Turnfestakademie Frankfurt: Wo Bildung Spaß macht

An der mittlerweile das vierte Mal im Rahmen eines Internationalen Deutschen Turnfestes durchgeführten Akademie sammelten die Veranstalter rund 20.000 Meldungen für diverse Vorträge, Workshops, Seminare und Instructions ein.

20.000 Anmeldungen gab es bei der Turnfest-Akademie in Frankfurt. Copyright: picture-alliance
20.000 Anmeldungen gab es bei der Turnfest-Akademie in Frankfurt. Copyright: picture-alliance

Themen und Formen bei den 600 Angeboten variierten von Aerobic und Pilates über Kinderturnen, Fitnessstudios und Sturzprophylaxe bis Zukunftsworkshops im Verein. Natürlich ging es in erster Linie um sportpraktische Erkenntnisse, doch auch Sportmanagement und Sportpolitik nicht zu kurz. Die immense Zahl ist hart erarbeitet. Namhafte Referentinnen und Referenten waren zu gewinnen, trendige Themen zu finden, attraktive Räumlichkeiten in kargen Messehallen zu schaffen, ein komfortables Informations- und Anmeldesystem zu entwickeln. Dem Deutschen Turner-Bund (DTB) gelang das eindrucksvoll aufgrund seiner umfassenden Erfahrung in der Bildungsarbeit, engagierter Mitarbeiter und qualifizierter Kooperationspartner. Bedenkt man, dass die Gesamtteilnehmerzahl am Frankfurter Turnfest erkennbar niedriger als 2005 in Berlin lag, so ist die weiterhin hohe Beteiligung an der Akademie um so höher zu bewerten - relativ gesehen hatte sie eine Steigerung um 30% zu verzeichnen.

Auch die Besucherzufriedenheit war allerorten groß und dokumentierte die Fortschritte der Sportorganisationen im Qualitätsmanagement der Bildungsarbeit. So wird aus der diesjährigen Akademie eine starke Ausstrahlung in die Vereine und auf das nächste Turnfest ausgehen - die Akademie ist mittlerweile ein geschätzter, nicht mehr wegzudenkender Höhepunkt des Festes geworden.Voraussichtlich werden viele Akademiebesucher, die hier erstmals ein Turnfest in allen seinen Facetten erlebten und insoweit eine Woche unerwarteten Bildungsurlaub genossen, beim nächsten mal vielleicht ihre eigenen Gruppen mitbringen.

Die Turnfestakademie ist ein Unikat, doch kein Solitär. Sie ist Ausdruck und Höhepunkt einer seit 2005 erkennbaren Entwicklung. Damals hatte der damalige DSB seine Rahmenrichtlinien für die Aus- und Fortbildung verabschiedet. Überall in den Verbänden wachsen seitdem das Bewusstsein und die Strukturen, dass gute Bildungsarbeit entscheidende Impulse für die Verbandsentwicklung setzt. Der wichtigste Impuls der Akademie richtete sich jedoch nach außen. DTB-Präsident Brechtken brachte es bei der von unbekümmertem Edutainment getragenen Eröffnungsfeier auf den Punkt: Der Sport ist mit dieser Veranstaltung nicht mehr der Bittsteller und Forderer an die Bildung, sondern selbst ein eigenständiger wie kraftvoller Träger im Bildungssystem. Hinter den 20.000 Besuchen bei der Turnfestakademie stehen hundert-tausende, die sich in den Sportorganisationen jährlich freiwillig aus- und fortbilden lassen. Allein beim DTB werden jährlich 6.000 Lizenzen neu ausgestellt, finden dieses Jahr in allen Verbands-bereichen 59 Kongresse, Fachtagungen und Conventions mit gelegentlich mehr als 1.000 Teilnehmern statt. An ihnen beteiligen sich mittlerweile andere Fachverbände wie Landes-sportbünde, und der DOSB gestaltet sie aktiv mit. Der organisierte Sport hat keinen Anlass, sich hinter anderen Bildungsträgern zu verstecken. Das gilt nicht nur in Zahlen, sondern auch für Qualität und Motivation. Die Turnfestakademie bestach durch ermunternde Lernorte, kompetente Referenten, übersichtliche Teilnehmerzahlen, transparente Informationen - eine Strukturqualität, die man sich an allen Schulen und Hochschulen wünscht. Nicht zuletzt werden im Sport bildungsferne und vom Lernen demotivierte Gruppen erreicht. Eine Mutter, die lange nach ihrer Schulzeit als Betreuerin im Kinderturnen eine Lizenzausbildung mitmacht, ein pensionierter Verwaltungsangestellter, der als Kostenmanager seines Vereins Zukunftsworkshops besucht, der Jugendliche in einem Seminar zum Projektmanagement von Großveranstaltungen - sie alle erhalten im organisierten Sport nicht nur mehr Wissen, sondern auch neue und nachhaltige Lernmotivation.

Das ist die eigentliche Botschaft und Aufforderung, die von der Frankfurter Turnfestakademie ausgeht: Der organisierte Sport ist Teil einer europäischen Entwicklung, die mit dem Bologna-Prozess im allgemeinen und dem EUCIS-Konzept zum lebenslangen Lernen im besonderen bei ihren Einwohnern den Ausbau einer „Bank of Knowledge“ in den Mittelpunkt gestellt hat. Schlussendlich hängt der ökonomische Status dieser Region vom Bildungsniveau seiner Bewohner ab. Transparenz, Vernetzung und Anschlussfähigkeit für unterschiedliche Qualifizierungsoptionen sind gefragt.

DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper hat auf der Turnfestakademie die Richtung deutlich gemacht: Aufnahme und Ausbau einer Bildungsberichterstattung, die die eigenen Leistungen (selbstverständlich auch Defizite) deutlich macht und zugleich die Schnittstellen zu externen Bildungsaktivitäten benennt. Bildungsberichterstattung erleichtert im übrigen auch die notwendige Ordnung der Bildungsaktivitäten zwischen Landessportbünden und Fachverbänden, zwischen Akademien und Bildungswerken - hier wird noch zu viel interne Konkurrenz gepflegt statt gemeinsam kraftvoll in die europäische Bildungslandschaft zu treten.


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