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Folker Hellmunds Abschied stellte sogar die IOC-Präsidentin in den Schatten

Ende März 2026 geht der Leiter des Brüsseler EOC-EU-Büros in den Ruhestand. Auf dem Europäischen Abend des Sports wurde er mit noch mehr Applaus bedacht als Kirsty Coventry, die eine emotionale Keynote hielt.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

18.11.2025

Zwei Männer mit einer Ehrenplakette
Folker Hellmund (l.) erhielt von EOC-Präsident Spyros Capralos eine Ehrentafel für seine Verdienste um den Sport.

Auf einer sportpolitischen Veranstaltung dieser Tage der neuen IOC-Präsidentin die Show zu stehlen - das muss man erst einmal schaffen. Kein Wunder also, dass dem Mann, dem dieses Kunststück gelang, am Montagabend kurzzeitig die Stimme versagte. Ob vor Rührung oder weil er sich für zu viele Glückwünsche bedanken musste, war nicht ganz klar. Aber Folker Hellmund war heiser, als er sein Team aus dem Brüsseler EU-Büro des Europäischen Olympischen Komitees (EOC) auf der Bühne für ein Erinnerungsfoto aufzustellen versuchte. „Es waren die Menschen, mit denen ich arbeiten durfte, die diesen Posten so besonders gemacht haben. Ich bin sehr dankbar für diese Zeit“, sagte der 64-Jährige, nachdem er von den rund 350 geladenen Gästen bei seinem letzten offiziellen Auftritt als Büroleiter mit Standing Ovations gefeiert worden war. Ende März kommenden Jahres geht Folker Hellmund in den Ruhestand.

Anlass der Zusammenkunft in der Landesvertretung Baden-Württembergs in Belgiens Hauptstadt war eigentlich der 7. Europäische Abend des Sports, und weil sich die seit Juni amtierende IOC-Präsidentin Kirsty Coventry als Ehrengast angekündigt hatte, war das Interesse an der im Zweijahresturnus stattfindenden Veranstaltung riesig. Die ehemalige Weltklasseschwimmerin aus Simbabwe, 2004 und 2008 Olympiasiegerin über 200 Meter Rücken, wusste in ihrer Keynote auch durchaus zu emotionalisieren. Als die 42-Jährige die Bedeutung des Sports herausstrich („Ich glaube, dass Sport nicht nur Leben verändert, sondern Barrieren niederreißen kann“) oder dessen Autonomie und Universalität untermauerte („Jedes unserer Mitglieder hat die gleichen Rechte, die gleiche Stimme und muss frei sein von jeglicher politischer Einflussnahme“), brandete mehrfach Applaus auf.

Anschließend bemühten sich Glenn Micallef, für den Sport zuständiger EU-Kommissar aus Malta, die ehemalige französische Sportministerin und aktuelle NOK-Präsidentin Amélie Oudéa-Castéra, der frühere Weltklasse-Tischtennisspieler Jean-Michel Saive als Präsident von Belgiens NOK und die ehemalige estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid, mittlerweile Präsidentin des estnischen NOK, in einer interessanten, aber stellenweise langatmigen Podiumsdiskussion unter Moderation der früheren kroatischen Alpinski-Weltcupstarterin Ana Jelusic-Black, das Motto „Mehr als ein Spiel: Die Rolle des Sports in herausfordernden Zeiten“ mit Leben zu füllen. Insbesondere Oudéa-Castéra wusste mit ihrer Ehrlichkeit zu punkten, als sie das Vermächtnis der Paralympischen Spiele von Paris 2024 als enttäuschend brandmarkte, weil die kurz nach den Spielen eingesetzte neue Regierung keinen Ministerposten für Inklusion vorgesehen hatte. Die viel gelobte flächendeckende Einführung einer halben Stunde Sport an Grundschulen bezeichnete sie lediglich als einen Anfang. „Wir müssen viel weiter gehen als das“, sagte sie. 

  • Kirsty Coventry

    Jedes unserer Mitglieder hat die gleichen Rechte, die gleiche Stimme und muss frei sein von jeglicher politischer Einflussnahme.

    Kirsty Coventry
    Präsidentin
    Internationales Olympisches Komitee

    Und dann kam Folker. Warum der Mann, der seit 2009 das EOC-EU-Büro als Direktor anführt, als Menschenfänger gilt, wurde vor allem deutlich, als ein Quartett ehemaliger und aktueller Mitarbeitender zur Laudatio die Bühne enterte. Die Französin Eva Rebmann als stellvertretende Büroleiterin, ihre Landsfrau Sophie Dorémus als Kollegin aus Hellmunds Anfangszeiten im EU-Büro des deutschen Sports, der Belgier Matthias van Baelen als langjähriger Bürokollege und heute beim Nationalen Olympischen Komitee seines Heimatlandes beschäftigt, und der beim DOSB angestellte Jakob Krones, seit Frühjahr 2024 Policy Officer in Brüssel, zeichneten in ihrer gemeinsamen Rede ein warmes Bild eines Menschen, der dank einer Mischung aus Nettigkeit, Professionalität und Humor mehr als nur ein guter Chef geworden ist.

    „Die Wertschätzung, die wir ihm mit unserer Rede entgegenbringen wollten, beruht auf Gegenseitigkeit. Wir wissen, dass Folker für sein Team alles gibt. Das macht die Atmosphäre im Büro so besonders“, sagte Jakob Krones. Eva Rebmann räumte augenzwinkernd mit dem Mythos auf, dass der Chef über einen alle ansteckenden Humor verfüge. „Jemand hat gesagt, wir würden nur über deine Witze lachen, weil du der Boss bist. Das ist die Wahrheit“, sagte sie - und fügte kurz darauf hinzu: „Aber nicht die ganze Wahrheit.“ Tatsächlich ist die gute Laune, mit der der Fußballfan mit Vorliebe für den 1. FC Nürnberg kleine wie große Runden bereichert, im DOSB legendär. Auch deshalb soll es im kommenden Jahr noch eine angemessene Abschiedsfeier in Frankfurt am Main geben.

    Wie es im EOC-EU-Büro weitergeht, ist noch unklar. Am 11. Dezember werden fünf mögliche Nachfolgekandidat*innen in Augenschein genommen, die sich aus einer Gruppe von 114 Bewerbern herauskristallisiert haben. „Für mich ist klar, dass ich bis zum letzten Arbeitstag meine volle Arbeitskraft einbringen und meine Nachfolgerin oder meinen Nachfolger anständig einarbeiten werde“, sagte der passionierte Radsportler Hellmund, der auch weiterhin in Brüssel leben wird, weil seine Frau bei der EU-Kommission arbeitet. Ganz besonders freut er sich auf seine letzte Dienstreise, die ihn zu den Olympischen Winterspielen nach Italien führt, wo er am 8. Februar seinen 65. Geburtstag feiern wird.

    • Folker Hellmund

      Für mich ist klar, dass ich bis zum letzten Arbeitstag meine volle Arbeitskraft einbringen und meine Nachfolgerin oder meinen Nachfolger anständig einarbeiten werde.

      Folker Hellmund
      Direktor des EOC-EU-Büros in Brüssel
      Deutscher Olympischer Sportbund

      Am Montagabend genoss Folker Hellmund aber zunächst die Zuneigung der vielen Gäste, die seinetwegen gekommen waren. Der griechische EOC-Präsident Spyros Capralos, der ihm eine Ehrentafel überreichte, würdigte das unermüdliche Engagement für den Sport („Alle wollten immer etwas von ihm, und er konnte nicht Nein sagen, was gut für uns war und nicht immer gut für ihn!“). Die IOC-Mitglieder Kim Bui und Michael Mronz, DOSB-Präsident Thomas Weikert, die DOSB-Vorstände Otto Fricke, Michaela Röhrbein, Olaf Tabor und Thomas Arnold, die Präsidiumsmitglieder Kerstin Holze und Jens-Peter Nettekoven sowie Katrin Grafarend, Leiterin des DOSB-Ressorts Internationales, bildeten eine namhafte deutsche Fraktion. Diverse Vertreterinnen und Vertreter anderer NOKs rundeten die Gratulationsgesellschaft ab. Bei typisch schwäbischer Kost - Maultaschen, Käsespätzle, Rostbratwürstchen mit Sauerkraut -, badischen Spitzenweinen und deutschem Bier wurde bis in die Nacht gefeiert.

      Nun bleiben also noch viereinhalb Monate, um Folker Hellmunds Humor zu genießen. Dass er am 1. April 2026 den ersten Tag seines Ruhestands genießen wird - zunächst ist eine mehrwöchige Reise geplant, für die Zeit danach hat er noch keine festen Pläne -, ist kein Scherz, sondern ernst gemeint. „Aber ich bin dann ja nicht tot, sondern werde mich auch weiterhin mit Sport beschäftigen“, sagte er. Seine Mitarbeiter kündigten bereits an, seine Expertise auch weiterhin nutzen zu wollen. Und bei einem Mann, der nicht Nein sagen, aber die IOC-Präsidentin in den Schatten stellen kann, ist zu erwarten, dass sein Telefon auch weiterhin regelmäßig klingeln wird.

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