Der Mainzer Olympiaforscher Prof. Norbert Müller wird 70 Jahre alt

Der Mainzer Sportwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Müller vollendet am Freitag, 9. Dezember, sein 70. Lebensjahr.

Professor Norbert Müller mit dem Abguss eines antiken Sprunggewichts. Foto: picture-alliance
Professor Norbert Müller mit dem Abguss eines antiken Sprunggewichts. Foto: picture-alliance

Der wegen seiner jahrzehntelangen internationalen Forschung zu olympischen Werten und Geschichte auch als „Olympiaprofessor“ bezeichnete Müller war von 1976 bis zu seiner Pensionierung im Frühjahr 2012 Hochschullehrer für Sportwissenschaft mit den Schwerpunkten Sportgeschichte und Sportethik an der Universität Mainz tätig. Er führte dort u.a. 1975 den Schwerpunkt Behindertensport ein und lehrte in der Praxis mit Begeisterung Leichtathletik – jener vielseitigen Sportart, in der er selbst auf eine erfolgreiche Karriere u.a. als Hochspringer zurückblickt.

Norbert Müller begeisterte sich schon als Sportstudent für die olympische Idee, seit 1968 besonders durch Aufenthalte in der Olympischen Akademie (IOA) im antiken Olympia. Seine Diplomarbeit widmete er der Ideengeschichte dieser olympischen Forschungsstätte, seine Dissertation der damals überfälligen pädagogischen Erneuerung olympischer Ideale, wofür er den heute selbstverständlichen Begriff „olympische Erziehung“ prägte.

Protokollchef des Olympischen Dorfs 1972

Für die Olympischen Spiele 1972 in München berief ihn Walther Tröger zum Protokollchef des Olympischen Dorfes. Später übte Norbert Müller unterschiedliche Funktionen in der olympischen Familie aus – zum Beispiel von 1981 bis 1998 als Vorsitzender des „Kuratoriums Olympischen Akademie“ des NOK, der heutigen Deutschen Olympischen Akademie Willi Daume (DOA), und in den damit verbundenen internationalen Gremien.

„Norbert Müller verdanken wir große Impulse mit seinen zahlreichen Projekten und Aktivitäten für die Weiterentwicklung des olympischen Gedankengutes“, so würdigt Walther Tröger als langjähriges IOC-Mitglied und NOK-Ehrenpräsident die Verdienste des Mainzer Olympiaforschers, der 1989 von Willi Daume in das internationale Fair-Play-Komitee berufen wurde.

Seit 1982 standen die Schriften des Olympiagründers Coubertin im Mittelpunkt seiner Forschungsarbeit, die er 2013 mit der Herausgabe der 15.000-seitigen französischsprachigen Gesamtausgabe als DVD abschloss. Olympiabezogene Textausgaben Coubertins veröffentlichte Müller zuvor in Französisch (1988), Englisch (2000), Chinesisch (2008), Spanisch (2012) und Portugiesisch (2015). Neben dem Olympischen Orden des IOC (1997) ehrte ihn Frankreich 2001 mit der Aufnahme in die Ehrenlegion. In der Krise um den Stimmenkauf für die Winterspiele in Salt Lake City wurde er 1999 externer Gutachter in der IOC-Reformkommission. 2002 war  Müller Ideengeber für den Coubertin-Abiturpreis in mehreren Bundesländern. Im gleichen Jahr übernahm er den Vorsitz des Internationalen Coubertin-Komitees mit Mitgliedern in 60 Ländern.

Von Papst Benedikt in den Päpstlichen Laienrat berufen

Norbert Müller wurde im Herbst 2008 in Anerkennung seiner sportwissenschaftlichen Leistungen, aber auch für sein jahrzehntelanges Engagement im NOK, im Deutschen Sportbund, in der Deutschen Olympischen Gesellschaft und im Landessportbund Rheinland-Pfalz vom Bundespräsidenten mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Im Deutschen Fußball-Bund gehörte er von 1996 bis 2012 der Jury des DFB-Wettbewerbs „fair ist mehr“ an. 2013 erhielt er den Ethikpreis der Deutschen Jugendkraft (DJK) – diese Aufzählung ist lediglich eine Auswahl des breiten ehrenamtlichen Engagements des Jubilars, der nach seiner Mainzer Zeit eine Seniorenprofessur an der TU Kaiserslautern innehatte und zuletzt in Rio mit seinen Studierenden über tausend Olympiagäste beim Modernen Fünfkampf zur Zukunft der Olympischen Spiele befragte.

Anlässlich seiner Verabschiedung an der Universität Mainz hielt der Intendant des ZDF, Prof. Markus Schächter, eine ebenso gehaltvolle wie persönliche Laudatio auf Norbert Müller, in der er ihn auch als „Pfadfinder des Ethos“ im Sport bezeichnete. „Aus der Idee eines Dienstes der Solidarität, gestärkt durch beglückende personale Erfahrungen hat Norbert Müller als Pionier ein ganz neues Verständnis von Sport, die Bedeutung des Behindertensports so unterstützt, dass wir Fernsehveranstalter heute die Paralympics als selbstverständlicher Teil unseres Sportrechtepakets ansehen wollen, die über große Programmstrecken für immer mehr Menschen immer interessanter und verständlicher wird.“

Norbert Müller wurde in Speyer geboren und lebt in Mainz. Seinem olympischen Werteverständnis ist er bis heute treu geblieben. Seit dem Jahr 2014 vertritt Müller den Vatikan in den Sportausschüssen des Europarats in Straßburg, nachdem ihn Papst Benedikt 2008 als Sportexperten in den Päpstlichen Laienrat berufen hatte.                                                   

(Quelle: DOSB/Prof. Detlef Kuhlmann)


  • Professor Norbert Müller mit dem Abguss eines antiken Sprunggewichts. Foto: picture-alliance
    Professor Norbert Müller mit dem Abguss eines antiken Sprunggewichts. Foto: picture-alliance