Energie-Lockdown verhindern: Bewegungs- statt Wärmeinseln!

Werden wir im Winter erneut vor verschlossenen Hallen stehen oder uns darin aufwärmen, fragen Maike Weitzmann und Christian Siegel. Der Sport hätte erneut das Nachsehen.

Werden die Hallen in diesem Winter wieder leer bleiben ? Foto: LSB NRW
Werden die Hallen in diesem Winter wieder leer bleiben ? Foto: LSB NRW

Die Warnungen vor düsteren Zeiten wegen mangelnder Gasversorgung nehmen zu. Täglich neue Schlagzeilen über ein Albtraumszenario für den Sport wie „Sport droht Energie-Lockdown“, „Kommunen stellen Warmwasser ab“, „Bäder machen dicht“, „Wärmeinseln in Sporthallen“, „Flutlichtverbot“ und „Gaspreisexplosion führt zu Vereinssterben“ haben Hochkonjunktur.

Insbesondere nach der anerkannten politischen Bedeutungszuschreibung des Sports und infolge des Auslaufens der staatlichen Corona-Auflagen verwundern diese „Aufmacher“ doch sehr. Zumal die Bundespolitik mit dem fast 500 Millionen Euro umfassenden Paket zur Unterstützung des Breitensports ein ganz wichtiges Signal gesendet hat, um nach dem pandemischen Stillstand Deutschland wieder in Schwung zu bringen. Man muss sich das vorstellen: Entweder stehen wir zur Heizperiode vor verschlossenen Hallen, müssen wie zur Hochzeit der Pandemie den Großteil der Zeit in unseren Vier-Wänden verbringen, da Sporthallen nicht mehr beheizt werden können. Oder wir gehen in warme Sporthallen, um uns aufzuwärmen. Diese Vorschläge sind so gegensätzlich wie sie nur sein können. In beiden Fällen hat der Sport - mal wieder - das Nachsehen.

Wir warnen eindringlich davor, in der sich nun abzeichnenden Energiekrise die Fehler aus der Corona-Pandemie zu wiederholen und Schwimmbäder und weitere Sportstätten erneut zu schließen – wie es offensichtlich aus höchsten kommunalpolitischen Kreisen gefordert wird. Die Gesellschaft in Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen. Neben der Überwindung der Pandemie gilt es, Krieg und Fluchtbewegungen zu begegnen, einen Umgang mit dem Klimawandel und dem demografischen Wandel zu finden und Deutschland zu modernisieren. All diesen Herausforderungen stellt sich der organisierte Sport, nimmt seine gesellschaftliche Verantwortung wahr, bietet Unterstützungs- und Hilfeleistungen und arbeitet zielgerichtet an Lösungen. Vor allem aber trägt Sport und Bewegung zur Gesundheitsförderung bei.

Für den Vereinssport stellt sich die aktuelle Situation existenzbedrohend dar. Durch die Corona-Pandemie haben Sportvereine an Mitgliedschaften verloren. Nun treffen die Sportvereine die extremen Energiepreissteigerungen entweder bei vereinseigenen Sportstätten direkt oder bei der Nutzung kommunaler Sportstätten unmittelbar über exorbitante Umlagen. Weniger Mitglieder und dadurch geringere Einnahmen sowie gleichzeitig höhere Ausgaben durch Energiepreis-steigerungen bedrohen die Sportvereine immens. Beitragserhöhungen sind keine Option, da die Vereinsmitglieder auch privat massiv von den Preissteigerungen betroffen sind. Erschwerend kommt der hohe Sanierungsstau der Sportstätten hinzu. Viele Sportstätten sind in hohem Maße (energetisch) sanierungsbedürftig und damit meist abhängig von fossilen Energieträgern. Diese Abhängigkeit gilt es in Zukunft zu reduzieren. Auf kurz- und langfristige Sicht dürfen die Kommunen und Sportvereine mit den Energiepreissteigerungen nicht allein gelassen werden. Hierbei bedarf es der Unterstützung durch Bund und Länder. Denn die Aufgaben zur kommunalen Daseinsvorsorge, zu denen auch der Sport gehört, sind in gesamtgesellschaft-lichem Interesse und müssen entsprechend gesamtgesellschaftlich getragen werden.

In der jetzigen Phase müssen wir alle unseren Beitrag zu Energieeinsparungen leisten. Dazu ist selbstverständlich auch der Sport bereit und hat hierzu bereits einen Maßnahmenkatalog erarbeitet. Einen pauschalen und flächendeckenden Sport-Lockdown darf es nicht wieder geben. Sporthallen und die für das Schwimmen lernen geeigneten Bäder bzw. Wasserflächen müssen so lange wie möglich geöffnet bleiben und intensiv genutzt werden.

Der vereinsbasierte und gemeinwohlorientierte Sport ist wesentlich mehr als eine Freizeitaktivität. Er ist unverzichtbarer Teil der sozialen Daseinsvorsorge und erfüllt wichtige soziale und gesund-heitsfördernde Funktionen für die Gesellschaft. Der besondere, gesellschaftliche Stellenwert des Sports, der angesichts der mannigfaltigen Herausforderungen unserer Zeit stetig wächst, muss auch bei allen Entscheidungen zur Gas- und Wärmeversorgung berücksichtigt werden.

Wie können wir uns die Zukunft des Sports vorstellen, wenn bei jeder gesellschaftlichen Krise über Schließungen und Zweckentfremdungen von Sporthallen diskutiert wird, der Sport somit seine eigentliche Funktion nicht mehr übernehmen kann? Dieses Krisenszenario möchten wir uns gar nicht vorstellen …

(Autor*innen: Christian Siegel, Ressortleiter „Sportstätten, Umwelt und Nachhaltigkeit“ und Maike Weitzmann, Referentin „Sportstätten, Umwelt und Nachhaltigkeit“)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Werden die Hallen in diesem Winter wieder leer bleiben ? Foto: LSB NRW
    Leere Sporthalle mit Tor, Matten und Basketballkörben Foto: LSB NRW