„Wenn sportlicher Erfolg die Prämisse ist, kann Wettbewerb nur helfen“
Olaf Tabor (54), Vorstand Leistungssport im DOSB, erläutert die Relevanz der Institute für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) und für angewandte Trainingswissenschaft (IAT) für den Erfolg des deutschen Leistungssports.

01.12.2025

DOSB: Olaf, ganz grundsätzlich gesprochen: Welche Bedeutung haben FES und IAT für den Erfolg des deutschen Leistungssports?
Olaf Tabor: Beide haben für die Leistungsfähigkeit unserer Athletinnen und Athleten eine Bedeutung, die nicht hoch genug einzuschätzen ist, sich aber auf unterschiedlichen Feldern zeigt. Das IAT wirkt breiter, weil es überall dort unterstützt, wo eine Sportart besondere Vorteile aus seinen trainingswissenschaftlichen Dienstleistungen ziehen kann. Das FES ist dort entscheidend beteiligt, wo hochwertigste Sportgeräte leistungsbestimmend sind. Beide zusammen stellen einen Wissenskosmos bereit, der uns immer wieder einen Wettbewerbsvorteil verschafft.
Gibt es aus deiner Sicht vergleichbare Institutionen in anderen Nationen der Sportwelt?
Wissenschaftliche Einrichtungen mit zentraler Funktion für das jeweilige Sportsystem gibt es auch in anderen Ländern. Zur hierzulande entwickelten Form und mit der jahrzehntelangen Erfahrung, die insbesondere für das FES fast einzigartig ist, gibt es im Ausland kaum etwas Vergleichbares. Die Kombination aus technischem und wissenschaftlichem Know-how ist sehr besonders. Allerdings stellen wir auch auf diesem Feld fest, dass andere Nationen lernen, dass es lohnt, sich gute Ideen zu eigen zu machen, wenn sie erfolgreich sind. Und unsere Institute sind wichtige Faktoren für den Erfolg.
Wie bringt sich der DOSB in die Arbeit des Trägervereins ein?
Unser Vizepräsident Martin Engelhardt ist Vorstandsvorsitzender, er war das allerdings schon lange bevor er im vergangenen Jahr ins Präsidium gewählt wurde. Zusätzlich ist eine DOSB-Führungskraft normales Mitglied im Vorstand des Trägervereins, aktuell ist das meine Aufgabe. Die DOSB-Rolle besteht darin, als sportpolitischer und strategischer Sparringspartner zu wirken und die Sichtweise des Dachverbands einfließen zu lassen. Wir geben unser Feedback zu perspektivischen Entwicklungen, wie aktuell zum neuen Zukunftskonzept. Der Vorstand kommt in der Regel quartalsweise zusammen, darunter einmal jährlich zu einer Klausurtagung.
Was hältst du für den wichtigsten Wettbewerbsvorteil, den FES und IAT dem deutschen Sport ermöglichen?
Hier möchte ich zwischen FES und IAT differenzieren. Beim FES liegt der besondere Wert in dessen herausragendem technisch-innovativem Know-how bei der Weiterentwicklung und Produktion von Spezialsportgeräten. Beim IAT sind es die individuellen trainingswissenschaftlichen Projekte für die und mit den verschiedensten Verbänden, die in eigener Zuständigkeit keine vergleichbare Expertise realisieren könnten. Die intensive Trainings- und Wettkampfbegleitung des IAT stellt daher für viele Verbände einen stark nachgefragten und zumeist unverzichtbaren Mehrwert dar.
Ist der Wettbewerbsdruck, unter dem insbesondere das FES als Konkurrenz zu Unternehmen aus der Wirtschaft steht, positiver Antreiber oder Hemmschuh?
Gerade der Wettbewerb ist ein wesentlicher Treiber für Innovation, das gilt für die Sportausübung ebenso wie für die Produktentwicklung. Aus diesem Grund halte ich es für naheliegend, dass sich Wettbewerber im Entwicklungswettstreit um das jeweils beste Produkt gegenseitig antreiben. Auch die Entwicklungsabteilungen klassischer Sportartikelhersteller versuchen für ihre Athletinnen und Athleten ein individualisiertes und innovatives Produkt anzubieten. Wenn sportlicher Erfolg die Prämisse ist, geht es auch immer um die Optimierung des eigenen Sportgeräts. Dabei herrscht unter den aktuellen Bedingungen des Spitzensports immer ein gewisser Zeitdruck, weil Neuentwicklungen ersonnen, getestet und einsatzreif hergestellt werden müssen. Und das zumeist nach den zeitlichen Vorgaben des Wettkampfkalenders.
Wie kann es gelingen, die finanzielle Ausstattung der beiden Institute zu verbessern und zu verstetigen, oder hältst du diese für ausreichend?
Die Kostensteigerungen der zurückliegenden Jahren machen auch vor IAT und FES nicht halt. Ich würde es mal so formulieren: Die aktuelle finanzielle Ausstattung entspricht nicht dem Optimum, was dazu führt, dass die Institute regelmäßig zusätzliche Mehrbedarfe anmelden müssen. In den vergangenen Jahren wurden beide Institute mit steigendem Budget ausgestattet, auch wenn mit den zusätzlichen Mitteln nicht alle Anforderungen berücksichtigt werden konnten. Unaufhaltsam fortschreitende Kostensteigerungen machen allen Playern im deutschen Leistungssportnetzwerk zu schaffen, und auch FES und IAT sind den bekannten Haushaltsmechanismen des Bundes unterworfen. Die finanziellen Mittel sind knapp, die Aufwüchse halten mit den allgemeinen Kostensteigerungen nicht mit. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass der Bund als zentraler Mittelgeber die Bedeutung der beiden Institute für den Leistungssport anerkennt und den jeweiligen Anforderungen Rechnung trägt.
Wo siehst du in den kommenden Jahren die wichtigsten Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der innovativen Technik und Trainingsmethodik?
Ich glaube, dass in beiden Bereichen eine der wesentlichsten Herausforderungen darin besteht, die Möglichkeiten des Einsatzes Künstlicher Intelligenz gezielt und erfolgsorientiert zu nutzen. Dabei dürfte nicht nur der leistungsoptimierende Einsatz entsprechender Technologie im Zentrum stehen, sondern auch die Herausforderung, mit der rasanten Entwicklungsgeschwindigkeit in diesem Arbeitsfeld Schritt zu halten. In ihren sehr unterschiedlichen Zuständigkeiten sehe ich IAT und FES als wichtige Impulsgeber für die Anwendung und sportartspezifische Ausgestaltung von KI-Instrumenten in der Trainings- und Wettkampfpraxis einerseits sowie in der Entwicklung und Produktion von Spezialsportgeräten andererseits.
Gibt es Dinge, die du in der Kooperation mit FES und IAT für optimierungsbedürftig ansiehst?
Bei auch weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen für die Finanzierung des Spitzensports muss eine möglichst gezielte und effiziente Zusammenarbeit aller Player im Leistungssportnetzwerk ein wichtiges Ziel sein. In einer Welt, in der Finanzressourcen eher nicht größer werden, wird der kritische Blick auf bestehende Prozesse besonders wichtig. Wenn es gelänge, sowohl bürokratische als auch Zusammenarbeitsprozesse zu verschlanken, zu verkürzen und zu fokussieren, ließen sich Reserven für die fachliche Arbeit heben. Ein Beispiel: Das FES stellt mittlerweile aus kostengünstigerem Material Prototypen her, an denen geprüft werden kann, ob sich die geplante Entwicklung auf dem richtigen Weg befindet, ohne dass gleich ein vollwertiges Produkt hergestellt werden muss. Das verkürzt Entwicklungsprozesse und minimiert Kosten. Ein weiteres Thema sehe ich darin, dass mit der Aufnahme von neuen Sportarten ins olympische Programm ein zusätzlicher Unterstützungsbedarf auch für diese Sportartengruppe entsteht. Das ist eine dreifache Herausforderung, weil es zusätzlichen Aufwand bedeutet, weil es neuer Produkte und Wissenschaftsdienstleistungen bedarf und weil diese Sportarten teilweise nur zeitlich begrenzt im olympischen Programm verbleiben. Schließlich steht das FES vor der besonderen Aufgabe, den aktuellen Standort für die künftigen Herausforderungen um- oder auszubauen. Innovationsentwicklung, moderne Produktionsanlagen und striktere Auflagen im Bereich der Arbeitssicherheit stellen Anforderungen an die Liegenschaft, die nur mit größeren Investitionen erfüllt werden können.
Vielen Dank für die Einblicke und deine Zeit für dieses Gespräch!

