Deutschlands Politiker sind auch sportlich aktiv

Fast jeder vierte Bundestags-Abgeordnete trimmt sich regelmäßig

 

Auch ein voller Terminkalender muss kein Grund sein, sich nicht zu bewegen und sportlichen

Aktivitäten zu frönen. Ein Beleg dafür sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Immerhin fast jeder vierte Parlamentarier trimmt sich regelmäßig, ergab eine Umfrage des DeutschlandRadio Berlin. Von den 668 Politikern dieser Wahlperiode antworteten 248, also rund 37 Prozent. Auch diese Zahl lässt sich sehen.

Nach eigenen Angaben bekannten sich 23 % zu regelmäßiger sportlicher Betätigung. Zum Vergleich: 28 Prozent aller Deutschen sind Mitglied eines Sportvereins. Mit gezählt sind dabei auch die unter 18-Jährigen, die sind im Reichstag aber nicht vertreten. Die keineswegs gewagte Schlussfolgerung ist also: Unsere Berliner Parlamentarier sind mindestens so sportlich wie der Durchschnittsbürger.

Den größten Anteil an Freizeitsportlern gibt es in der FDP-Fraktion und bei Bündnis 90/Die Grünen. Hier sind jeweils 28 % der Befragten regelmäßig aktiv. Die CDU/CSU folgt knapp geschlagen mit 26 %. Während die Sozialdemokraten abgeschlagen auf Platz vier liegen (20 %), ist die PDS eindeutig Schlusslicht. Nur 14 % ihrer Abgeordneten trimmen sich regelmäßig. Insgesamt sind die männlichen Abgeordneten eindeutig häufiger aktiv als die Frauen. Sie stellen 79 % der Bundestags-Freizeitsportler. Bevorzugt werden Disziplinen wie Laufen, Radfahren, Fußball, Fitness und Gymnastik. Aber auch Schwimmen, Tennis und Golf findet zahlreiche Anhänger.

Während sich der Präsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, als kompromissloser Sport-Gegner outet ("Ich treibe keinen Sport. Sport ist für mich Mord..."), bekennt sich Otto Schily zu seiner Vergangenheit. Er habe früher regelmäßig Fußball und Volleyball gespielt, bekannte der regierungsamtlich für den Spitzensport in Deutschland zuständige Bundesinnenminister. Außerdem sei er regelmäßig Ski gelaufen. Heute reiche es nur noch zum Schach spielen. Als dem Alter angemessen bezeichnet auch Bundesjustizministerin Hertha Däubler-Gmelin ihren Sport. "Ich mache meistens Tschi Gong, eine Art des Schattenboxens", erklärte sie. "Das sind konzentrierte Bewegungen, die mir Spaß machen." Ansonsten versuche sie es mit "Power-Walking".

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt fährt gern Rad, räumt aber ein, kaum noch dazu zu kommen. Auch ihr Kollege, Verkehrsminister Kurt Bodewig, säße gern öfter auf dem Sattel. "Aber im Ministeramt muss man sich die Zeiten für das eigene Wohlbefinden arg erkämpfen." Außerdem sei Berlin im Vergleich zu Bonn nicht ganz so Fahrrad - "geeignet".

Im Gegensatz zu Außenminister Joschka Fischer, der noch immer dem Marathon-Lauf frönt und pro Woche 50 Trainingskilometer absolviert, hat CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer verschiedenste Sportarten ausprobiert. Jetzt spielt er seit 10 Jahren Golf. "Ein hochspannender Sport ist das", erzählt er. Er habe im übrigen kein Problem damit, zusammen mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien Sport zu treiben. "Also ich finde schon, die privaten Dinge und die politischen Auseinandersetzungen sollte man sehr auseinanderhalten."

Wer wüsste das besser als die Abgeordneten des Sportausschusses im Bundestag? 5 Jahre spielte der Vorsitzende, Friedhelm-Julius Beucher (SPD), selbst Fußball im FC Bundestag. Heute favorisiert er Inline-Skating und sorgt als Vorsitzender der Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag e.V. dafür, dass die Parlamentarier verschiedenste Sportangebote erhalten.

Der Kapitän der Fußball-Mannschaft, Klaus Riegert von der CDU, verweist darauf, dass seine Mannschaft nicht nur regelmäßig gegen Prominenz aus Politik, Wirtschaft oder Sport spiele, sondern auch für soziale Zwecke. Eine der beeindruckendsten Begegnungen sei ein Spiel gegen eine Behindertenmannschaft aus dem Wahlkreis des ehemaligen Bundesfinanzministers Theo Waigel gewesen. "Wir haben zwar 4:3 gewonnen, aber das spielte keine Rolle", meinte der sportpolitische Sprecher der Union im DeutschlandRadio Berlin. "Wir hatten eine schöne dritte Halbzeit und das war das emotional Anrührendste."

Hanns Ostermann