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Ende einer Ära: Thomas Bach übergibt das IOC an Kirsty Coventry

Mit der Amtsübergabe an die neue IOC-Präsidentin Kirsty Coventry verabschiedet sich Thomas Bach nach zwölf Jahren als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Weggefährten aus dem deutschen Sport würdigen seine Verdienste - wir haben einige Stimmen eingefangen.

DOSB Redaktion
DOSB/sid

24.06.2025

Thomas Bach redet vor Menschen. Man sieht die IOC-Flagge mit den Olympischen Ringen.

Am Montag ging eine Ära zu Ende. Am 131. Jahrestag der Gründung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) übernahm Kirsty Coventry bei einer Zeremonie am IOC-Sitz in Lausanne offiziell die Amtsgeschäfte von Thomas Bach. Der Tauberbischofsheimer war 2013 zum neunten Präsidenten gewählt worden und schied nach zwölf Jahren turnusmäßig aus. Coventry ist die erste Frau im Präsidentenamt des IOC. Aus ihren Händen erhielt Thomas Bach den Olympischen Orden in Gold. Der Fecht-Olympiasieger von 1976 legte mit der Amtsübergabe auch seine IOC-Mitgliedschaft nieder. Im März war er von den Mitgliedern bereits zum IOC-Ehrenpräsidenten gewählt worden.

  • Ich habe der olympischen Bewegung alles gegeben, was ich hatte. Ich bin heute zufrieden, dankbar und voller Freude.

    Thomas Bach
    ehemaliger Präsident
    International Olympic Comimtee (IOC)

    Bach, der den im Auftrag seines Vorvorgängers Juan Antonio Samaranch (1980 bis 2001) angefertigten Schlüssel um 11.30 Uhr an Coventry übergab, erntete noch einmal Standing Ovations. Der IOC-Ehrenpräsident griff sich gerührt ans Herz und dankte den Mitgliedern, die ihm seit 2013 unbeirrt gefolgt waren und erklärte: „Ich habe der olympischen Bewegung alles gegeben, was ich hatte.“ Bei seiner Wunsch-Nachfolgerin Coventry werde diese „in besten Händen sein, deswegen bin ich heute zufrieden, dankbar und voller Freude“, sagte er. Coventry werde „immer unsere Werte an die erste Stelle setzen“.

    Die neue IOC-Präsidentin machte deutlich, dass sie den Kurs Thomas Bachs für den richtigen hält. Die 41 Jahre alte Simbabwerin dankte ihrem Vorgänger für „Leidenschaft und Hingabe über zwölf Jahre. Er hat uns durch äußerst turbulente Zeiten navigiert". Die olympische Bewegung sei „eine Plattform, die es den Menschen erlaubt, ihre Träume zu erreichen“. Als IOC-Präsidentin wolle sie „weiterhin inspirieren und Leben verändern“. Coventry rief, so wie es auch Bach stets getan hat, die IOC-Mitglieder zum Zusammenhalt auf: „Unsere Bewegung ist wie ein Spinnennetz. Es ist komplex, wunderschön und stark. Aber es funktioniert nur, wenn wir zusammenarbeiten.“

    Bach hinterlässt das IOC auf den ersten Blick in gutem Zustand: Die Spiele sind bis einschließlich 2034 vergeben, große TV-Verträge unterzeichnet. Auf Coventry warten dennoch schwierige Aufgaben, etwa: Wie geht sie mit dem kaum berechenbaren US-Präsidenten Donald Trump um, der mit Los Angeles Gastgeber der Sommerspiele 2028 ist? Wann und unter welchen Umständen kann Russland nach dem Staatsdopingskandal und angesichts des Angriffskriegs gegen die Ukraine in den Weltsport zurückkehren? Wie ist Coventrys Zugang zu den drängenden Themen Transgender und Klimawandel? Wie kann die Finanzierung der olympischen Bewegung sichergestellt werden, nachdem sich zuletzt mehr IOC-Großsponsoren zurückzogen als hinzukamen?

    Die Rede der ersten Präsidentin enthielt auch einen betont weiblichen Zungenschlag. Coventry, die am 20. März gewählt worden war, dankte den Frauen, die sie auf ihrem Weg begleitet hatten, angefangen bei ihrer Mutter. Ihr Ehemann Tyrone und die Töchter Ella und Lily seien für sie „Fels und Inspiration“ - derart persönliche Töne sind neu in diesem Amt.

    Doch vieles war auch altbekannt: In einem vierminütigen Video wurden „Highlights“ der zwölfjährigen Bach-Präsidentschaft zusammengeschnitten, untermalt von Musik und mit Lobeshymnen von Olympiasiegern wie Katarina Witt, Eileen Gu oder Tony Estanguet. Den Schlusspunkt der Zeremonie bildete die Friedenshymne „Imagine“ von John Lennon - eines von Bachs Lieblingsliedern.

    Auch der deutsche Sport dankte Thomas Bach, der von 2006 bis 2013 als DOSB-Präsident wirkte und unter anderem die Vereinigung von Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischem Komitee verantwortete. DOSB-Präsident Thomas Weikert sagte, auch für den deutschen Sport gehe eine Ära zu Ende. Bach habe „die olympische Bewegung zukunftsfähig aufgestellt, in einer Zeit, die durch große Herausforderungen gekennzeichnet war.“ „Thomas Bachs Engagement, seine Weitsicht und sein Mut zu Veränderungen haben das IOC geprägt“, ergänzt IOC-Mitglied und DOSB-Präsidiumsmitglied Michael Mronz.  Auch andere Weggefährten aus der DOSB-Zeit äußerten sich zum Machtwechsel in Lausanne. Hans-Peter Krämer, DOSB-Vizepräsident Wirtschaft und Finanzen von 2006 bis 2024, lobte Bachs herausragende Fähigkeiten als „in der Tat eindrucksvoll: Kommunikativ, teambildend, visionär, international ausgerichtet, sozial orientiert, fair, integer, multikulturell, warmherzig, charismatisch.“ Britta Heidemann, Olympiasiegerin und langjähriges Mitglied der IOC-Athletenkommission sagte, Bach habe „während seiner Präsidentschaft die Stimme der Athletinnen und Athleten kontinuierlich gestärkt.“ 

    Die Stimmen aus dem deutschen Sport

    „Mit dem Abschied von Thomas Bach endet eine Ära - nicht nur an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees, sondern auch für den organisierten Sport in Deutschland. Im Namen des gesamten deutschen Sports möchte ich ihm von Herzen danken für seinen unermüdlichen Einsatz und sein lebenslanges Engagement für die Werte des Sports. Als erster Präsident des DOSB war er verantwortlich für die Zusammenführung von Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee, ein Kraftakt, vor dem er nicht zurückgeschreckt ist. Als IOC-Präsident hat er die olympische Bewegung zukunftsfähig aufgestellt, in einer Zeit, die durch große Herausforderungen gekennzeichnet war. Für mich war der persönliche Austausch mit ihm immer wertvoll und wertschätzend und ich wünsche ihm für die jetzt kommende Zeit nur das Beste. Selbstverständlich hoffe ich, dass er seine Expertise als DOSB-Ehrenpräsident im deutschen Sport weiterhin einbringt. Kirsty Coventry ist die erste Frau aus Afrika, die an der Spitze des IOC und der Olympischen Bewegung steht. Wir wünschen ihr als DOSB alles Gute für die anstehenden Aufgaben und freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit.“

    „Thomas Bachs Engagement, seine Weitsicht und sein Mut zu Veränderungen haben das IOC geprägt. Mit Initiativen wie der Agenda 2020, der Agenda 2020+5 und der AI Agenda wurden zentrale Weichen für eine nachhaltige, innovative Zukunft des olympischen Sports gestellt, was insbesondere bei den Spielen in Paris sichtbar wurde. Ich bin dankbar, dass ich in den vergangenen zwei Jahren als IOC-Mitglied mit Thomas Bach eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten durfte, der Austausch mit ihm über die Zukunft und Kraft der olympischen Bewegung war stets inspirierend. Diese Inspiration nehme ich mit in die Zusammenarbeit mit Kirsty Coventry, um gemeinsam mit ihr und den anderen IOC-Mitgliedern die Zukunft des Sports zu gestalten und die olympischen Werte weiter in die Welt zu tragen.“

    „Als langjähriger Freund und Wegbegleiter von Thomas Bach habe ich viele seiner herausragenden Fähigkeiten kennengelernt. Sie sind in der Tat eindrucksvoll: Kommunikativ, teambildend, visionär, international ausgerichtet, sozial orientiert, fair, integer, multikulturell, warmherzig, charismatisch. Die in Unordnung geratene Welt sähe besser aus, wenn es mehr diplomatische Persönlichkeiten wie Thomas Bach an entscheidenden Stellen gäbe.“

    „Thomas Bach war nicht nur treibende Kraft bei der Gründung der IOC-Athletenkommission, sondern hat während seiner Präsidentschaft die Stimme der Athletinnen und Athleten kontinuierlich gestärkt. Ich durfte diesen Wandel als Athletenvertreterin miterleben - ein Prozess, der nun in der symbolträchtigen Übergabe an Olympiasiegerin Kirsty Coventry seinen Höhepunkt findet. Die von ihm angestoßenen nachhaltigen Reformen kamen bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 erstmals vollständig zum Tragen - ein Meilenstein für die Zukunft der olympischen Bewegung. Als ehemaliger Fechter, DOSB-Präsident und IOC-Präsident hat Thomas Bach auch meinen Weg stark beeinflusst. Dafür gelten ihm mein großer Dank und Respekt.“

    „Thomas Bach ist ein Glücksfall für den deutschen und den internationalen Sport. Er war der maßgebliche Faktor, dass die Fusion von deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee so reibungslos funktioniert hat. Dies Bündelung der Kräfte und die Vereinigung zu einer Stimme des Sports war eine deutliche Verbesserung der Situation und des Ansehens des Sports in Deutschland. Sein Wirken als IOC-Präsident war von entscheidender Bedeutung für den internationalen Sport. Die Bewältigung der Coronakrise, die die olympische Bewegung in seiner Existenz gefährdet hatte, wurde von Thomas Bach meisterlich gemanagt. Mit seinen Reformen hat er das IOC neu aufgestellt und transparenter und nachhaltiger gemacht. Der Vergabeprozess für Olympische Spiele wurde deutlich verbessert und hat uns jetzt die fantastischen Spiele von Paris gebracht. Diese Reformen geben auch uns in Deutschland den Traum von Olympischen Spielen im eigenen Land zurück. 

    Als langjähriger Mitstreiter einer Olympiabewerbung bin ich ihm dafür sehr dankbar, denn dies kann zu einem sehr positivem Faktor für unser Land und den Sport in unserem Land werden."

     „Bachs aufrichtiges Interesse an den Menschen in ihren unterschiedlichen internationalen Kontexten, seine Offenheit und Zugewandtheit, mit denen er seinem Gegenüber begegnet und sein diplomatisches Gespür sind für mich bis heute beispielhaft. Höhepunkt unserer vertrauensvollen Zusammenarbeit über viele Jahre war zweifelsohne die Wahl zum IOC-Präsidenten 2013 in Buenos Aires. Unglaublich, dass zwölf Jahre IOC-Präsidentschaft nun vorüber sind. Sein damaliges Wahlkampf-Motto „Unity in Diversity“ hat er dabei in vielen visionären Entscheidungen und mit der Erweiterung des Olympischen Mottos „Faster, Higher, Stronger - Together“ immer konsequent gelebt.“

    „Thomas Bach bin ich meiner beruflichen Laufbahn mehrfach begegnet. Als Journalist des Sport-Informationsdienstes bei Olympischen Spielen, während meiner Zeit im Organisationskomitee der Fußball-WM 2006, als er Mitglied des Aufsichtsrates war. Und dann natürlich beim DOSB, zu dem ich 2006 kam. Da habe ich einen Mann kennengelernt, der mit ganzem Herzen und aller Kraft für den Sport gekämpft hat. Thomas Bach hat nach der Gründung des DOSB aus meiner Sicht federführend und wegweisend dafür gesorgt, dass der Sport damals tatsächlich ein gesellschaftspolitisches Schwergewicht wurde. Ihm war bewusst, dass die Autonomie des Sports ebenso wichtig ist wie dessen Politikfähigkeit. Dafür hat er sich eingesetzt, ebenso intensiv und engagiert wie für die Interessen der Sportler und Sportlerinnen. Für mich war es beeindruckend zu erleben, wie reflektierend und analysierend er auf die Herausforderungen, denen er sich der Sport gegenübergestellt sah, reagierte und wie vorausschauend strategisch er handelte. Ihm war bewusst, dass er dafür Kritik würde einstecken müssen. Im Sinne des Sports nahm er das in Kauf. Und aus meiner Sicht kann ich klar und eindeutig sagen: Kritiker haben nicht immer recht, auch wenn sie laut sind.

    Thomas Bach hat die Meinung anderer, auch kontroverse, stets angehört und reflektiert. Er hat den Dialog wie den Diskurs gepflegt. Für mich zeichnet dies Persönlichkeiten aus, die Führungspositionen - nicht nur im Sport - bekleiden. Als Präsident des DOSB war seinen Mitarbeitenden stets zugewandt und ihnen gegenüber empathisch. Er hat seine Ziele erreicht. Ich persönlich glaube, dass er als IOC- wie als DOSB-Präsident herausragendes geleistet hat. Auch wenn ich nicht immer seiner Meinung bin.

    Bildergalerie

    • Thomas Bach und Kirsty Coventry stehen vor Menschen. Sie halten einen goldenen Schlüssel in ihren Händen.
      Thomas Bach (rechts) übergibt an die neue IOC-Präsidentin Kirsty Coventry. Foto: IOC
    • Publikum klatscht. Thomas Bach steht auf einer Bühne.
      Standing Ovations für den scheidenden IOC-Präsidenten Thomas Bach. Foto: IOC

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