Nikolaus Bodoczi ficht bei den Olympischen Jugendspielen
Vom 14. bis 26. August richtet Singapur die ersten Olympischen Jugendspiele aus, und auch der Offenbacher Degenfechter Nikolaus Bodoczi ist dabei. Das Mitglied des dsj-Workcamps, Maximilian Haupt, stellt ihn vor.

04.08.2010

Für 3600 junge Sportler ist es die erste Chance auf olympische Weihen. Für manche von ihnen aber gleichzeitig schon die letzte. Vom 14. bis 26. August richtet Singapur die ersten Olympischen Jugendspiele aus, und auch der Offenbacher Degenfechter Nikolaus Bodoczi weiß von ihrer potentiellen Einmaligkeit: "Viele werden nie wieder die Möglichkeit haben, an einer Veranstaltung teilzunehmen, die ,Olympia' im Namen trägt." Für den Sechzehnjährigen ist das aber kein Grund, nervös zu werden. "Ich fahre nach Singapur, um zu gewinnen. Ein anderes Ziel kann ich als Kadettenweltmeister auch gar nicht haben."
Bodoczi ist selbstbewusst. Wenn er nach seinen Stärken gefragt wird, zählt er sie auf, ohne lange nachzudenken: "Ich bin sehr gut ausgebildet, willensstark und diszipliniert. Wenn ich etwas anfange, dann zu 100 Prozent." Hohe Erwartungen, Ehrgeiz und der unbedingte Wille zum Erfolg - seit der Offenbacher mit ungarischen Wurzeln im Alter von acht Jahren mit dem Fechten begann, begleiten ihn diese Eigenschaften. "Vom ersten Tag an war klar: Ich will Weltmeister sein. Und Olympiasieger."
Seinem Vorbild steht er dabei direkt gegenüber. Miklos Bodoczi, Vater und Trainer der deutschen Nachwuchshoffnung, ist selbst Vize-Weltmeister. Für die rumänische Nationalmannschaft erkämpfte der gebürtige Ungar 1986 die Silbermedaille. Entsprechend groß ist der Respekt seines Sohnes, ein Vereinswechsel vom FC Offenbach in ein Fechtleistungszentrum kein Thema. "Jeder Trainer hat seinen eigenen Stil. Ab einem gewissen Niveau ist es sehr schwer, sich auf einen neuen Trainer einzustellen. Die Art, wie mein Vater mich trainiert, liegt mir. Es gibt daher keinen Grund, aus Offenbach wegzugehen", sagt Bodoczi sehr bestimmt. Fast so, als glaube er, seinen Vater gegen Kritik verteidigen zu müssen.
"Beim Fechten ist er der wichtigste Mensch für mich", beschreibt Bodoczi, aktuell Führender der deutschen A-Jugend-Rangliste, die Rolle seines Vaters. Umso wichtiger ist es für ihn, auch in Singapur väterliche Ratschläge zu bekommen. Bodoczi Senior bekommt zwar keine Innenraumakkreditierung, versucht aber bei jedem Gefecht seinem Sohn so nah wie möglich zu sein.
"Wenn man es nüchtern betrachtet, ist die sportliche Konkurrenz bei diesem Turnier nicht so groß. Über die Saison gesehen sind nicht die besten Fechter dabei", sagt Nikolaus Bodoczi. Psychologisch sieht er sich gegenüber den anderen zwölf Fechtern der Jahrgänge 1993 und 1994 trotz seiner Favoritenrolle im Vorteil: "Viele werden mit dem Druck, der allein durch den Zusatz ,Olympia' entsteht, nicht umgehen können. Diese Erfahrung habe ich zum Glück schon hinter mir."
Bei der Europameisterschaft im März waren die eigenen Ansprüche zu groß, und statt einer Medaille gab es für den deutschen Junioren- und A-Jugendmeister nur das frühe Aus. Wenige Wochen danach, bei der WM in Baku, konnte er den Druck besser für seine Zwecke nutzen und gewann den Titel bei den Kadetten, der Altersklasse unter 17 Jahren. "Das war ein sehr wichtiges Erlebnis. Da habe ich mein Repertoire abgerufen und gemerkt, wie schwer ich zu schlagen bin."
Entsprechend groß ist die Vorfreude auf Singapur: "An einer solchen Veranstaltung teilnehmen zu dürfen ist das Beste, was einem jungen Sportler passieren kann." Trotz aller Konzentration auf den eigenen Erfolg legt Bodoczi viel Wert auf das Teamgefühl der deutschen Delegation. "Wir fahren da nicht als Fechter, Ruderer und Schwimmer hin, sondern als deutsches Team", bekennt sich der Kadettenweltmeister zu allen 70 deutschen Athleten. Umgeben zu sein von Leistungssportlern, Gleichaltrigen, die ähnliche Ziele haben wie er, beflügelt ihn: "Die eineinhalb Tage in Berlin, während des Youth Olympic Day, waren schon unfassbar. Aber die zwei Wochen in Singapur werden eine ganz andere Dimension erreichen."
Dimensionen, an die er sich gerne gewöhnen möchte. "2012 in London kommen die Spiele vielleicht noch etwas zu früh für mich. Aber 2016 in Rio will ich dabei sein." Denn Singapur 2010 soll für ihn nicht die einzige Gelegenheit sein, um Olympiasieger zu werden.
Dieser Artikel erschien am 3. August 2010 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Der Autor Maximilian Haupt fährt als Teilnehmer des Workcamps der Deutschen Sportjugend (dsj) zu den Olympischen Jugendspielen nach Singapur. Haupt arbeitet als freiberuflicher Journalist. Unter anderem schreibt er für die FAZ.