabe verstanden werden - auf allen Ebenen des Sports. 

    Die unabhängige Forschungsstudie der Bergischen Universität Wuppertal „Rassismus und Rassismuskritik im Vereinssport“ ist Teil des Projekts „(Anti-)Rassismus im organisierten Sport“, das von der Deutschen Sportjugend und dem Deutschen Olympischen Sportbund durchgeführt und von der Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus gefördert wurde. 

    Für weiterführende Informationen bietet die Handreichung „Von innen nach Außen –„(Anti-)Rassismus im organisierten Sport“ von dsj und DOSB umfassende Einblicke. Diese enthält praxisnahe Ansätze, wie Sportorganisationen sensibler für die Erfahrungen von Menschen mit Rassismus werden und im Sinne der Betroffenen auf entsprechende Vorfälle reagieren können. Enthalten sind unter anderem ein rassismuskritischer Selbstcheck für Verbände, konkrete Handlungsempfehlungen zum Umgang mit rassistischen Vorfällen sowie eine Übersicht über bundesweite Beratungs- und Weiterbildungsangebote. Ziel der Handreichung ist es, langfristig ein inklusives und rassismuskritisches Umfeld innerhalb des Sports zu fördern.

    *„Dieser Begriff ist eine Selbstbezeichnung von und für Menschen, die von Rassismus betroffen sind. BPoC setzt sich zusammen aus den englischen Worten Black und People of Color. Der Begriff betont die gemeinsam geteilte Rassismuserfahrung, „die nicht als weiß, deutsch und westlich wahrgenommen werden und/oder sich selbst nicht so definieren“ (vgl. Heimburger, Nobis et al. 2025).“ 

    Studie der Bergischen Universität Wuppertal

    Die Studie der Bergsichen Universität Wuppertal zeigt die großen Rassissmusprobleme im Sport auf. 

    Mehr erfahren

    Title

    Title