Vor den Koalitionsgesprächen über Innen-, Gesundheits- und Sozialpolitik erklärte von Richthofen, allgemeine, unverbindliche Aussagen zum Sport, gepaart mit dem Hinweis, Deutschland werde ein guter Gastgeber bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sein, genügten nicht. „Der Sport besteht nicht nur aus der Ausrichtung von Highlights“, sagte der DSB-Präsident. „Er ist ein wichtiger gesellschaftlicher und sozialer Faktor, der auch im konstitutiven Regierungsprogramm festgeschrieben werden muss.“
Abbau von Bürokratie gefordert
So erwartet der deutsche Sport im Koalitionsvertrag eine Bestätigung für den Erhalt von Planstellen für Spitzensportler, die als Soldaten bei der Bundeswehr Dienst tun. Benötigt werde ferner die Sicherheit bei der Planung von Spitzensportaktivitäten - weil der Bund aus dem Etat des BMI den Hochleistungssport fördert, müsse im Koalitionspapier klargestellt werden, dass der Haushaltsansatz „Zentrale Maßnahmen“ nicht gekürzt wird. Zudem fordert der DSB, dass die Bedeutung der wissenschaftlichen Institute (IAT und FES) in Einvernehmen mit der Trainerakademie zu akzentuieren ist. Manfred von Richthofen: „Das Verhältnis zwischen dem unabhängigen Sport und der Bundesregierung muss gefestigt werden. Wir fordern, dass ein großer Teil der Bürokratie im Spitzensport abgebaut werden muss. Die Sportabteilung des BMI ist gefordert.“
Überdies erwartet der DSB im Koalitionsvertrag einen „deutlichen Hinweis“, dass das staatliche Wettmonopol erhalten bleibt. Der DSB-Präsident: „Diese Positionierung würde uns gegenüber den Ländern helfen.“ Eine weitere Forderung: „Die Zusammenarbeit im Schnittfeld Sport und Gesundheit muss weiter intensiviert werden. So ist die Stellung des Sports in der Prävention zu erhalten und zu stärken.“ Ob dies nun mit einem Präventionsgesetz erfolgt, das in der vergangenen Legislaturperiode der Bundesrat gestoppt hatte, in dem eine Muss-Bestimmung die gesetzlichen Krankenkassen in die Pflicht nimmt, oder ob dies in der Absicherung und Verstärkung der gegenwärtigen Vorschriften im Sozialgesetzbuch vollzogen wird, bleibe als Forderung aus Sicht des DSB offen, erklärte der Präsident. Wesentlicher Schwerpunkt der Sportpolitik des Bundes sollte schließlich der Fortbestand des Sonderförderprogramms für Sportstätten, „Goldener Plan Ost“, in der ab 2007 angedachten Ausgestaltung eines „Goldenen Plans 3“ für das gesamte Bundesgebiet sein.
"Wolfgang Schäuble, ein Mann des Sports"
Der für das Amt des Bundesinnenministers benannte CDU-Politiker Wolfgang Schäuble, der bereits von 1989 bis 1991 dieses Amt wahrgenommen hatte, erklärte, oberstes Prinzip der Sportförderung des Bundes sei die Subsidiarität. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) wies Schäuble darauf hin, die Förderung müsse breit angelegt sein, um die „Vielfalt und Freiheit des Sports zu bewahren“. Der Sport müsse in einer stärkeren Verantwortung selbst über die ihm zufließenden Mittel entscheiden, was allerdings eine nachträgliche Überprüfung nicht ausschließe. Damit reagierte Schäuble auf die Forderung des DSB-Präsidenten, den Bereich Leistungssport im DSB von „unnötiger Bürokratie“ zu entlasten, was wiederum zu einer Verstärkung der sporttechnischen Kompetenzen und Steuerungsaufgaben führen soll.
Der Bundestagsabgeordnete Klaus Riegert, seit 1994 sportpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, geht davon aus, dass die Koalitionsvereinbarung einige markante Aussagen zum Sport enthalten wird. „Es gibt eine hohe Übereinstimmung, dass der Sport wie in den letzten Legislaturperioden mit Eckpunkten Berücksichtigung finden sollte“, erklärte der Parlamentarier in Berlin. Deshalb habe sein Fraktionsstab bereits ein Themenpapier gefertigt, dass in die Verhandlungen mit den Sozialdemokraten auf Parteien-Ebene gehen soll.
Riegert hatte bereits am Rande der konstituierenden Sitzung der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages ein längeres Gespräch mit dem designierten Innenminister geführt. „Wolfgang Schäuble ist ein Mann des Sports und wird es auch bleiben“, erklärte Riegert. Bei der Unterredung ging es um Grundfragen der Sportpolitik. So wurde auch darüber gesprochen, dass sich die Union von einem Anti-Doping-Gesetz keine effektiven Maßnahmen im Kampf gegen die biochemische Manipulation im Spitzensport verspricht - hier seien andere Akzente zu setzen, wie die von der Union schon lange geforderte Verbesserung der Doping-Analytik, zum Beispiel Ermöglichung von Steroid-Profilen. Angedacht wurde dabei auch, wie der Sport konkret als Träger von Präventionsmaßnahmen im Gesundheitswesen weiter gestärkt werden könnte.
Kürzungen bei allen Etatposten?
Noch unklar ist, wie sich Schwarz-Rot bei Einsparungen im Sport positioniert. Unter dem benannten Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) könnte es zu Kürzungen bei allen Etatposten kommen. Schon unter dem scheidenden Finanzminister Hans Eichel (SPD) war die Streichung des Goldenen Plans Ost betrieben worden, die der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert durch alljährlich langwierige Verhandlungen abblocken und abfedern konnte. Das sogenannte Koch/Steinbrück-Papier, das vor zwei Jahren veröffentlicht worden war, verlangt einen Abbau von Subventionen nach der „Rasenmäher-Methode“. In diesem Forderungskatalog waren die Fördergelder für den Sport als „Subventionstatbestand“ benannt worden, was von Sportpolitikern aller Fraktionen zurückgewiesen wurde.
Nach dem gegenwärtigen Zeitplan wird der Sportausschuss am Mittwoch, 30. November, zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. Zuvor wird wohl am 21./22. November die Kanzlerwahl und die Ernennung des Kabinetts auf der Berliner Tagesordnung stehen. Unmittelbar darauf werden die Ausschüsse besetzt, für die sich in der sogenannten „Teppichhändlerrunde“ längst Abgeordnete aus allen Fraktionen empfohlen haben, was allerdings bei den Großen nach dem Länderproporz zu gewichten ist; zudem werden die Obleute, die Fraktionssprecher, bestimmt. Parallel dazu steht die Verhandlung über den Ausschussvorsitz an. Da sich das BMI CDU-dominiert aufstellt, wird nach allgemeiner Einschätzung der Vorsitzende des Sportausschusses ein SPD-Politiker werden.