Drei von vier Hochaltrigen (76 Prozent) geben an, Freude und Erfüllung in tiefgehenden Begegnungen mit anderen Menschen zu finden. 44 Prozent sind davon überzeugt, dass ihre Lebenserfahrung eine Hilfe für nachfolgende Generationen bedeuten kann. Die Studie, die der Generali Zukunftsfonds jetzt in Köln vorgestellt hat, wurde konzipiert und durchgeführt vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. Sie soll – in Fortsetzung der Generali Altersstudie – das in der Öffentlichkeit vorherrschende defizitäre Altersbild der Generation 85 plus korrigieren. Befragt wurden rund 400 Personen im Alter von 85 bis 99 Jahren in biografischen Interviews sowie, in einem zweiten Teil, Mitarbeitende in Kommunen, Kirchen, Vereinen, Organisationen und Verbänden zu den Möglichkeiten und Grenzen der Teilhabe über 85-Jähriger (rund 800 beantwortete Fragebögen).
„Die Überzeugung, aktiver Teil der Gesellschaft zu sein, das eigene Wissen weitergeben und somit in nachfolgenden Generationen fortleben zu können, ist für Hochaltrige existentiell“, sagt Prof. Andreas Kruse, Direktor des Heidelberger Instituts. „Möglichkeiten des Austauschs und der Mitgestaltung wirken sich zudem positiv auf den Umgang mit der eigenen Verletzlichkeit aus.“
Wissen weitergeben
Fast drei Viertel (72 Prozent) der befragten Hochaltrigen beschäftigen sich intensiv mit dem Schicksal nachfolgender Generationen, mehr als zwei Drittel (68 Prozent) unterstützen Nachbarn im Alltag und mehr als jeder Zweite (54 Prozent) gibt Wissen an Jüngere weiter. Auch innerhalb der Familie bringen sich die Hochbetagten ein: 85 Prozent beschäftigen sich mit dem Lebensweg von jüngeren Familienmitgliedern, 65 Prozent unterstützen Angehörige im Alltag, 49 Prozent helfen ihrer Familie finanziell.
„Das Bild, das der überwiegende Teil der Gesellschaft von über 85-Jährigen hat, ist das eines pflegebedürftigen Menschen. Diese geradezu altersdiskriminierende Vorstellung wird aber den Hochbetagten nicht gerecht. Sie wollen sich nicht auf körperliche Defizite reduzieren lassen, sondern vielmehr als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft anerkannt werden. Sie wünschen sich mehr Möglichkeiten der Teilhabe“, sagt Dietmar Meister, Vorstandsvorsitzender der Generali Deutschland Holding AG.
85% wünschen sich mehr Vertrauen
Welche Rahmenbedingungen fördern die gesellschaftliche Einbindung der Hochaltrigen? Auch hierzu wurden diese befragt: 85 Prozent wünschen sich, dass ihnen mehr Vertrauen entgegengebracht wird, 65 Prozent sprechen sich für motivierende und inspirierende Altersbilder in Politik und Medien aus, 32 Prozent für ausreichende Mobilität durch eine altersfreundliche Verkehrs-gestaltung.
Der Bereitschaft von Seiten der Hochaltrigen, für andere da zu sein, steht entgegen, dass gesellschaftliche Einrichtungen wie Kommunen, Kirchen, Vereine, Organisationen und Verbände diese Erfahrung kaum abfragen. Mit 77 Prozent gab die große Mehrheit der im zweiten Teil der Studie Befragten an, dass bisher keine Initiativen unternommen wurden, um Hochaltrige für eine aktive Teilhabe zu gewinnen. Bei 82 Prozent ist dies auch in naher Zukunft nicht in Planung.
Dabei stimmen 92 Prozent der Aussage zu, dass die Erfahrung eine Stärke des hohen Alters ist, neben Wissen (79 Prozent) und Zeit (78 Prozent). Jedoch vermuten 73 Prozent in der Gesund-heit der über 85-Jährigen eine Barriere. Jeweils etwa zwei Fünftel denken, dass mangelndes Interesse (40 Prozent) oder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten (44 Prozent) Hinderungsgründe seien.
Besser auf Hochbetagte einstellen
„In Sachen Demografiefestigkeit herrscht in Städten und Gemeinden absoluter Nachholbedarf: Wir müssen uns auf die wachsende Zahl Hochbetagter besser einstellen, Angebote der Teilhabe schaffen und sicherstellen, dass diese auch von sehr alten Menschen erreicht und genutzt werden können. Sie dürfen nicht auf dem Abstellgleis landen“, resümiert Loring Sittler, Leiter Generali Zukunftsfonds.
Die für die Studie befragten rund 400 Menschen zwischen 85 und 99 Jahren bilden einen aussagekräftigen Querschnitt ihrer Generation: Sie leben in verschiedenen Wohnformen und sind in unterschiedlichem Maße selbstständig oder auf Pflege- und Unterstützungsleistungen angewiesen. Allein Frauen und Männer mit einer Demenzerkrankung wurden nicht befragt. Die Studie stellt mit ihrem Fokus auf die über 85-Jährigen eine Ergänzung der Generali Altersstudie 2013 dar, die sich mit der Lebenswelt der 65- bis 85-Jährigen beschäftigt.
(Quelle: Generali Zukunftsfonds)