Zufrieden äußert sich der Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, zum Abschneiden der deutschen Mannschaft bei Olympia in Athen. “Ich hatte aber auch zu keiner Zeit Befürchtungen, dass Olympia schief gehen könnte”, sagte der Berliner im Interview mit der dsb-website. Als Zielvorgabe in der Nationenwertung gab Richthofen nun Platz vier aus, weil China einfach zu stark sei.
Herr von Richthofen, wie fällt Ihr Fazit nach einer Woche Olympische Spiele in Athen aus deutscher Sicht aus?
Richthofen: “Es bleibt festzustellen: Wir sind auf jeden Fall zufrieden. In einigen Sportarten haben wir sehr gut Fuß gefasst und konnten jetzt auch das Defizit aus den ersten Tagen wettmachen. Ich hatte aber auch in dieser ersten Woche zu keiner Zeit die Befürchtung, dass Olympia für Deutschland schief gehen könnte. Wir wissen aus der Erfahrung der letzten Spiele, dass wir bei Sommerspielen in der zweiten Woche immer stärker sind. Herausragend sind weiterhin die Judokas, dann die Reiter. Beachtlich einzuschätzen sind auch die Leistungen der Ruderer, wenn auch nicht alle Träume in Erfüllung gegangen sind. Außerordentlich haben sich auch die Spielsportarten entwickelt, wenn es auch zu einzelnen Rückschlägen gekommen ist, die aber zu erwarten waren. Geradezu sensationell sind die Wasserballer, die als große Außenseiter nach Athen gereist sind.”
Bleiben Sie denn bei dem ausgegeben Ziel, das die deutsche Mannschaft Platz drei in der Nationen-Wertung belegen sollte?
Richthofen: “Es war richtig von meinem Stellvertreter Ulrich Feldhoff festzustellen, dass der dritte Platz nicht weiter als Ziel angestrebt werden kann. Die chinesische Mannschaft tritt in Athen einfach zu stark auf, als dass wir mit dieser Nation mithalten könnten. Deshalb ist Platz vier nun die richtige Vorgabe.”
Wie haben Sie denn die Disqualifikation der deutschen Vielseitigkeitsreiter erlebt?
Richthofen: “Die Aberkennung der Goldmedaillen ist eine wirklich missliche Situation für die Reiter, ganz, ganz traurig. Ich kann einfach keine Lösung im Sinne der Sportler erkennen. Die Entscheidung entbehrt jeden Fingerspitzengefühls. Ich habe nichts gegen die CAS-Leute, aber objektiv ist Bettina Hoy einfach die beste Reiterin. Sie hat sich auch keinen noch so kleinen Vorteil durch ihr Handeln verschafft. Allerdings kann ich auch nachvollziehen, dass die anderen Nationen Protest eingelegt haben. Auch unsere Mannschaftsleitung wäre in einer solchen Situation dazu gedrängt worden."
Aber nicht in allen Sportarten ist es gut gelaufen. Wie wird es jetzt dort weitergehen?
Richthofen: “Ohne Zweifel gab es einige Enttäuschungen in Sportarten. Eine gründliche Analyse nach den Spielen steht an erster Stelle. Hier sind die Schwimmer zu nennen, aber auch die Fechter. Über die Schwimmer wird zu reden sein, denn hier sind auf Seiten der Trainer bestimmt einige Fehler gemacht worden. Interessant fand ich den Trainer von Franziska van Almsick, der selbstkritisch mit sich umgegangen ist. Seine Äußerungen hoben sich wohltuend von dem ab, was sonst in der Öffentlichkeit zu vernehmen ist.”
Nach Olympia werden DSB-Präsident Manfred von Richthofen (rechts) und die DSB-Verantwortlichen mit der Politik viel zu bereden haben, hier mit Bundesinnenminister Otto Schily, aber auch mit Verteidigungsminister Peter Struck (Fotos: DSB-Archiv)
In Athen fallen eine ganze Menge Sportler durch Doping-Missbrauch auf. Ist der Anti-Doping-Kampf nun erfolgreicher?
Richthofen: “Hier kann man nur sagen, dass die intensive Aufklärung im internationalen Sport noch nicht ausreichend genug gelungen ist, um einen sauberen Ablauf zu garantieren. Manche Sportler wissen immer noch nicht, dass Doping keinen Zweck mehr hat. Vor allem, dass der Veranstalter sich besonders negativ hervorhebt, ist für jeden Außenstehenden schwer nachzuvollziehen. Dabei haben es doch schon vor den Spielen die Spatzen von den Dächern gepfiffen, was dort passiert. Aber die Athleten haben nicht auf die warnenden Stimmen gehört. Es ist schon ungeheuerlich, dass der Veranstalter dieses Verhalten seinen Sportlern durchgehen lässt.”
Die Olympische Spiele sind bisher stets ein Zuschauer-Magnet gewesen. In Athen scheint diese Wirkung nicht der Fall zu sein?
Richthofen: “Leider werden in Athen manche Veranstaltungen nicht so beachtet, wie es bei früheren Spielen der Fall war. Dort lag die Auslastung bei fast 100 Prozent. Jetzt gibt es beachtliche Lücken auf den Zuschauerrängen, das ist sehr traurig.“
Welcher deutsche Sportler oder Sportlerin hat Sie denn am meisten bisher beeindruckt?
Richthofen: "Aus deutscher Sicht war es vor allem die vierte und letzte Reiterin in der Dressur, Ulla Salzgeber. Was sie dort gezeigt hat, war schon Nervenstärke pur und sportlich perfekt. Auch den kleinen deutschen Turner, Fabian Hambüchen, fand ich gut. Mit welch großem Selbstvertrauen er dort aufgetreten ist, das war beeindruckend. Vielleicht bekommen wir ja einen zweiten Andreas Wecker.”