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Rückenwind für die NADA und den Kampf gegen Doping

Novum und deutliches Signal im deutschen Anti-Doping-Kampf. Erstmals wurde der komplette Vorstand der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA ins Kanzleramt nach Berlin eingeladen

DOSB Redaktion
DOSB Redaktion

25.02.2009

Die Bundeskanzlerin wollte mit dem Treffen eigenem Bekunden zufolge deutlich machen, dass eine effektive Dopingbekämpfung Grundvoraussetzung für die staatliche Spitzensportförderung ist. „Die NADA leistet in diesem Zusammenhang national und international einen unverzichtbaren Beitrag“, erklärte die Kanzlerin. Die Entwicklung der NADA und insbesondere die Neustrukturierung der Agentur mit Sitz in Bonn hätten gezeigt, dass sich die Institution etabliert hat und sich auf neue Entwicklungen einstellen kann. Aus Sicht der Regierungschefin liege die Dopingbekämpfung bei der NADA und dem für die Spitzensport-förderung zuständigen Bundesministerium des Innern „in sehr guten Händen“. Zuvor hatte bereits Bundespräsident Horst Köhler in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ die Arbeit der NADA gewürdigt und betont, dass sie „optimal ausgestattet sein sollte“, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. 

„Unser großer Wunsch ist es, das Stiftungskapital zu verdoppeln“

Das Lob von den höchsten Stellen kommt für die Zentrale im nationalen Ringen um einen sauberen Sport sehr gelegen. „Dieses Vertrauen und diese Würdigung unserer Arbeit stärkt uns den Rücken. Diese massive Unterstützung ist für uns sehr hilfreich“, unterstrich Baumert und verwies auf die aktuellen Bemühungen, vor allem die wirtschaftliche Basis für die NADA zu festigen und zu verbreitern. Zwar habe dieses Thema bei dem Zusammentreffen im Kanzleramt nicht im Vordergrund gestanden und schon gar nicht sei die Delegation der NADA dabei „als Bittsteller“ aufgetreten. „Aber natürlich müssen wir mittel- und langfristig die Basis für unsere finanzielle Unabhängigkeit zementieren und unsere ökonomisches Fundament verbessern. Nur so können wir uns für die Zukunft wappnen. Wir brauchen eine stabile, kontinuierliche und verlässliche finanzielle Basis.“

Auf bundespolitischer Ebene sei zuletzt dank der Unterstützung durch Bundesregierung und Bundestag „im Rahmen der haushälterischen Möglichkeiten alles getan worden“. Nur dank dieser Hilfe habe die NADA ihre Stabilisierungsphase  erfolgreich bewältigen und über das Kontrollsystem hinaus inzwischen auch mehr für die Prävention als zweiten großen Arbeitsbereich tun können. Vor zwei Jahren musste sich die NADA noch mit einem Budget von knapp zwei Millionen Euro bescheiden. Was nunmehr anstehe sei, die Verträge mit den bisherigen – viel zu wenigen - Partnern aus Wirtschaft (adidas, Deutsche Bank und Telekom) zu verlängern und neue Partner zu gewinnen, wie es mit dem Hersteller des Erfrischungsgetränkes „Bionade“ gerade gelungen ist. Baumert zufolge gelte es ebenfalls, den Anteil der 16 Bundesländer am operativen Etat von derzeit 182.000 Euro pro Jahr deutlich zu erhöhen. „Unser großer Wunsch ist es, das Stiftungskapital aufzustocken und zu verdoppeln. Auf diese Weise könnten wir daraus über größere Erträge für das laufende Geschäft verfügen “, skizzierte der Vorstandschef das strategische Ziel. Derzeit beläuft sich das Stiftungskapital auf 9,7 Millionen Euro, der jährliche operative Haushalt der NADA bewegt sich aktuell bei 4,4 Millionen Euro. Angestrebt sei ein Etat von demnächst mindestens 5,5 Millionen Euro pro Jahr und später im Optimalfall von 7,5 Millionen Euro. Bei all diesen Bemühungen soll weiterhin Transparenz als oberstes Credo gelten. „Alle, die zahlen, müssen genau wissen, wo das Geld am Ende auftaucht.“

Inhaltlich ist bereits klar definiert, worauf die künftigen Strukturen der Zukunft hinauslaufen sollen. Mehr Geld ist vonnöten, um endlich ein geschlossenes System zu begründen, in dem die NADA über die Trainings-Kontrollen hinaus auch für sämtliche Tests bei Wettkämpfen in Deutschland zuständig ist. Dies bezeichnet nicht nur Baumert, sondern ebenfalls Hanns Michael Hölz, der Kuratoriumsvorsitzende, als „einen großen Traum“. Optimal wäre es zudem, wenn die Kontrolleure oder zumindest ein Teil davon nicht mehr bei einem Generalauftragnehmer zumeist ehrenamtlich arbeiten, sondern hauptberuflich unter dem Nada-Dach angestellt sein könnten. Die Faustregel der künftigen Ausgaben-Politik lautet: Rund zwei Drittel des Geldes sollen  in das Kontrollsystem fließen, rund ein Drittel in die Prävention.

Deutliche Worte an WADA-Präsident John Fahey bei seinem NADA-Besuch

Völlige Übereinstimmung habe im Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel darin geherrscht, dass Deutschlands Bemühungen im Anti-Doping-Kampf erst richtig wirken könnten, wenn international ebenso zielstrebig und kompromisslos vorgegangen werde. Damit würden zugleich die „internationalen Rahmenbedingungen für die deutschen Athleten verbessert und die Konkurrenzfähigkeit für die deutschen Sportler erhöht“. „Wir sehen es außerdem als unsere Aufgabe an, überall auf faire, vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für die Athletinnen und Athleten hinzuwirken, die ihre Erfolge ganz bewusst ohne unlautere Mittel erzielen wollen“, betonte Baumert.

Der Schlüssel für die Angleichung der Standards im weltweiten Kampf gegen Manipulation und Betrug im Sport sieht er bei der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC). „Einzig das IOC hat die Chance, seinen 205 Mitgliedsländern zu sagen: Ihr dürft nur an Olympischen Spielen teilnehmen, wenn ihr den WADA-Code akzeptiert und umsetzt. Für uns ist eine solch strikte Zugangsberechtigung zu Olympischen Spielen bereits Normalität, in weiten Teilen der Welt ist es leider noch anders.“ Nur zu gut wisse er, um welche „Herkulesarbeit“ es sich dabei handele. Es gehe keineswegs darum, mit  Fingern auf andere zu zeigen, sondern um grundsätzliche Lösungsansätze, weil selbst der vorbildlichste nationale Anti-Doping-Kampf an ganz natürlich Grenzen stoße.

In diesem Zusammenhang sei mehr Initiative der WADA wünschenswert. „Die WADA müsste viel stärker in Richtung IOC agieren“, benennt Baumert die Erwartungen, welche die NADA-Verantwortlichen dem WADA-Präsidenten John Fahey am 26. Februar bei seinem Besuch in Bonn mit auf den Weg geben werden. Soll heißen: Die Welt-Agentur solle das IOC stärker als bisher daran erinnern, welche grandiosen Möglichkeiten die „Olympier“ innehaben. Startverbot bei Olympischen Spielen wegen Versäumnissen im Anti-Doping-Kampf – welch herrliches Wundermittel. „Wir werden ihm höflich, aber bestimmt unseren Zehn-Punkte-Katalog vortragen.“

In Deutschland ziehen alle Beteiligten an einem Strang

Zudem dürften dem Australier auch einige heikle Fragen im Nachgang zu den Olympischen Spielen in Peking erwarten. Etwa, warum bestimmte Testmethoden dort nicht zum Einsatz kamen, was mit den Doping-Tests im Vorfeld und vor allem mit den „Where abouts“ - den Angaben von Sportlern über ihren Aufenthaltsort im Vorfeld der Spiele – geschah. Im Kern zielen die Fragen darauf, die WADA als noch stärkeren Unterstützer für mehr internationale Chancengleichheit zu gewinnen.

Im Unterschied zu den globalen Dissonanzen, wie sie gerade bei den Biathlon-Weltmeister-schaften nach drei Positiv-Tests russischer Athleten zwischen deren Verband und dem „Rest der Welt“ offen zutage traten, ziehen in Deutschland laut Baumert „alle Beteiligten an einem Strang“. Daran könnten auch gelegentlich kritische Stimmen wie jüngst von Fußballprofi Michael Ballack nichts ändern, der sich über die persönlichen Konsequenzen des zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen WADA-Codes für die Sportler beschwerte. Erst vor zwei Wochen habe es ein Spitzengespräch zwischen NADA und Vertretern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gegeben, in dem „inhaltlich vollständige Übereinstimmung“ herrschte. „Der Fußball zieht voll mit. In Deutschland herrscht im Kampf gegen Doping über alle Verbände hinweg Einigkeit“, konstatiert Baumert, während Mountainbike-Olympiasiegerin Sabine Spitz jüngst allen Kritikern der neuen Meldepflichten entgegenhielt: Bei guter Organisation sei es kein Problem, die geforderten Aufenthaltsorte vom Voraus anzugeben, zumal diese Informationen stets aktualisiert und kurzfristig geändert werden können. Von einer Klage, wie sie von belgischen Athleten gegen den WADA-Code 09 eingereicht wurde, ist der NADA von deutschen Sportlern bisher nichts bekannt. Allerdings hat die deutsche Basketballspieler-Vereinigung „Spin“ mittlerweile beim Datenschutz-beauftragten der Bundesregierung Beschwerde eingelegt. Ob die verschärften Melderegeln von WADA und NADA tatsächlich Persönlichkeitsrechte verletzten und über Gebühr ins Privatleben eingreifen, wie Kritiker behaupten, prüft derzeit eine spezielle Arbeitsgruppe bei der EU-Kommission. Der Abschlussbericht darüber, ob die Auflagen für die Athleten mit EU-Recht konform sind, steht noch aus.

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