Mit diesem Jahresmotto begrüßte Hörmann die rund 300 Gäste aus Politik und Sport im Kaisersaal des Frankfurter Römers, darunter Peter Beuth, Hessens Minister des Innern und für Sport, die Bremer Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport, Anja Stahmann, die seit Jahresbeginn Vorsitzende der Sportministerkonferenz ist, und den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der als neuer Vorsitzender der Ethik-Kommission die Festrede hielt.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden drei junge Sportler für ihre besonderen schulischen und sportlichen Leistungen des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Stabhochspringerin Leni Wildgrube wurde bei der bundesweiten Auszeichnung als Erstplatzierte geehrt vor dem Kanuten Jakob Thordsen auf Platz zwei sowie der BMX-Fahrerin Lara Lessmann, die sich über Platz drei der Auszeichnung „Eliteschüler/in des Sports 2018“ freuen durfte (siehe eigenen Bericht).
Alfons Hörmann nahm in seiner Begrüßung die sportlichen Ereignisse der ersten Wochen des Jahres als Beispiele für das, was den Sport ausmache, aber auch bedrohe. So zeigte er sich überzeugt, "dass wir vor einem faszinierenden weiteren Sportjahr stehen und auch ohne Olympische Spiele keine Langeweile aufkommen wird". Nach der gelungenen Heim-WM könnten die Handballer die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio 2020 mit noch mehr Mut angehen. Zudem erwarte er, dass das gute Abschneiden mit Platz vier der Sportart Handball in Deutschland Auftrieb geben werde.
Fragwürdige Entscheidungen im Anti-Doping-Kampf
Zugleich beschwor Hörmann den notwendigen internationalen Schulterschluss im Anti-Doping-Kampf. Er äußerte Unverständnis über eine Meldung vom selben Tag, nach der der langjährige Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), David Howman, beklagte, dass der weltweite Kampf gegen Doping seit langer Zeit nicht der sei, der er sein müsste.
„Wie kann das jemand formulieren, der dreizehn Jahre lang an der Spitze der Organisation war?“, fragte Hörmann und erklärte angesichts der Diskussion um die kommende neue WADA-Führung: „Es kann nur jemand sein, der in diesem Laden der WADA endlich einmal sauber aufräumt.“ Die vielen fragwürdigen internationalen Entscheidungen in diesem Thema führten jedenfalls in Deutschland dazu, „dass es mehr und mehr schwerfällt, es nach innen zu erklären“, sagte der Präsident. "Für den deutschen Sport darf ich versichern, dass das Präsidium sich klar und messerscharf positionieren wird."
Vereine als gelebte Werteschulen
Hörmann blickte auch zurück auf den „ersten Neujahrsempfang“ des Sports in diesem Jahr: die Preisverleihung der „Goldenen Sterne des Sports“ in der vorigen Woche in Berlin gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Wir haben wieder einmal beeindruckende Einzelbeispiele als die positiven Vorbilder der 90.000 Vereine kennenlernen und erleben dürfen“, sagte Hörmann. Mit Steinmeier, dem DOSB-Schirmherrn, sei er sich einig, "dass Vereine die gelebten Werteschulen sind“.
Nicht nur an der Basis, sondern auch an der Leistungssportspitze habe sich in dieser Woche einiges getan: im Rodeln, Skifahren, Biathlon und Handball. Gerade die deutsche Handball-Mannschaft habe begeistert, sagte Hörmann, erzählte aber auch aus eigener Anschauung in der Halle, „wie überschaubar die Fangemeinde war, wenn es darum ging, eine Mannschaft zu trösten, weil sie Vierte geworden ist“. Das sei in der Diskussion um Werte des Sports ebenfalls kritisch zu hinterfragen.
Werteorientiertes Sportmanagement
Auch im internationalen Sport habe es Rückschläge und zugleich konsequentes Handeln gegeben. Malaysia wird die Para-Schwimm-Weltmeisterschaft entzogen, weil die Sicherheit von israelischen Sportlern nicht gewährleistet ist. „Das sind die Signale für ein eindeutig und klar werteorientiertes Sportmanagement“, sagte Hörmann und empfahl zu prüfen, ob diese Weltmeisterschaften nicht in Deutschland ausgerichtet werden könnten. „Damit würden wir einmal mehr zeigen, dass wir uns der ganz besonderen Verantwortung im Hinblick auf das Thema Israel bewusst sind.“
Die Diskussion über e-Sport sei ein Beispiel für die Schwierigkeit, "die Werte so zu leben, wie wir uns das vorstellen", erklärte Hörmann. Er ging damit auf den hessischen Minister Beuth ein, der sich in seinem Grußwort kritisch zum Thema geäußert und die Postionierung des DOSB gelobt hatte. Computerspielen sei genauso wenig Sport wie Stricken oder Blockflöten, sagte Beuth. Die Grundsatzentscheidung des DOSB sei ein guter Kompromiss.
Nicht dem Mainstream gefolgt
"Wir hätten es uns einfacher machen und dem Mainstream folgen können", sagte Hörmann. Doch der DOSB habe sich klar positioniert unter Berücksichtigung der "Werte, die uns wichtig sind". Die Autonomie des Sports dürfe auch in solchen Themen niemals unterlaufen werden. "Wir formulieren: e-Sport existiert in dieser Form nicht! Und es wird auch nicht ins olympische Programm kommen! An dieser und anderer Stelle werden wir die Werte des Sports pflegen“, sagte Hörmann und zitierte Alfred Herrhausen, einen der großen Frankfurter Banker: „Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen das, was wir sagen, auch tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“
Bevor sich die Ethik-Kommission des DOSB am Nachmittag konstituierte, griff Thomas de Maizière diesen Faden auf und sprach unter dem Titel "Entscheidend ist aufm Platz" von Lautstärke, Übermaß und Aufgeregtheit im Umgang mit gesellschaftlichen Institutionen.
Vom Umgang mit Institutionen
Er bescheinigte dem DOSB eine gute Basis für die Beachtung der Grundsätze guter Verbandsführung mit den Prinzipien Integrität, Transparenz, Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht, Partizipation und Einbindung. Es gebe Ethikcode, Interessenregister und andere Dokumente. "Das ist schon ziemlich viel. Nicht alle vergleichbaren Verbände haben solch eine breite Papierlage. Da kann sich der DOSB gut blicken lassen", sagte de Maizière. "Aber es gilt auch: Papier ist geduldig. Entscheidend ist, was gelebt wird. Grau ist alle Theorie – entscheidend ist aufm Platz."
Doch die Wahrnehmung dessen, was stattfinde, hänge vom Standpunkt ab. Die subjektive Wirklichkeit werde zunehmend wichtiger, vor dem Hintergrund der eigenen feststehenden Position. Darin liege ein großes Problem. "Das Image wird wichtiger als die Substanz. Das ist ein großes Problem für Sport, aber auch für die ganze Gesellschaft", sagte der frühere Innenminister und warb dafür, wegen Fehlverhaltens von ganzen Institutionen, auch großer Sportverbände, nicht den Umkehrschluss zu ziehen, dass nur weil eine Institution groß sei, nur weil es um Politik, Kirche oder Sport gehe, sie allein deshalb gleich verachtenswert seien. "Es darf auch für große Institutionen hier keine publizistische Beweislastumkehr geben, dass sie nachweisen müssen, dass sie sich anständig verhalten. Das Image darf nicht das letzte Wort haben."
Was mit einer Gesellschaft passiere, in der große Institutionen per se in Verruf gerieten, das könnten wir in unserer eigenen Geschichte, zum Teil aber auch in den sozialen Medien besichtigen. Denn ein schlechtes Image habe Folgen, die ihrerseits weit über einzelne Institutionen hinausgingen. Sie könnten existenziell für die gesamte Gesellschaft werden.
Die Kraft der Differenzierung
"In dem Maße, in dem gesellschaftliche Institutionen an Ansehen und Bedeutung einbüßen, gehen nämlich auch Orientierung und die Stiftung von Gemeinschaft verloren", sagte de Maizière. "Wir verlieren mit einem Autoritätsverfall von Institutionen wichtige Kristallisationspunkte, an denen sich Jung und Alt, Arm und Reich, Rechts und Links begegnen, austauschen und bestenfalls orientieren. Je kleiner die Zahl und die Kraft anerkannter gesellschaftlicher Institutionen wird, desto schwieriger wird es deshalb auch, für Ausgleich und Vermittlung zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten zu sorgen."
Er warb dafür, die Kraft zur Differenzierung einzusetzen, bei Fehlverhalten ebenso wie bei vorbildlichem Verhalten. "Auch der Sport kennt nicht nur erste oder letzte Plätze. Das gilt auch für die Politik. Nicht jeder Fehler ist ein Skandal. Nicht jeder Erfolg ist gleich eine Zeitenwende. Nicht jedes Problem ist eine Katastrophe, nicht jedes Talent ist ein Hoffnungsträger. Wir brauchen Maß in der Beurteilung von Situationen." Das sehe er auch als eine Aufgabe einer Ethik-Kommission, wenn es um Missstände und Mängel gehe.
Die Festrede finden Sie hier >>>
(Quelle: DOSB)