Erste Ergebnisse der Schulsportuntersuchung Ende 2004

 

Die Situation des Schulsports in Deutschland wird sich schon bald viel klarer darstellen lassen. Bis Ende nächsten Jahres werden die

ersten Ergebnisse der jetzt begonnenen bundesweiten „Untersuchung der aktuellen Situation des Schulsports in Deutschland“ an allen Schultypen vorliegen, die gemeinschaftlich vom Deutschen Sportbund und der Deutschen Sportjugend in Auftrag gegeben wurde. Nach Angaben von Prof. Wolf-Dietrich Brettschneider von der Universität Paderborn, der unter sechs sportwissenschaftlichen Instituten die Federführung inne hat, ist der Zeitrahmen zwar knapp gesteckt, aber einzuhalten.

Bis Mitte dieses Jahres sollen als erstes die Fragebogen als Instrumentarium ausgearbeitet und mit den Kultusministerien abgestimmt sein. Anschließend erfolgen die Befragungen an rund 200 Schulen mit circa 7000 Schülerinnen und Schülern sowie die ersten Auswertungen. „Die Untersuchung kann einen wertvollen Beitrag leisten, Strategien und Maßnahmen zu finden, die Qualität des Schulsports zu sichern und verbessern, gleichzeitig aber auch erkennbare Defizite zu beseitigen“, sagte Manfred von Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes, bei der Präsentation der Untersuchungs-Details in Berlin.

Der Deutsche Sportbund teilt sich mit den fünf Bundesländern der nationalen Olympia-Bewerberstädte - Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen - die Finanzierung der Kosten von 250.000 Euro für die in Europa bisher einmalige Analyse. Aus der Sicht von Ingo R. Weiss, des Vorsitzenden der Deutschen Sportjugend, sollen durch die Untersuchung eine Bestandsaufnahme der Schulsport-Situation und vor allem Argumente für die Diskussionen mit den Kultusministerien geliefert werden.

„Es geht um den Nachweis einer Situation“, meinte Weiss in Berlin. „Bisher können wir nichts nachweisen, wenn wir kritisieren. Deshalb müssen wir vorsichtig mit unserer Kritik umgehen.“ Für ihn ist klar, dass es nicht zum Besten um den Schulsport bestellt ist: „Der Schulsport krankt, aber wir wissen nicht, ob es Fußpilz oder Malaria ist.“ Alle wissenschaftlichen Untersuchungen belegen aber die mangelnde Fitness unserer der Kinder und Jugendlichen, worauf auch Manfred von Richthofen in Berlin noch einmal hinwies.

Das vordringlichste Ziel von Brettschneider ist es, die Rahmenbedingungen an allen sechs Schultypen in Deutschland zu untersuchen, um dann etwas über die Wirkung des Schulsports sagen zu können. Dafür will er Schüler, Eltern, Lehrer und Schulleiter befragen und diese Datensätze dann miteinander in Bezug bringen. Neben einer allgemeinen Befragung wird es bei extrem schlechten oder guten Ergebnissen auch noch Einzelfall-Untersuchungen für ein genaueres Urteil geben. Ziel der Analyse sind unter anderem die Lehrpläne der Länder, die Leistungsbereitschaft von Schülern und Lehrern, die Belastung durch den Sport, schulische Bedingungen sowie die Vor- und Ausbildung von Lehrern. Aber auch die Atmosphäre an den Schulen, ob sportgünstig oder eher ablehnend, soll ebenso in die Untersuchung einfließen wie die Sportstätten-Situation. „In dem Forschungsvorhaben wird es generell darauf ankommen, das Spannungsverhältnis, das zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht, offen zu legen“, meinte Richthofen.

Die Befragung wird auf die sieben Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Baden-Württemberg, NRW, Schleswig-Holstein und Hamburg konzentriert sein. Die Ergebnisse werden durch eine spezifische, wissenschaftlich abgesicherte Auswahl für Deutschland repräsentativ sein. Neben der Universität Paderborn sind noch die Universitäten von Magdeburg (Dr. Rüdiger Heim), Essen (Prof. Werner Schmidt), Frankfurt (Prof. Robert Prohl) und Augsburg (Prof. Helmut Altenberger) sowie die Deutsche Sporthochschule in Köln (Prof. Volker Rittner) involviert. Jede einzelne Hochschule befasst sich mit einem spezifischen Themenbereich. In Paderborn erfolgt die Zusammenführung.

DSB-Präsident Manfred von Richthofen sieht nach jahrelangem Schweigen über die Situation des Schulsports endlich Bewegung in der Debatte mit der Kultusministerkonferenz. „Wir erhoffen uns von der Studie eine deutliche Signalwirkung“, sagte Richthofen. Durch die Studie würde ein Ranking der Länder entstehen, und es würde einige geben, die in dieser Rangfolge unten stehen. Bei den Kultusministern glaubt der DSB-Präsident dann an einen Druck zum Handeln. Die Wichtigkeit des Themas Gesundheit der Kinder werde immer mehr Verantwortlichen bewusst. Beim Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder sei es immerhin die Nummer eins der Tagesordnung gewesen. „Es geht um das Wertvollste, das unsere Gesellschaft besitzt, um unsere Kinder und Jugendlichen, um unsere Zukunft“, sagte Richthofen.