Gestalten wir gemeinsam ein bewegungsfreundlicheres Land!

Die Pandemie hat Auswirkungen auf die physische, psychische und soziale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen. Die Sportvereine könnten helfen.

Bewegung sollte ein elementarer Bestandteil des gesunden Aufwachsens von Kindern sein. Foto: picture-alliance
Bewegung sollte ein elementarer Bestandteil des gesunden Aufwachsens von Kindern sein. Foto: picture-alliance

Was für ein Tag: Eine öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag zum Kinder- und Jugendsport! Am 14. April 2021 war es soweit, zur Aussprache über den 4. Kinder- und Jugendsport-bericht „Gesundheit, Leistung und Gesellschaft“ hatte die Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag, Wissenschaftler und handelnde Akteur*innen aus der Kinder- und Jugendsportarbeit in den Reichstag geladen. Dafür gebührt dem Sportausschuss des Bundestages ein großer Dank.

Vielleicht war es Schicksal, dass der Termin in die entscheidende Sitzungswoche der Diskussionen um das neue Infektionsschutzgesetz fiel; in jedem Fall war es eine gute Gelegenheit, dem Kinder- und Jugendsport eine starke Stimme zu verleihen, wie es dies bisher selten gab im politischen Berlin. Gut orchestriert beschrieben Deutsche Behindertensportjugend, Deutsche Kinderturnstiftung, der DOSB, die dsj sowie die Autoren des Kinder- und Jugendsportberichtes und ein weiterer Wissenschaftler den dramatischen Zustand des organisierten Kinder- und Jugendsports in Deutschland. Nicht nur, aber vor allem aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie.

Bewegung sollte ein elementarer Bestandteil des gesunden Aufwachsens von Kindern sein. Der aktuelle Kinder- und Jugendsportbericht hat das noch einmal eindrucksvoll bestätigt. Der Bericht thematisiert unter anderem den Bewegungsmangel von Kinder- und Jugendlichen und den damit verbundenen Anstieg von Fettleibigkeit. Das war auch schon vor dem Pandemiegeschehen der Fall. Doch verstärkt durch die Situation im Lockdown geht die tägliche Bewegungszeit immer weiter zurück und die gesundheitlichen Probleme werden schlimmer.

Turnhallen und Sportplätze sind teilweise seit Monaten geschlossen. Viele Kinder haben verlernt, zu spielen, sich unbeschwert zu bewegen und Kontakt zu Gleichaltrigen aufzubauen. Der Sportverein als Bildungsakteur konnte über einen langen Zeitraum nicht wirken. Viele Jugendliche sind in virtuellen Welten versunken.

Und das hat Auswirkungen: Auf die physische, psychische und soziale Gesundheit aller Kinder und Jugendlichen!

Sportvereine und -verbände kämpfen seit über einem Jahr mit Kreativität und Leidenschaft gegen diese dramatischen Entwicklungen. Ein Kampf gegen Windmühlen, wenn viele politisch Verantwortliche trotz detaillierter Hygienekonzepte und höchst disziplinierten Verantwortlichen in den Vereinen nicht bereit sind, gemeinsam an differenzierten Lösungen zu arbeiten.

Selbstverständlich müssen die Gesundheit aller und die Bekämpfung der Pandemie immer allerhöchste Priorität genießen, allerdings wäre auch unter dieser Prämisse viel mehr möglich gewesen. Stattdessen verzweifeln insbesondere die Sportvereine an der Basis angesichts des Zuständigkeitswirrwarrs und dem häufigen Umhergeschiebe von Verantwortlichkeiten.

Diese Verantwortung übernimmt der Sport nur zu gerne.

Fast jedes zweite Kind, jeder zweite Jugendliche ist Mitglied in einem Sportverein. Neben der wichtigen Rolle für Bewegungsförderung und Sport haben Vereine eine besondere Bedeutung für die gesellschaftliche Teilhabe, Bildung und Persönlichkeitsentwicklung. Der niederschwellige Zugang ist ein einmaliger Türöffner, um über den Sport junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken und Werte zu vermitteln. Aber auch, um beispielsweise Digitalisierung und soziale Teilhabe in einem geschützten Umfeld zu fördern.

Mit der realen und wertebasierten Gemeinschaft im Sportverein kann zudem ein Kontrapunkt zu erstarkenden demokratiefeindlichen Kräften gesetzt werden – für Sport, Gesundheit, Bewe-gungsfreundlichkeit, Gemeinschaft und Teilhabe, junges Engagement und eine starke Demokratie.

Um Einsamkeit und Bewegungsmangel von Kindern und Jugendlichen zu begegnen, bedarf es nun eines Neustarts des Kinder- und Jugendsports und einer anschließenden ganzheitlichen und nachhaltigen Stärkung.

Wir müssen Sport und Bewegung als Querschnittsaufgabe über alle gesellschaftlichen und politischen Bereiche hinweg begreifen.

Zumindest die Abgeordneten des Sportausschusses haben dies in der Anhörung dankenswerterweise deutlich unterstützt und auch in den Fraktionen, bei anderen Fachpolitiker*innen sowie den Beratungen zum Infektionsschutzgesetzentwurf scheint der Appell auf fruchtbaren Boden zu stoßen.

„Grau is alle Pandemie - Entscheidend is auf`m Platz.“ Gestalten wir gemeinsam ein bewegungsfreundlicheres Land!

(Autor: Benny Folkmann, 2. Vorsitzender der dsj)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Bewegung sollte ein elementarer Bestandteil des gesunden Aufwachsens von Kindern sein. Foto: picture-alliance
    Kinder spielen im Grünen Foto: picture-alliance