DOSB legt Anti-Doping-Aktionsplan vor
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat in seiner Präsidiumssitzung am 16.November 2006 in Berlin einen Zehn-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Doping im Sport verabschiedet.

16.11.2006

Einer der Kernpunkte des Anti-Doping-Aktionsplans ist die quantitative und qualitative Verbesserung der Doping-Kontrollen. „Wir werden 2007 unseren Zuschuss an die Nationale Anti-Doping Agentur NADA auf 520.000 Euro verdoppeln, wodurch wesentlich mehr Kontrollen durchgeführt werden können“, kündigte DOSB-Präsident Dr. Thomas Bach an.
Des Dopings überführte Sportler werden sich zukünftig auf weitaus schärfere Strafen einstellen müssen. Der DOSB unterstützt die Bemühungen auf internationaler Ebene, den Code der Welt-Anti-Doping Agentur (WADA) um zusätzliche finanzielle Sanktionen für des Dopings überführte Athletinnen/Athleten zu ergänzen. Wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) wird sich der DOSB dafür einsetzen, die Höchststrafe für Vergehen gegen die Anti-Doping-Regeln in schwerwiegenden Fällen schon beim ersten Verstoß auf vier Jahre zu erhöhen. Die Regelstrafe liegt bei zwei Jahren.
„Wir fordern auch eine Strafverschärfung für das banden- und gewerbsmäßige Inverkehrbringen von Dopingsubstanzen. Wir stellen uns vor, dass die Mindeststrafe auf ein Jahr, die Höchststrafe auf zehn Jahre statt bislang drei Jahre erhöht werden soll“, sagte Bach. Mit diesem Strafmaß könnten vor allem die staatlichen Ermittlungsmöglichkeiten wie Telefonüberwachung und Durchsuchungen besser ausgeschöpft werden. Bach: „Wir unterstützen dabei ausdrücklich, dass Athleten, die mit Dopingmitteln handeln, mit Gefängnisstrafe bedroht sind.“
In der rechtlichen Diskussion zur Besitzstrafbarkeit des Athleten vertritt der DOSB den Standpunkt, diese gesetzlich nicht zu verankern. Zu dieser mehrheitlichen Empfehlung kam die von Dr. Christa Thiel, Vorsitzende der Konferenz der Spitzenverbände, geleitete Facharbeitsgruppe Besitzstrafbarkeit. „Die Argumente der Arbeitsgruppe sind absolut überzeugend“, erläuterte DOSB-Generaldirektor
Dr. Michael Vesper, „die Sanktionierung soll weiterhin allein durch die Sportgerichtsbarkeit erfolgen, da nur so eine schnelle, harte und auch international sofort durchsetzbare Bestrafung möglich ist.“
Das DOSB-Präsidium bekräftigte die Wichtigkeit der Prävention im Kampf gegen das Doping. Es wird daher DDR-Dopingopfer bitten, sich ebenso wie die Anti-Doping-Vertrauensleute des DOSB verstärkt in den Eliteschulen des Sports, den Olympiastützpunkten und bei Mitarbeiterschulungen in den Verbänden zu engagieren. Vesper: „Niemand kann besser auf die Gefahren des Dopings hinweisen und glaubwürdiger über die Folgen berichten.“
Anti-Doping-Aktionsplan
Zehn Punkte für Sport und Staat
Vorbemerkung: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat seit seiner Gründung am 20. Mai 2006 seine Null-Toleranz-Politik im Kampf gegen Doping in vielfältiger Weise vorangetrieben. Das DOSB-Präsidium hat diese Politik der koordinierten Arbeitsteilung von Sport und Staat in sechs Regionalkonferenzen mit den Mitgliedsorganisationen, ferner mit den Vorsitzenden von Kuratorium, Vorstand und Geschäftsführung der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) und nicht zuletzt mit dem Bundesinnenminister, der Sportministerkonferenz der Länder und weiteren politischen Entscheidungsträgern intensiv erörtert. Am 15. August 2006 hat es einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorgestellt, der vom Beirat der Aktiven befürwortet wurde und auf die fast einhellige Zustimmung der Mitgliedsorganisationen gestoßen ist. Auch die Sportministerkonferenz der Länder hat den Maßnahmenkatalog einstimmig unterstützt.
Die öffentliche Diskussion zum Kampf gegen Doping, an der sich das DOSB-Präsidium intensiv beteiligt hat, konzentrierte sich in den letzten Monaten auf die Frage der Einführung von Straftatbeständen „Besitz von Dopingmitteln“ und „Sportbetrug“. Einen entsprechenden Gesetzentwurf des Freistaates Bayern, der auf ihre Einführung zielt, hat der zuständige Ausschuss des Bundesrats allerdings auf unbestimmte Zeit vertagt.
Vor diesem Hintergrund hat das DOSB-Präsidium auf seiner Sitzung vom 18. September 2006 eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der Präsidentin des Deutschen Schwimmverbandes, Frau Dr. Christa Thiel, eingesetzt, die insbesondere die Einführung einer „Besitzstrafbarkeit“ prüfen sollte. Die Arbeitsgruppe hat ihren Bericht mittlerweile vorgelegt; er ist diesem Aktionsplan beigefügt. Sie kommt nach sorgfältiger Abwägung aller rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte mehrheitlich zu dem Ergebnis, eine „Besitzstrafbarkeit“ gesetzlich nicht zu verankern.
Das DOSB-Präsidium hat diesen Bericht auf seiner Sitzung vom 16. November 2006 in Berlin zustimmend zur Kenntnis genommen und zugleich folgenden „Anti-Doping-Aktionsplan: Zehn Punkte für Sport und Staat“ beschlossen:
- Kontrolldichte erhöhen: Das System der Doping-Kontrollen durch die NADA muss quantitativ und qualitativ verbessert werden. Deshalb verdoppelt der DOSB seinen Zuschuss an die NADA im kommenden Jahr von 260.000 Euro auf 520.000 Euro, um damit wesentlich mehr Kontrollen, insbesondere im Trainingsbereich finanzieren zu können. Er erwartet auch vom Bund eine Ausweitung seiner Zuwendungen zur NADA. Um die NADA mittel- und langfristig auf eine bessere finanzielle Grund-lage zustellen, ist eine deutliche Erhöhung ihres Stiftungskapitals dringend erforderlich. Als ersten Schritt begrüßt der DOSB die auf gemeinsame Initiative von Bundestag, Bundesregierung und Sport beschlossene Erhöhung des Stiftungskapitals um 2 Miollionen Euro aus nicht verbrauchten Mitteln der Kulturstiftung zur Fußball-WM. Weitere Zustiftungen aus der Wirtschaft sind möglich und erwünscht. Um die Unternehmen – gerade die, die im Sport engagiert sind – stärker zu gewinnen, wird der DOSB gemeinsam mit der Deutschen Sport-Marketing (DSM) und der NADA ein verbessertes Marketing der NADA initiieren.
- Besser vorbeugen: Der Kampf gegen Doping darf sich nicht auf Kontrollen und Sanktionen beschränken; er muss stärker präventiv geführt werden - durch Information und Aufklärung. Die Prävention ist der wichtigste Ansatzpunkt für künftige Verbesserungen. Zu den Kernaufgaben der NADA gehören die Erstellung und Verbreitung von Aufklärungs- und Erziehungsmaterial zum Thema „Doping im Sport“. Die Landessportbünde werden aufgefordert, verpflichtende Angebote ihrer Bildungswerke zur Fortbildung von Übungsleitern und Trainern der Vereine zu schaffen. Der DOSB wird seine „Anti-Doping-Vertrauensleute“ aktiv in den Eliteschulen des Sports, in den Olympiastützpunkten und bei Schulungen seiner Mitgliedsverbände in direktem Kontakt mit jungen Athletinnen und Athleten einsetzen. Er wird auch DDR-Dopingopfer bitten, sich an dieser Aufgabe zu beteiligen, denn niemand kann glaubwürdiger als sie über die schlimmen Folgen des Dopings berichten.
- Mindeststandards bei der Dopingbekämpfung verbindlich machen: Viele Mitgliedsverbände und –organisationen des DOSB (beispielsweise der Deutsche Schwimmverband, der Bund Deutscher Radfahrer, die Wintersportverbände und die Stiftung Deutsche Sporthilfe) haben effektive Maßnahmen ergriffen, um den je spezifischen Herausforderungen im Kampf gegen das Doping zu begegnen, insbesondere durch - den Abschluss von Athletenvereinbarungen mit empfindlichen finanziellen Vertragsstrafen bei Doping-Vergehen, - die Erstellung von Athleten- oder Gesundheitspässen zur langfristigen Dokumentation des sportlichen Werdegangs und medizinischer Untersuchungen, - qualitativ und quantitativ verbesserte Kontrollsysteme (Datenbanken etc.) und - aktive Beiträge von Athleten im Kampf gegen Doping. Der DOSB fordert seine Mitgliedsverbände und -organisationen auf, entsprechende Maßnahmen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich zu realisieren. Er appelliert zugleich an die Sponsoren, in ihre Verträge mit Athleten/innen wirksame Vertragsstrafen bei Doping-Vergehen aufzunehmen.
- WADA-Code weiter verschärfen: Der DOSB unterstützt die Bemühungen auf internationaler Ebene (durch das IOC und die Association of Summer Olympic International Federations (ASOIF)), den WADA-Code so zu verändern, dass in schwerwiegenden Fällen schon bei einem ersten Verstoß gegen die Anti-Doping-Regeln eine Höchststrafe von vier Jahren Startverbot verhängt werden kann. Bislang gilt die „Regelstrafe“ von zwei Jahren zugleich als „Höchststrafe“ bei Erstvergehen; da von dieser Regelstrafe bei besonderen Umständen nach unten abgewichen werden kann, muss auch eine Abweichung nach oben ermöglicht werden. Der DOSB fordert die Bundesregierung auf, diese Initiative bei den laufenden WADA-Konsultationen zu unterstützen.
- Finanzielle Sanktionen für Doping-Täter einführen: Der DOSB unterstützt die Bemühungen auf internationaler Ebene (ebenfalls durch das IOC und die ASOIF), den WADA-Code um zusätzliche finanzielle Sanktionen für des Dopings überführte Athletinnen/Athleten zu ergänzen. Solche Geldstrafen waren im früher geltenden Anti-Doping-Code des IOC vorgesehen, bei der Verabschiedung des WADA-Codes durch die beteiligten Sportorganisationen und Staaten jedoch nicht durchsetzbar. Der DOSB fordert die Bundesregierung auf, auch diese Initiative bei den laufenden WADA-Konsultationen zu unterstützen.
- Die staatlichen Organe im Kampf gegen das Doping stärken: Das staatliche Instrumentarium im Kampf gegen Doping greift noch zu wenig; es muss ausgewei-tet und künftig vor allem besser und entschiedener vollzogen werden. Der DOSB bekräftigt seine Forderung nach der Einrichtung von Anti-Doping-Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften. Nur geschulte und auf Doping fokussierte Ermittlungsbehörden, die personell angemessen ausgestattet sind, können das Doping wirkungsvoll bekämpfen. Das beste Gesetz ist nutzlos, wenn es nicht umgesetzt wird. Der DOSB fordert eine Strafverschärfung für das banden- und gewerbsmäßige Inverkehrbringen von Dopingsubstanzen. Die Mindeststrafe gemäß §§ 6a und 95 AMG soll ein Jahr, die Höchststrafe zehn Jahre (statt bislang drei Jahre) sein. Mit diesem Strafmaß können die staatlichen Ermittlungsmöglichkeiten (wie Telefonüberwachung und Durchsuchungen) besser ausgeschöpft werden. Der DOSB weist ausdrücklich darauf hin, dass Athleten/innen, die mit Dopingmitteln handeln oder sie anderweitig in den Verkehr bringen, mit Gefängnisstrafen bedroht sind. Der DOSB hält diese Regelung für sinnvoll und zielführend und unterstützt sie nachdrücklich. Der DOSB erneuert die Forderung nach einer besonderen Kennzeichnungspflicht für relevante Arzneimittel durch Erlass einer Doping-Warnhinweis-Verordnung (§ 6a Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG)). Zusätzlich fordert er, den freien Warenver-kehr für Dopingmittel zu verbieten; medizinisch indizierte Substanzen sollen davon unberührt bleiben. Das Verbot soll sich sowohl auf die Einfuhr als auch auf den Bezug im Postversand erstrecken. Der offensichtlich weit verbreitete Missbrauch von Arzneimitteln in kommerziellen Fitness-Studios unterliegt entgegen landläufiger Meinung nicht den Anti-Doping-Regeln des organisierten Sports. Um die Weitergabe von Dopingmitteln in diesen Einrichtungen wirksamer bekämpfen zu können, sind kommerzielle Fitness-Studios und ähnliche Betriebe nach Auffassung des DOSB der Regelüberwachung durch Polizei und Ordnungsbehörden zu unterwerfen. Dazu soll § 64 AMG verschärft werden. Der DOSB unterstützt Maßnahmen für nationale Schiedsgerichtsvereinbarungen. Er legt Wert auf deren Harmonisierung mit dem effektiven unabhängigen und international anerkannten Schiedsgerichtssystem (Court of Arbitration for Sport, CAS).
- Dopingtäter/innen schnell, hart und international bestrafen: Der DOSB macht sich das Ergebnis der Arbeitsgruppe „Besitzstrafbarkeit“ zu eigen, die nach sorgfältiger Abwägung aller rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte mehrheitlich empfiehlt, eine „Besitzstrafbarkeit“ gesetzlich nicht zu verankern. Die Argumente der Arbeitsgruppe zum umfassenden Schutz des Prinzips der uneingeschränkten Verantwortlichkeit der Athleten/innen („Strict liability“), des unverzichtbaren Eckpfeilers des Anti-Doping-Kampfes, sind überzeugend. Die Sanktionierung eines durch positiven Dopingtest überführten Athleten soll weiterhin allein durch die Sportgerichtsbarkeit erfolgen, da nur so eine schnelle, harte und international sofort durchsetzbare Bestrafung möglich ist. Wird der Athlet durch staatliche Maßnahmen der Weitergabe von oder des Handels mit Dopingmitteln überführt, unterliegt er schon jetzt den für alle Bürger geltenden gesetzlichen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (siehe oben Ziffer 6). Der DOSB betont insbesondere noch einmal das Erfordernis der internationalen Harmonisierung für einen wirksamen Kampf gegen das Doping.
- Sport und Strafverfolgung müssen wechselseitig besser informieren: Der DOSB fordert eine bessere Koordinierung der in Sport und Staat mit dem Kampf gegen das Doping befassten Stellen. Der DOSB wird seine Mitgliedsverbände ver-pflichten, Verdachtsmomente auf Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen un-verzüglich der zuständigen (Schwerpunkt-) Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Der DOSB fordert die NADA auf, sich dieser Informationspflicht ebenfalls zu unterwerfen. Umgekehrt bittet der DOSB die staatlichen Stellen, dafür Sorge zu tragen, dass die (Schwerpunkt-) Staatsanwaltschaft ihrerseits für die Sportgerichtsbarkeit wichtige Informationen unverzüglich an die zuständige Sportorganisation übermittelt. Der DOSB unterstützt die Bemühungen auf internationaler Ebene (durch das IOC), den WADA-Code durch die Einführung einer entsprechenden Informationspflicht zu ergänzen, und fordert die Bundesregierung auf, diese Initiative bei den laufenden WADA-Konsultationen zu unterstützen.
- Öffentliche Förderung nur bei aktivem Anti-Doping-Kampf: Der DOSB unter-stützt die Politik des Bundesinnenministers, seine öffentliche Förderung mit der Verpflichtung zur Einhaltung von Standards im Kampf gegen Doping zu verknüp-fen. Er wird diese Verpflichtung in die Zielvereinbarungen, die er mit dem Bundesinnenministerium, den Verbänden und den Olympiastützpunkten abschließt, verbindlich aufnehmen. Der DOSB begrüßt die Entscheidung des Bundesinnenministers, die Anti-Doping-Konvention der UNESCO zeitnah zu ratifizieren.
- Anti-Doping-Maßnahmen entschlossen umsetzen: Der DOSB bekräftigt seinen festen Willen, die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen mit ganzer Kraft entschlossen voran zu treiben. Sein Präsidium wird diesen Aktionsplan deshalb dem Bundesinnenminister mit dem Ziel eines Schulterschlusses von Sport und Staat im Kampf gegen Doping unterbreiten. Dabei wird es sich auch in Zukunft von dem Grundsatz leiten lassen, dass Inhalt vor Form geht.