China war dabei ein selbstbewusster und äußerst erfolgreicher Gastgeber. Mehr als 160 Nationen, mit 2.000 Athleten und Offiziellen, nahmen an diesen Meisterschaften teil, und für das Organisationskomitee der Olympischen Spiele 2008 war auf diese Weise ein besonderes Experiment möglich, das im Nachhinein als ein Meilenstein bezeichnet werden kann. Wie nie zuvor engagierte sich die Stadt Peking für diese Juniorenweltmeisterschaft. So wurden allein 20 Mio. Euro für die Durchführung dieses Wettkampfes, inklusive der Renovierungsarbeiten, die im Stadion notwendig gewesen sind, zur Verfügung gestellt.
Den Veranstaltern wurde ein Umfang an Werbefläche zugebilligt, wie man es in Metropolen dieser Welt wohl an keinem anderen Ort antreffen kann. Doch nicht nur die Werbeaktivitäten und die Promotion des Wettkampfes waren beispielhaft, auch der Empfang am modernen Flughafen in Peking war bestens organisiert. Gleiches gilt für die Akkreditierung der Mannschaften und für die Unterbringung der Teams in modernen Vier- oder Fünf-Sternehotels.
Neue Ideen im Stadion
Beim Wettkampf selbst brillierten die chinesischen Athleten mit herausragenden Leistungen. In der Nationenwertung belegten sie Platz eins in der Punktewertung und Platz zwei nach der Anzahl der erreichten Goldmedaillen, was angesichts der langfristigen Vorbereitung der Olympiamannschaften auf Peking 2008 kaum mehr als eine Überraschung gelten darf. Für die Kampfrichter war es ein wichtiger Test-Wettbewerb. Beobachtet von den internationalen Experten, haben auch sie ihre Bewährungsprobe bestanden. Die Konzeption des sogenannten Event-Presentation-Programms war kreativ und teilweise auch wagemutig. Die Siegerehrungen hatten beinahe olympische Qualität. Die Ansagen der Sprecher waren fachlich kompetent und sprachlich gelungen. Neue Ideen wurden erprobt, die allerdings teilweise auch gewöhnungsbedürftig waren. So z.B. die Soundbegleitung der Diskuswürfe, bei denen der Flug mit einem Starfightergeräusch und das Auftreffen am Boden mit einem Bombeneinschlag begleitet wurden.
Hygieneprobleme und unzureichendes Angebot in den VIP-Bereichen
Natürlich gab es auch Schattenseiten. So hat die Kommunikation zwischen den Gästen, dem Veranstalter, der IAAF und dem Gastgeber in Peking immer wieder unter den unzureichenden Sprachkenntnissen der Chinesen gelitten. Der Veranstaltung standen wohl viele, nach Ansicht vieler Experten sogar zu viele freiwillige Helfer zur Verfügung. Diese waren sehr freundlich. Doch waren sie nicht in der Lage, wenn es erforderlich war, notwendige Entscheidungen zu treffen. Die Befehl-Gehorsam-Strukturen waren allenthalben zu beobachten. Das Denken und Handeln der Helfer war von den nach wie vor vorhandenen hierarchischen Strukturen Chinas geprägt. Teilweise wurden auch Hygieneprobleme beklagt. Gewiss gab es den einen oder anderen Aspekt der Unordnung, den einige Gastmannschaften als nicht hilfreich empfunden haben. Hospitality-Marketing scheint darüber hinaus noch immer, insbesondere für die Leichtathletik, ein Fremdwort in China zu sein. Wohl wurden VIP - und VVIP-Räume unterschieden, doch die angebotenen Leistungen waren im Vergleich zu dem, was üblicherweise die chinesische Küche in Peking zu bieten hat, eher als unzureichend und nicht stimmig zu bewerten.
Test mit sehr guten Noten bestanden
Gewiss könnte die Liste der kleinen Mängel fortgeführt werden, doch was bleibt, ist der große Erfolg der Organisatoren, der dadurch nicht beeinträchtigt werden kann. Die Werbung hat bewirkt, dass auch Chinesen, die nicht direkt an der Leichtathletik interessiert sind, die Wettkämpfe besucht haben, ohne dass sie einer Direktive unterlagen, wenngleich die große Mehrheit der Gäste sich aus Schulklassen und studentischen Gruppen zusammensetzte. Die technischen Bedingungen im Stadion, die für die Wettkämpfe der Athleten anzutreffen waren, können als vortrefflich bezeichnet werden. Das Stadion entsprach mit einer neuen Tartanbahn und neuer technischer Ausstattung höchsten internationalen Belangen, und die sportlichen Leistungen, die in diesem renovierten Stadion von den Athleten präsentiert wurden, zeugen von einer enormen Leistungsentwicklung in der Weltleichtathletik. Die Juniorenweltmeisterschaften von Peking 2006 werden für die Athleten von bleibender Erinnerung sein. Das Organisationskomitee der Olympischen Spiele 2008 hat mit diesen Weltmeisterschaften einen weiteren Test mit einer sehr guten Note bestanden. Leichtathletik, die Mutter aller olympischen Sportarten, wird in Peking 2008 ohne Zweifel ein herausragendes Ereignis sein.