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Ehrenamtliches Engagement ist der Schlüssel für die Zukunft

Was braucht es, um den Rückgang des ehrenamtlichen Engagements zu stoppen und eine Trendwende zu schaffen? Darüber diskutierten am Montag auf dem „Fachforum Ehrenamt und Engagement“ 60 Teilnehmende im Haus des Sports.

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

30.09.2025

Eine Frau am Rednerpult vor einer Präsentation
Wiebke Fabinski, stellvertretende Leiterin des Ressorts Bildung und Engagement, moderierte das Fachforum am Montag im Haus des Sports in Frankfurt am Main.

Ihre Stimme war brüchig, eine Erkältung machte Dr. Svenja Feiler zu schaffen. Doch die Botschaft, die die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sportökonomie und Sportmanagement der Deutschen Sporthochschule Köln am Montagmittag auf dem ersten „Fachforum Ehrenamt und Engagement“ am Hauptsitz des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Frankfurt am Main überbrachte, war trotz des stimmlichen Handicaps unmissverständlich. Und sie war wichtig, weil sie die Begründung dafür lieferte, warum die Zukunft des ehrenamtlichen Engagements im Sport mit vereinten Kräften gestaltet werden muss.

In ihrem Impulsvortrag zum Auftakt eines inspirierenden Tages destillierte Svenja Feiler vor rund 60 Teilnehmenden aus Fachverbänden und Landessportbünden die wichtigsten Erkenntnisse aus dem jüngsten Sportentwicklungsbericht (SEB). Diese besagen, in stark verkürzter Fassung: Die Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen ist für die rund 86.000 Vereine in Deutschland das größte Problem, das 17,5 Prozent der Befragten sogar für existenzbedrohend halten. Der Handlungsbedarf ist immens, die Zahlen sind in vielen Bereichen seit 2019 rückläufig. Auch deshalb hat der DOSB den Bereich Ehrenamt und Engagement in seinem Geschäftsbereich Sportentwicklung als Schwerpunktthema der kommenden Jahre identifiziert.

  • Michaela Röhrbein

    Es zeigt sich immer deutlicher, dass dieses Thema alle bewegt. Deshalb müssen wir ins Handeln kommen und gemeinsam Lösungen erarbeiten.

    Michaela Röhrbein
    Vorständin Sportentwicklung
    Deutscher Olympischer Sportbund

    „Ehrenamtliches Engagement ist der Schlüssel für die Zukunft des organisierten Sports, ohne die Ehrenamtlichen geht es nicht“, sagte Michaela Röhrbein, Vorständin für Sportentwicklung, „es zeigt sich immer deutlicher, dass dieses Thema alle bewegt. Deshalb müssen wir ins Handeln kommen und gemeinsam Lösungen erarbeiten.“ Um diesem Vorhaben Schwung zu verleihen, hatte der DOSB unter Leitung von Gudrun Schwind-Gick, Leiterin des Ressorts Bildung und Engagement, und Boris Rump, Referent im selben Ressort, zum Fachforum geladen. Ziele des sechsstündigen Austauschs: Einen Blick auf die Entwicklungen in der Engagementförderung zu werfen, Herausforderungen zu identifizieren und zu diskutieren und sich von erfolgreichen Praxisbeispielen inspirieren zu lassen.

    Um die Chancen des Bildungsengagements zu skizzieren, war Jana Priemer zum Impulsvortrag geladen worden. Die Politikwissenschaftlerin und Zivilgesellschaftsforscherin vom Wissenschaftszentrum Berlin, die in ihrer Arbeit unter anderem auch die Rolle des Sports als wichtiger Bildungsakteur untersucht hat, bestärkte die Teilnehmenden darin, sich in Öffentlichkeit und Politik gezielt als Bildungsakteure zu positionieren. „Bildungsengagierte spielen eine große Rolle in Sportvereinen“, sagte sie. Wichtig sei, feste Ansprechpersonen zum Thema Ehrenamt und Engagement strukturell zu verankern sowie zielgruppengerechte Ansprache und Engagementformen zu fördern.

    Besonderes Augenmerk solle bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen auf die Zielgruppe der 18- bis 34-Jährigen gelegt werden. Ihr Anteil an der Gruppe der Bildungsengagierten ist mit 44 Prozent überproportional hoch. Im Gegensatz dazu steht, dass 46,4 Prozent der Vereine keine Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche anbieten. „Frühe Partizipation steht in engem Zusammenhang mit einer positiven Entwicklung der Zahl ehrenamtlich engagierter Jugendlicher im Verein, deshalb ist es wichtig, solche Möglichkeiten zu schaffen“, unterstrich auch Svenja Feiler.

    • Gudrun Schwind-Gick

      Gerade wenn es um Trainer- oder Übungsleitungsfunktionen geht, haben wir die Aufgabe, bei den Älteren genauer hinzuschauen.

      Gudrun Schwind-Gick
      Ressortleiterin Bildung und Engagement
      Deutscher Olympischer Sportbund

      Jene rund 30 Prozent der Vereine, die eine Person für Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Vereinsangeboten (sogenannte Kümmerer) benannt haben, haben signifikant weniger Probleme bei der Gewinnung von Ehrenamtlichen. Aber auch die gezielte Ansprache der Generation Ü60 sei wichtig, um sich eine Zielgruppe an Menschen für wichtige Aufgaben zu erschließen, die über viel Zeit und Erfahrung verfügt. „Gerade wenn es um Trainer- oder Übungsleitungsfunktionen geht, haben wir die Aufgabe, bei den Älteren genauer hinzuschauen“, ermutigte Gudrun Schwind-Gick das Plenum.

      Im Anschluss an die Impulsvorträge wurde in diversen Workshops vertiefend über positive Praxisbeispiele diskutiert. Um einige zu nennen: Dr. Martina Schott präsentierte für den Deutschen Ruder-Verband das Projekt „Denkwerkstatt der Vereine“, Karlos El-Khatib vom Landessportbund Berlin referierte über die Förderung unterrepräsentierter Zielgruppen im Ehrenamt, Alisa Johannesson-Mohr erläuterte die Anerkennungskultur zur Förderung des Ehrenamts im Deutschen Fußball-Bund. Werbung für den neu eingeführten Ehrentag, der unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 23. Mai 2026 stattfinden soll, machte Hannes Jähnert von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE).

      Innovationsfonds wird 2027 neu aufgelegt

      Das Forum markierte zudem den Abschluss des Innovationsfonds Sportentwicklung des DOSB für den Zyklus 2023/24. Seit 2007 fördert dieser Fonds Projekte der Mitgliedsorganisationen in ausgewählten Handlungsfeldern der Sportentwicklung, um innovative Entwicklungen und modellhafte sowie transferfähige Handlungsansätze zu unterstützen. Das Projektvolumen inklusive Eigenmittel der Verbände betrug für die 25 beteiligten Projekte, die ihre Arbeit in Frankfurt jeweils mit einem Abschlussposter präsentierten, rund 650.000 Euro. Die Fördersumme des DOSB belief sich auf 178.000 Euro.

      Wie wichtig der Innovationsfonds für die Verbände ist, das unterstrichen stellvertretend Maren Boyé, Senior Manager für Bildung und Entwicklung im Deutschen Hockey-Bund (DHB), und Daniel Ringleb, Referent für Bildung und Forschung im Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB). „Der Fonds ist für uns seit 2011 der Grundstein dafür, dass wir innovative Ideen, die in der Umsetzung noch nicht klar definiert sind und für die ansonsten keine Mittel vorhanden wären, angehen können“, sagte Maren Boyé, die im DHB mit der digitalisierten Plattform VolunTech ein Werkzeug entwickelt hat, das die Verwaltung von ehrenamtlichem und freiwilligem Engagement effizienter und effektiver gestalten kann. So können Vereine ihre Prozesse rund um das Ehrenamt systematisch steuern und optimieren.

      Daniel Ringleb, der in diesem Zyklus mit dem DTTB das Projekt „Mini-Athleten - Tischtennis für Kinder im Vorschulalter“ angeschoben hat, hob ebenfalls den wegweisenden Charakter des Fonds hervor. „Er ist für uns die Grundlage dafür, etwas auszuprobieren, wofür wir keine finanziellen Mittel haben. Oft hat sich gezeigt, dass wir diese Projekte dann in den Regelbetrieb überführen konnten. Wir nutzen es auch für Pilotprojekte, die wir später an unsere Landesverbände weitergeben.“ Beide hoben als positiven Begleiteffekt den Austausch zwischen den Projektteilnehmern über das Wissensnetz des DOSB hervor.

      • Boris Rump

        Das Verbessern der Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen ist ein sehr wichtiges Thema. Da kann und muss mehr passieren!

        Boris Rump
        Referent Bildung und Engagement
        Deutscher Olympischer Sportbund

        Nachdem für den Zyklus 2025/26 die benötigten finanziellen Mittel nicht bereitgestellt werden konnten und der Fonds deshalb eingefroren werden musste, sorgte die von Michaela Röhrbein überbrachte Nachricht, dass im Jahr 2027 eine Neuauflage geplant ist, für große Erleichterung. „Es ist sehr wichtig, dass ein solches Freigeist-Projekt weitergeführt wird“, sagte Maren Boyé. Daniel Ringleb regte an, die Bewerbungsfrist für den nächsten Zyklus über die bislang üblichen sechs bis acht Wochen auszuweiten, „denn um den Vorstand und das Ehrenamt in solche Planungen einzubeziehen, wäre ein bisschen mehr zeitlicher Puffer hilfreich.“

        Die DOSB-Projektverantwortlichen versprachen, sich dieser Vorschläge anzunehmen. Unter Moderation von Wiebke Fabinski, stellvertretende Leiterin des Ressorts Bildung und Engagement, wurden zum Ende des Fachtags die drei wichtigsten Themenfelder herausgearbeitet, die in den kommenden Jahren beackert werden müssen, um ehrenamtliches Engagement nachhaltig zu stärken. Ergebnis: bessere Ansprache und besseres Management der Zielgruppen; klare Strategien für Freiwilligenmanagement und Engagementförderung und die Stärkung von Qualifizierungsmaßnahmen in Aus- und Weiterbildung.

        „Manchmal gerät aus dem Blick, was die vielen Engagierten brauchen. Ich nehme deshalb als wichtigen Schwung aus diesem Forum mit, dass die Ausbildungsreform für uns sehr wichtig ist“, sagte Gudrun Schwind-Gick. Für Boris Rump ist „das Verbessern der Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen ein sehr wichtiges Thema ist. Da kann und muss mehr passieren!“ Daran kann nun bis ins Frühjahr 2026 gearbeitet werden. Dann steht am 18./19. März in der Goethe-Universität Frankfurt im Rahmen des DOSB-Dialogforums der nächste Fachtag Ehrenamt auf dem Programm.

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