Beirat der Aktiven kritisiert Abmeldesystem der NADA

Im Interview mit der DOSB-Presse spricht Claudia Bokel, Vorsitzende des Beirats der Aktiven und Athletensprecherin im Präsidium des DOSB, über die Schwachstellen im Dopingkontrollsystem.

Der Beirat der Aktiven (v.l.): stellvertretender Vorsitzender Christian Breuer, Vorsitzende Claudia Bokel, Jana Miglitsch, Mirko Heid und Marcel Goelden. Es fehlt Marion Rodewald.
Der Beirat der Aktiven (v.l.): stellvertretender Vorsitzender Christian Breuer, Vorsitzende Claudia Bokel, Jana Miglitsch, Mirko Heid und Marcel Goelden. Es fehlt Marion Rodewald.

Claudia Bokel, die Diskussionen der vergangenen Tage um die Schwachstellen im deutschen Dopingkontrollsystem betreffen in starkem Maße auch die Athleten selbst. Der Beirat der Aktiven hat sich in Frankfurt mit den Vertretern der Nationalen Anti-Dopingagentur NADA getroffen. Was sind ihre Kritikpunkte? 

Claudia Bokel: Wir haben uns mit der NADA nicht nur getroffen, um die jetzt veröffentlichten Zahlen sogenannter ‚missed tests' zu diskutieren, sondern um unsere Bedenken an der Praxis des Dopingkontrollsystems im Allgemeinen zu besprechen. Insbesondere das Abmeldeverfahren funktioniert nicht so, wie es dies unserer Meinung nach tun sollte. Auch wenn der Sportler selbst absolut gewissenhaft ist, kann es zu großen Schwierigkeiten kommen, sich ordnungsgemäß abzumelden. Nicht überall ist beispielsweise ein Internetzugang oder ein Faxgerät vorhanden, wenn man auf Reisen ist. Hier müssen auf jeden Fall Verbesserungen getätigt werden, um die technischen Voraussetzungen zu schaffen, sich jederzeit abmelden zu können. Per sms, nur um dieses Beispiel zu nennen, ist dies zur Zeit nicht möglich. 

Praxis ist aber auch, dass Sportler im Einzelfall darauf vertrauen, von ihren Verbänden oder Trainern abgemeldet zu werden… 

Claudia Bokel: Unser Appell geht an alle Sportler dahingehend, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Jeder Athlet ist selbst dafür verantwortlich, exakte Angaben zu machen, und darf sich nicht auf den Verband oder irgendwelche Vertreter verlassen.  

Zuletzt gab es bei der Anhörung vor dem Sportausschuss in Berlin einige Verwirrung darüber, wie die Fristen zu verstehen sind, nach denen sich Sportler abmelden müssen. Sie selbst hatten sich für die Anhörung abgemeldet, Marion Rodewald musste sich für diesen Termin nicht abmelden, weil sie einem anderen Testpool angehört … 

Claudia Bokel: Daraus wird ersichtlich, dass eine bessere  Kommunikation mit den Athleten ebenso notwendig ist wie eine  detaillierte Information oder, wenn sie so wollen, Aufklärung darüber, was alles in welchen Fristen beachtet werden muss. Wie viel im argen liegt, ist daraus zu ersehen, dass nach der Ausstrahlung des Berichtes die Zahl der Abmeldungen stark gestiegen ist. Dies liegt zum Teil an den Athleten selbst, deshalb ja auch unser Appell an die Selbstverantwortlichkeit. Daraus wird aber auch deutlich, dass die Regeln schwer verständlich waren und nicht gut kommuniziert wurden. Nötig ist auch der internationale Abgleich der Regeln ebenso wie die Harmonisierung zwischen den Verbänden. Die NADA hat bei unserem Treffen in Frankfurt zugesagt, dass gemeinsam mit den Sportlern ein besseres Abmeldeverfahren entwickelt werden muss, damit wir Sportler zeigen können, dass wir ‚sauber' sind. 

Dafür müssen sie aber, was ihre Persönlichkeitsrechte betrifft, weitaus tiefere Einschnitte akzeptieren als ihre Mitbürger. 

Claudia Bokel: Darüber sind wir uns wohl bewusst. Es ist tatsächlich eine Menge, was uns Sportlern in dieser Hinsicht zugemutet wird. Auch wir haben ein Recht auf Privatleben. Aber wir sind bereit alles entsprechend der gestellten Regeln offen zu legen, um zu  unterstreichen, dass Leistungssport und Höchstleistungen ohne Doping möglich sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Mehrzahl der Athleten ihren Sport absolut ‚sauber' ausübt. Aber unsere Angaben müssen auch vertraulich bleiben. Es kann nicht sein, dass, wie zuletzt in der ARD-Reportage geschehen, Listen gezeigt werden oder Wohnorte von Athleten, die sehr leicht zu identifizieren sind. Ganz klar, wer dopt, betrügt alle, seine Kontrahenten, die Zuschauer, und muss in unser aller Interesse bestraft werden. Aber auch für uns Sportler muss gelten, was für alle anderen Bürger gilt: Die Persönlichkeitsrechte sind zu achten.

Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterLesen Sie dazu auch: NADA Arbeitsgruppe zur Verbesserungs des Dopingkontrollsystems


  • Der Beirat der Aktiven (v.l.): stellvertretender Vorsitzender Christian Breuer, Vorsitzende Claudia Bokel, Jana Miglitsch, Mirko Heid und Marcel Goelden. Es fehlt Marion Rodewald.
    Der Beirat der Aktiven (v.l.): stellvertretender Vorsitzender Christian Breuer, Vorsitzende Claudia Bokel, Jana Miglitsch, Mirko Heid und Marcel Goelden. Es fehlt Marion Rodewald.