Rad-WM: Martin wieder Weltmeister
Radprofi Tony Martn verteidigt seinen WM-Titel im Zeitfahren. Fünf Sekunden rettet der Cottbuser ins Ziel. Es war die dritte Medaille für den BDR.

21.09.2012

Martin schmiss sein Fahrrad auf die Straße und legte sich völlig ausgepumpt auf den Asphalt, dann halfen ihm seine jubelnden Betreuer auf die Beine. Mit seinem Sieg in einem denkwürdigen WM-Zeitfahren in den Niederlanden hat der gebürtige Cottbuser eine von Pleiten, Pech und Pannen geprägte Saison zu einem versöhnlichen Abschluss gebracht.
Nach 46,3 km von Heerlen nach Valkenburg triumphierte der Olympiazweite vor den Augen seiner Familie vor dem starken Amerikaner Taylor Phinney sowie Wasili Kirijenka aus Weißrussland und wird damit auch im kommenden Jahr das prestigereiche Regenbogentrikot tragen.
"Ich musste 110 Prozent geben, am Ende war ich völlig fertig. Das war eines der härtesten Finals meiner Karriere", sagte Martin: "Das war das erste Highlight der Saison, in das ich in perfekter Verfassung gehen konnte. Es gab nur einen Weg, die Saison zu retten, und zwar mit diesem Sieg."
In Abwesenheit hochklassiger Konkurrenz wie dem britischen Tour-de-France-Sieger Bradley Wiggins, Fabian Cancellara (Schweiz) oder Christopher Froome (Großbritannien) zeigte sich schnell, dass Martin nur vom jungen Amerikaner Phinney ausgebremst werden konnte. Bei der ersten Zeitmessung nach 14,3 km lag Martin, der auf der Startrampe angespannt wirkte, sogar vier Sekunden hinter dem U23-Champion von 2010.
Schon bei der zweiten Zwischenmessung hatte sich Martin jedoch bereits einen Vorsprung von rund 14 Sekunden auf Phinney erarbeitet und flog wenig später nach 31 km am mitfavorisierten Vuelta-Sieger Alberto Contador (Spanien) vorbei, der eine erschreckend schwache Leistung zeigte.
In das entscheidende Teilstück der letzten acht Kilometer mit den Anstiegen Bundersberg und Cauberg ging Martin nur noch mit acht Sekunden Vorsprung und versuchte diesen mit aller Kraft zu verteidigen. Auf den Schlussmetern richtete sich sein schmerzverzerrter Blick immer wieder auf die Anzeigetafel über der Ziellinie, wo die Uhr unerbittlich heruntertickte. Am Ende gewann Martin nach 58:38 Minuten und mit fünf Sekunden Vorsprung auf Phinney.
Martin entschädigte sich mit seinem Triumph auch für ein regelrechtes Seuchenjahr. Im April war er unweit seines Schweizer Wohnortes Kreuzlingen mit einem Fahrzeug kollidiert und hatte dabei schwere Gesichtsverletzungen erlitten. Bei der Tour de France hinderte ihn ein Defekt beim Prolog in Lüttich von der ersehnten Fahrt ins Gelbe Trikot, später folgte ein Crash, bei dem ihm das Kahnbein an der linken Hand brach.
Olympia-Silber in London hatte Martin gnädig gestimmt, doch erst jetzt schloss Martin seinen Frieden mit der Saison. "Der Sieg wäre nach all den Rückschlägen verdient, ich habe mich oft wieder hochkämpfen müssen", hatte Martin im Vorfeld gesagt.
Zum Saisonausklang strebt Martin eine weitere Titelverteidigung an. Bevor er sich in den wohlverdienten Urlaub verabschiedet, geht er bei der Peking-Rundfahrt (9. bis 13. Oktober) an den Start.
Für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) war es nach Bronze von Junior Maximilan Schachmann und Zeitfahr-Gold von Judith Arndt die dritte Medaille. Martin hatte bereits im erstmals ausgetragenen Teamzeitfahren am Sonntag mit Omega Pharma-QuickStep triumphiert.
Quelle: SID