DOSB lehnt Referentenentwurf des Sportfördergesetzes ab
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) lehnt den am 23. Oktober veröffentlichten Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Sportfördergesetz nach einer ersten inhaltlichen Prüfung entschieden ab.

31.10.2025

Das Sportfördergesetz soll dazu beitragen, den Spitzensport in Deutschland wieder in die Weltspitze zu führen, ihn effizienter zu machen und erhöhte Planungssicherheit für Verbände zu gewährleisten.
DOSB-Präsident Thomas Weikert: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung das Sportfördergesetz wieder aufgegriffen hat und das Vorhaben vorantreibt, denn klar ist: Es braucht Veränderungen. Das Vorgehen des Bundeskanzleramtes bei diesem so wichtigen Thema für den deutschen Sport ist jedoch bedauerlich. Am Ende bleibt das Gefühl, dass die Regierung hier bewusst den Weg um den Sport herum gesucht hat, weil sie davon ausgehen musste, dass wir den Gesetzentwurf in seiner aktuellen Form nicht gutheißen können. Dabei sollten wir eigentlich alle das gleiche Ziel verfolgen, nämlich den Spitzensport in unserem Land durch eine deutliche Steigerung der Effizienz, durch Bürokratieabbau und durch Unabhängigkeit von Einzelinteressen wieder erfolgreicher zu machen. Das kann aber nur funktionieren, wenn Politik und Sport auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Als DOSB stehen wir mit unserer sportfachlichen Expertise bereit, uns konstruktiv einzubringen, um das bestmögliche Ergebnis für den Sport und die Athletinnen und Athleten zu erzielen.“
Kernelement des Sportfördergesetzes ist die Gründung einer Spitzensport-Agentur. Diese soll in Zukunft eigenständig und möglichst frei von sportfremden Interessen Entscheidungen u.a. über die Verteilung von Mitteln an Sportverbände und Athlet*innen treffen können und durch eine Bündelung von derzeit verteilten Zuständigkeiten für mehr Effizienz im System sorgen.
Keine Augenhöhe von Sport und Politik
Im Vergleich zum Vorschlag aus dem vorzeitig beendeten Gesetzgebungsverfahren der vorherigen Bundesregierung aus dem November 2024 soll laut dem neuen Papier die Zusammensetzung der Gremien in dieser Agentur stark verändert werden. Der vormals deutlich größer geplante Stiftungsrat an der Spitze der Agentur soll auf fünf Sitze reduziert werden, bestehend aus einem*r Vertreter*in des Bundeskanzleramts, zwei Mitgliedern des Deutschen Bundestages, einer Person aus der Sportministerkonferenz sowie einem*r Vertreter*in des DOSB. Wenngleich eine Verschlankung von Gremien grundsätzlich begrüßenswert ist, so ist es äußerst bedenklich, dass die Politik sich damit bei allen Entscheidungen eine Stimmenmehrheit gegenüber dem Sport sichern möchte.
Olaf Tabor, DOSB-Vorstand Leistungssport: „Die Verteilung der Sitze im Stiftungsrat würde den Spitzensport anfälliger machen für den Einfluss nicht ausschließlich leistungsorientierter Partialinteressen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir eigentlich alle wollen. Nämlich, dass die Agentur unabhängig und mit klarem Fokus auf Leistungsverbesserungen arbeiten kann. Der Vorstand und sein sportfachliches Expertenteam müssen Entscheidungen treffen können, die sich einzig und allein den Maximen des größtmöglichen Erfolges und Potenzials im Sport widmen.“
Dazu trägt bei, dass ein zweites Gremium, der sogenannte Sportfachbeirat, von vormals geplanten 18 auf 20 Personen wachsen soll und in seiner vorgesehenen Kompetenz und Entscheidungsbefugnis vollständig beschnitten wird. Der bisher insbesondere für die konzeptionellen und sportfachlichen Belange entscheidungsbefugte Beirat soll nunmehr allein ein beratendes Gremium sein, an dessen fachliche Expertise der Stiftungsrat jedoch in keiner Form gebunden wäre.
Fehlendes Bekenntnis zur finanziellen Verantwortung für den Spitzensport
Außerdem lässt der aktuelle Gesetzentwurf das Bekenntnis des Bundes zu seiner finanziellen Verantwortung für den Spitzensport vermissen. Dieser bis zuletzt enthaltene Passus sollte ein zentraler Bestandteil des Gesetzes sein, um im Sport für Planungssicherheit zu sorgen, und war einer der Gründe, weshalb ein Sportfördergesetz überhaupt erst als nötig erachtet wurde. Derzeit muss der DOSB jährlich neu mit der Bundespolitik über die Mittel für den Spitzensport verhandeln. Das führt zu hohem, beidseitigem Mehraufwand und stellt Sportverbände und Athlet*innen vor die Herausforderung fehlender finanzieller Kalkulierbarkeit. Die Streichung dieser Zusage entzieht dem Gesetz somit einen seiner essenziellen Mehrwerte.
Der DOSB fordert, dass dieses Bekenntnis wieder in das Gesetz aufgenommen und zudem mit einer konkreten Mindestsumme für die Sportförderung versehen wird. Damit die Agenturvorstände wirklich unabhängig und erfolgsorientiert arbeiten können, müssen die Stiftungsgremien zwingend umstrukturiert werden. Ohne qualifizierte Mehrheitserfordernisse und eine Sitzverteilung im Stiftungsrat, die dem Sport eine entsprechende Mitbestimmung ermöglicht, können die Entscheidungsträger in der Agentur nicht wirklich unabhängig agieren. Die Expertise im Sportfachbeirat kann zudem nur Wirkung entfalten, wenn sie auch mit Entscheidungskompetenzen und einer Bindungswirkung ausgestattet wird. Zudem fordert der DOSB, dass das klare Bekenntnis zur Autonomie des Sports, wie es im alten Entwurf enthalten war, wieder aufgenommen wird.
Gleichzeitig erkennt der DOSB auch positive Signale im aktuellen Entwurf. Es ist begrüßenswert, dass die bereits vereinbarten Verbesserungen im Bereich der Entbürokratisierung der Förderung auch im neuen Entwurf bestehen bleiben. Dazu gehören die Flexibilisierung der Verbändeförderung, die Festbetragsfinanzierung als Möglichkeit der Förderung und das Individualbudget für Athlet*innen. Gleichzeitig sieht der DOSB auch hier noch Möglichkeiten, das vorhandene Potenzial zur Verschlankung von Prozessen weiter auszuschöpfen.
DOSB-Präsident Thomas Weikert erläutert die nächsten Schritte aus Sicht des Sports: „Wir werden die Zeit der Verbändeanhörung bis 19. November intensiv nutzen, um unsere Sorgen an die Politik heranzutragen und auf notwendige Verbesserungen zu drängen. Wenn an dem Gesetz nicht maßgebliche Änderungen vorgenommen werden, sehen wir aktuell leider nicht, wie dieses Vorhaben zu einem erfolgreicheren Spitzensport in Deutschland beitragen soll.“


