Mit bis zu 200 km/h durch den Pandakopf
Arvin Schröder und Felix Strohmeier starten bei den World Games im Drohnenrennen. Der Parcours ist dem Maskottchen der Gastgeberstadt gewidmet. Welche Chancen haben die beiden Deutschen in ihrem von Asiaten dominierten Sport?

04.08.2025

Bloß keinen Crash bauen! Das ist die wichtigste Regel, an die sich Arvin Schröder und Felix Strohmeier zwingend halten sollten, wenn sie am Abschlusswochenende der World Games ein Wörtchen um die Vergabe der Medaillen mitreden wollen. Die Kumpels sind die beiden deutschen Starter im Drone Racing bei den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten, das am 14. August mit der Qualifikation im Dong'an Lake Sports Park der Gastgeberstadt Chengdu startet. Und wenn man weiß, dass so eine Renndrohne nicht einmal zwei Sekunden benötigt, um von null auf 200 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen, dann hat man eine Vorstellung davon, wie schwierig es sein kann, diese Regel auch wirklich zu befolgen.
Um bestmöglich mit dieser Herausforderung umzugehen, sind die beiden Bayern - Arvin lebt in Augsburg, Felix in Bamberg - schon seit ihrem zehnten Lebensjahr in der Drohnensport-Szene unterwegs. Wobei man einschränkend sagen muss, dass sie trotzdem nicht über jahrzehntelange Erfahrung verfügen. Felix ist 17 Jahre alt und geht in die elfte Klasse, Arvin sogar zwei Jahre jünger, Neuntklässler und damit das zweitjüngste Mitglied des 212 Athlet*innen umfassenden Team D. Nur Sportakrobatin Tara Engler, die im Dezember 15 wird, ist noch jünger. „Aber auf das Alter kommt es in unserem Sport nicht an, die besten Piloten der Welt sind zwischen 14 und 20“, sagt Arvin, der im Gespräch den Eindruck eines sehr reflektierten, ambitionierten und neugierigen Teenagers hinterlässt.
Knapp 400.000 Drohnen werden in Deutschland für private Zwecke genutzt. Wie viele davon im sportlichen Wettkampf eingesetzt werden, ist nicht bekannt. Der Deutsche Aero Club (DAeC) als Dachverband für alle Sportarten, die mit dem Fliegen zu tun haben, meldete in der bislang letzten Bestandserhebung des DOSB 80.201 Mitglieder in 1.505 Vereinen, die sich allerdings auf alle Disziplinen vom Segelfliegen über Ballonfliegen bis hin zum Fallschirmspringen aufteilen. Für die Drohnenpilot*innen gibt es eine nationale „Drone Championship Series“, über die man sich für internationale Wettkämpfe qualifizieren kann.
Die World Air Sports Federation führt eine Weltrangliste, die allerdings nicht öffentlich einsehbar ist, aus der die Teilnehmenden für die World Games ermittelt wurden. Dort werden aktuell Arvin auf Rang acht und Felix auf Platz 20 geführt. Nach einer gemischtgeschlechtlichen Qualifikation treten die besten 32 in Ausscheidungsrennen à vier Kontrahent*innen gegeneinander an, von denen je zwei weiterkommen, bis am Ende vier von ihnen für das Finale übrig bleiben. Männer und Frauen werden getrennt gewertet.
Der Parcours, der Arvin und Felix in Chengdu erwartet, hat es in sich. „China ist bekannt dafür, krasse Parcours zu bauen. Der bei den World Games ist in Form eines Pandakopfes angelegt“, sagt Felix. Der Panda ist nicht nur das Maskottchen der Spiele, sondern in Chengdu heilig, die weltgrößte Aufzuchtstation für die seltenen Bären befindet sich in der 20-Millionen-Einwohner-Stadt im Südwesten des Landes. Um sich auf die Herausforderungen der Strecke einzustellen, durften die Qualifizierten sie im Simulator trainieren. Im Wettkampf wird der Parcours dreimal pro Run durchflogen, fünf Runs gibt es, die besten drei werden zur Gesamtzeit addiert.
Ihre Chancen auf einen Platz auf dem Podest schätzen die beiden Schüler nicht allzu hoch ein, wenig überraschend bilden die Asiaten in diesem hochtechnisierten Sport die Weltspitze. „Die Favoriten kommen aus Korea und Japan, auch China ist stark. Wir sehen uns eher im Mittelfeld“, sagt Arvin, der von seinen Eltern und seiner Schwester nach Chengdu begleitet wird. Zwei bis drei Stunden pro Tag investieren die zwei Deutschen ins Training. Während Arvin, der an seiner Schule auch einen Drohnenkurs leitet, die Unterstützung seines Vereins SV Adelsried/Bavarian Multirotor nutzen kann, baut sich der vereinslose Felix seine Parcours selbst und trainiert zu Hause. Auch die Drohnen, für die lediglich die Größe und die Art der Akkus vorgeschrieben sind, stellen sich die meisten Pilot*innen aus verschiedenen Komponenten selbst zusammen. Rund 500 Euro kostet eine Renndrohne, die gesamte Ausrüstung schlägt mit rund 3.000 Euro zu Buche.
Wer als Laie versucht, eine Rennübertragung im Stream zu verfolgen, braucht einen sehr stabilen Gleichgewichtssinn und eine extreme Auffassungsgabe. Die Profis, sagt Felix, zeichnen sich dadurch aus, dass sie intelligent fliegen. „Man kann taktisch fliegen und nur aufs Durchkommen setzen, aber damit wird man nicht gewinnen. Es ist eine Mischung aus Taktik und Risiko, die man braucht, um das Finale zu erreichen.“ Ob Arvin und Felix in Chengdu das Rezept für diese Mischung finden werden, bleibt abzuwarten. Aber selbst wenn es nicht für ganz vorn reichen sollte, werden sich die beiden als Gewinner fühlen. „Für Deutschland bei den World Games starten zu dürfen, ist eine große Ehre, darauf freuen wir uns sehr“, sagen sie. Dann also alles Gute, und: bitte keinen Crash!