Mitgliederzahlen auf dem Prüfstand

Die jährliche Bestandserhebung zeigt, Sportdeutschland erholt sich nur langsam von der Corona-Pandemie. Nur mit gemeinsamen Anstrengungen wird es gelingen, die Rückstände aufzuholen.

Die Mitgliederzahlen in den Vereinen steigen wieder an, erreichen allerdings nicht das Niveau vor der Corona-Pandemie. Foto: LSB NRW
Die Mitgliederzahlen in den Vereinen steigen wieder an, erreichen allerdings nicht das Niveau vor der Corona-Pandemie. Foto: LSB NRW

Die Zahlen der Bestandserhebung sind ein wichtiger und zentraler Indikator für die Vereinsentwicklung und sagen viel über den Zustand und die Beliebtheit unserer Sportvereine und Sportarten aus. Dabei ist die Bewertung allerdings sehr vielschichtig und es müssen zusätzliche Indikatoren wie die demographische Entwicklung, der Organisationsgrad nach Altersbereichen sowie weitere Daten der amtlichen Statistik und Studien in die Analyse einbezogen werden. Hier sehe ich den DOSB und seine Mitgliedsorganisationen zukünftig noch stärker in der Verantwortung. Unser Ziel muss es sein, ein transparentes und aussagenkräftiges Daten-Monitoring aufzubauen, um Entwicklungstendenzen früh festzustellen sowie Handlungsbedarfe für die Praxis abzuleiten. Um dies gemeinsam mit den Landessportbünden und Spitzenverbänden zu erreichen, nutzen wir im nächsten Jahr auch das ReStart-Programm.

Der Blick auf die jetzt vorliegenden Zahlen der Bestandserhebung bestätigt diese Notwendigkeit nachdrücklich und macht deutlich, dass aktuell vor allen Dingen die Mitgliederbasis von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen ist. Positiv ist sicherlich herauszustellen, dass der negative Trend aus dem ersten Pandemie-Jahr 2020 im letzten Jahr insgesamt aufgehalten werden konnte. Hier scheinen vor allen Dingen die Maßnahmen und Initiativen der Verbände geholfen zu haben - wissentlich, dass wir noch lange nicht auf dem Niveau der Zeit vor Corona sind. So gibt es gleichzeitig auch Verbände bzw. Sportarten, die auch im zweiten Corona-Jahr deutliche Mitgliederverluste zu verkraften hatten.

Der erneute Rückgang bei den eingetragenen Vereinen ist sicherlich ein weiteres, auffälliges Ergebnis der Erhebung, das wir zukünftig näher in den Blick nehmen müssen. Mit den jetzt gemeldeten 86.895 Vereinen können wir jedenfalls nicht mehr von den „Rund 90.000 Sportvereinen“ sprechen, die das Sportsystem wohlwollend beschreiben. Vielmehr gilt es zu analysieren, warum es seit dem Jahr 2014 jährlich zu immer mehr Vereinsschließungen und Fusionen kommt, als es zeitgleich Neugründungen gibt. Wo liegen die Gründe hierfür? Sind es tatsächlich schwindende Mitgliederzahlen, ist es das nachlassende ehrenamtliche Engagement oder sind es ausschließlich ländliche Strukturen, die vereinzelt von einem Vereinssterben betroffen sind? Oder liegt es an der Erkenntnis, dass eine Fusion mit dem Nachbarverein mehr Sinn macht, als allein zu bestehen? Auch hier benötigen wir mehr Wissen als die Statistik aktuell hergibt.

Zunächst muss unsere ganze Kraft und Priorität allerdings auf der Aufgabe liegen, den eingeschlagenen Weg für ein „Comback nach Corona“ fortzusetzen und die Kampagnen und Maßnahmen vor Ort weiter erfolgreich umzusetzen. Mit dem jetzt beginnenden „ReStart Programm - Sport bewegt Deutschland“ haben wir zusätzlich die Möglichkeit erhalten, finanzielle Fördermöglichkeiten bereitzustellen und aufbauend auf Maßnahmen der Länder die Verbands- und Vereinsarbeit nachhaltig zu stärken. Dabei steht auch die Thematik der Gewinnung und Bindung von Mitgliedern sowie ehrenamtlich Engagierten im Zentrum der Modellarbeit. Nur mit gemeinsamen Anstrengungen wird es uns gelingen, die Rückstände aufzuholen und neue Mitglieder für eine Beteiligung im Verein zu gewinnen. Wichtig wird jetzt sein, dass unsere Mitgliedsorganisationen und Vereine die Mittel unbürokratisch abrufen können und dies bundesweit erfolgen kann.

Dass mit den Auswirkungen des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die Vereine zusätzlich von der Energiekrise betroffen sind, ist dramatisch und stellt uns alle vor die nächste Herausforderung. Natürlich wird auch der Sport seinen Beitrag leisten und Einsparungen vornehmen, wo es möglich ist. Hierzu haben wir im September einen Stufenplan vorgelegt, der Vereinen hilft, entsprechende Maßnahmen selbst umzusetzen. Aber dies wird nicht ausreichen und die Politik ist auch hier gefordert, die Daseinsfürsorge weiterhin sicherzustellen und die immense Bedeutung des Sports für die Gesundheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu unterstützen. Wir werden nicht aufhören, dies mit aller Deutlichkeit und Vehemenz weiter einzufordern. Pauschale Schließungen von Sportstätten, Schwimmbädern und Turnhallen darf und wird es diesen Winter nicht geben (dürfen)!

(Autorin: Michaela Röhrbein, Vorstand Sportentwicklung)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.


  • Die Mitgliederzahlen in den Vereinen steigen wieder an, erreichen allerdings nicht das Niveau vor der Corona-Pandemie. Foto: LSB NRW
    Frauen beim Sport in einer Halle mit einem Spiegel Foto: LSB NRW