Die Präsidenten des Deutschen Sportbundes und des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland, Manfred von Richthofen und Dr. Klaus Steinbach, haben die Teilnehmer an den Verhandlungen über eine Fusion der Spitzenorganisationen des deutschen Sports aufgerufen, die Chance auf einen großen Wurf zu ergreifen und nicht in letzter Minute zu verspielen.
Beide Präsidenten warnten vor einer Legendenbildung, die den Fusionsprozess und eine Zukunft in einem gemeinsamen Haus des deutschen Sports nachhaltig belasten könne. Die Verhandlungsergebnisse seien nicht, wie behauptet, „Höhepunkt einer offenbar von langer Hand geplanten Täuschung“, sondern Ergebnis eines mehrmonatigen, fairen und konstruktiven Diskussionsprozesses unter Beteiligung der Betroffenen. Die Verhandlungsergebnisse des „kleinen Sportgipfels“ in der vergangenen Woche in Frankfurt seien nicht „besonders von NOK-Seite“ umgedeutet, sondern in einer gemeinsamen Erklärung von NOK und DSB der Öffentlichkeit präsentiert worden.
Keine Kampfansage an die Landessportbünde
Die Verhandlungsergebnisse seien keine „Kampfansage an die Landessportbünde, nichtolympische Sportarten und den Breitensport“, wie jetzt behauptet: Der Breitensport und damit die Kernaufgabe der Landessportbünde sei in der für das NOK verbindlichen Olympischen Charta ebenso verankert wie in den Statuten und Prinzipien des DSB. Wie es um das Verhältnis von nichtolympischen Sportarten und Olympischer Bewegung bestellt sei, habe IOC-Präsident Jacques Rogge mit seiner Anwesenheit und der Unterstützung durch IOC und NOK anlässlich der World Games in Duisburg eindrucksvoll vor Augen geführt. Als abwegig und von tiefem Unverständnis für die Belange des Spitzensports, der Athletinnen und Athleten sowie ihrer Verbände geprägt, kritisierte NOK-Präsident Steinbach die Äußerungen des stellvertretenden Berliner LSB-Präsidenten Gerber, die Auswirkungen des Aufenthalts des NOK bei den Olympischen Winterspielen in Turin auf den Zeitplan der Fusion seien „ein vorgeschobenes Argument“, um den Termindruck aufrecht zu erhalten. Das NOK habe in Turin eine der vordringlichsten und vornehmsten Aufgaben zu erfüllen, die die Olympische Charta vorschreibe. Dies sei allen Beteiligten noch vor Aufnahme der Verhandlungen im November 2004 deutlich gemacht worden.
Appell zur sachlichen Auseinandersetzung
Nicht nachvollziehbar ist für von Richthofen und Steinbach auch ein sogenanntes „Rechtsgutachten“ eines Präsidiumsmitglieds des LSB Berlin. Darin kommt der Verfasser u.a. zu dem Ergebnis, bei der vorgesehenen Verschmelzung von DSB und NOK liege eine „Zweckänderung„ vor, die einen einstimmigen Beschluss der Mitgliederversammlung des DSB erfordere. Dies wird lediglich damit begründet, dass eine Ungleichbehandlung der Mitglieder im Hinblick auf deren künftige Stimmrechte und eine Verlagerung des Verbandszwecks hin zum Spitzensport erfolge. Unabhängig davon, dass rechtlich anerkennenswerte Gründe für die vorgesehene Stimmenverteilung und -gewichtung vorliegen, hält der DSB keine Zweckänderung für gegeben, da sich in der künftigen Satzung des DOSB alle bisherigen Aufgaben des DSB wiederfinden und lediglich eine Neudefinition der Schwerpunkte erfolgt. Hierin ist rechtlich keine „Zweckänderung“ im Sinne des BGB zu sehen. Diese wäre nur dann der Fall, wenn sich ein Sportverband z.B. in einen Verband zur Kulturpflege ändern wollte. Der von DSB und NOK mit der Begleitung des Verschmelzungsprozesses beauftragte Notar teilt deren Auffassung.
Von Richthofen und Steinbach appellieren abschließend an alle Beteiligten, weiterhin die sachliche Auseinandersetzung zu suchen: „Wir stehen gegenüber Sportlerinnen und Sportlern, Vereinen und Verbänden und der Gesellschaft insgesamt in der Pflicht zu zeigen, dass wir in einer schwierigen Situation etwas bewegen können und zu zukunftsfähigen Ergebnissen kommen.“