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„Wir fahren unsere Sportanlagen auf Verschleiß“

Ein Beitrag auf der Website des Landessportbundes (LSB) Nordrhein-Westfalen, der zuerst im LSB Magazin „Wir im Sport“ erschien, beleuchtet Aspekte des Sanierungsbedarfs bei Sportstätten in Deutschland.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

08.06.2016

Dieser Knall sollte sich zu einen Donnerhall entwickeln. Als im vergangenen Jahr in der Turnhalle der Gräfin-Imma-Schule im Bochumer Ortsteil Stiepel Platten der Hallendecke zu Boden schepperten, ahnte man nicht, welche Konsequenzen dies nach sich ziehen sollte. Zunächst war man einfach froh, „dass niemand zu Schaden kam“, erinnert sich Klaus Retsch, Leiter des Sport- und Bäderamtes der Stadt, an den Vorfall.

Was war geschehen? Die Decke des Klinkerbaus bestand aus Platten gepresster Holzwolle - wegen ihres Aussehens auch als „Sauerkrautdecken“ bezeichnet. Die Platten waren mit Nägeln befestigt, die in der Entstehungszeit der Halle senkrecht eingeschlagen worden waren. Aus heutiger Sicht ein Sicherheitsrisiko, da sich so die Platten nach Jahrzehnten lösen konnten. Das Dumme: Diese Deckenbefestigung war sehr verbreitet in den 1960ern und 70ern, den „goldenen Jahren“ des Sporthallenbaus. Die Folge heute: Decken hunderter Hallen im Land wurden überprüft, so manche musste aus Sicherheitsgründen geschlossen werden, viele Decken müssen nachgebessert oder ersetzt werden, Millionenkosten entstehen. Nicht nur in Bochum ist man noch mit den Sanierungsarbeiten beschäftigt.

Die Zukunft braucht bedarfsgerechte Sporträume mit modernem Ambiente

Auf 42 Milliarden Euro bezifferte LSB-Präsident Walter Schneeloch in seiner Funktion als DOSB-Vizepräsident den Sanierungsstau bei kommunalen Sportstätten in ganz Deutschland und forderte eine „Nationale Allianz Sportraumentwicklung“. Exakte Daten für NRW liegen nicht vor, wie Oliver Wulf, Sportsoziologe der Bergischen Universität Wuppertal feststellt. Aus einer landesweiten Befragung von fast 300 Sportverwaltungen wisse er aber, „dass 30 Prozent der Großstädte einen gravierenden Sanierungsrückstand im Bereich der Turn- und Sporthallen angegeben haben“. Unterschiede gibt es dabei zwischen ländlichen Regionen und Ballungsräumen. Die Faustregel: Je größer die Kommune, desto größer der Sanierungsrückstand. Das Paradoxe: Die „Sauerkrautdecken“ waren gar nicht als Problem benannt.

Allgemeiner Sanierungsstau besteht nicht immer bei gravierenden Baumängeln, häufig findet er sich viel mehr im Breich der Nebenräume wie Duschen und Umkleiden, bei der Energieeffizienz. Sanierungsstau besteht generell im „Wohlfühlfaktor“, im gestiegenen Anspruch an ein modernes Ambiente einer Sportstätte. Insgesamt gilt: Vor dem Hintergrund einer Gesellschaft, die individueller Sport treibt und sich demografisch wandelt, sind bedarfsgerechte und zeitgemäße Räumlichkeiten gefragt. Neue Anlagenkonzepte und kleine, wohnungsnahe Bewegungsräume spielen für Vereinsentwicklung eine Rolle.

(Quelle: DOSB-Presse, Ausgabe 23/Michael Stephan)

*Beitrag in leicht verkürzter Form

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