Was bleibt von Paris 2024? Fünf Impulse, die über den Sport hinaus wirken
Ein Jahr nach den Olympischen Spielen zeigt sich: Paris 2024 war mehr als ein sportliches Großereignis. Von Nachhaltigkeit über Geschlechtergerechtigkeit bis zur Stärkung des Breitensports. Diese fünf Entwicklungen wirken bis heute nach.

26.07.2025

Paris 2024 war ein Wendepunkt, der durch tiefgreifende Reformen, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter Präsident Thomas Bach bereits Jahre zuvor angestoßen hatte, möglich gemacht wurde. Mit der Olympic Agenda 2020, The New Norm und Olympic Agenda 2020+5 wurde die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele grundlegend neu gedacht: transparenter, nachhaltiger, sozialer. Das Ergebnis: ein Sportgroßevent, das sich in die Gesellschaft integrierte, statt sich von ihr zu entfernen.
Reichweite und Teilhabe: Spiele für alle
Die Spiele in Paris waren keine elitäre Veranstaltung, sondern ein Fest für Millionen: Über 12 Millionen Tickets wurden verkauft, 8 Millionen Menschen besuchten die öffentlichen Fanzonen, 45.000 Volunteers engagierten sich im Einsatz vor Ort, Weltweit verfolgten 5 Milliarden Zuschauer*innen das Geschehen über TV und digitale Kanäle. Die Spiele waren dank innovativer Formate und urbaner Austragungsorte moderner, jugendlicher und inklusiver. Sie waren spürbar näher an den Menschen dran und dadurch so sichtbar wie nie.
Viele Athlet*innen wurden so zu Vorbildern, was sich direkt auf den organisierten Sport im Land auswirkte. Nach den Spielen stiegen die Mitgliederzahlen in französischen Sportvereinen deutlich an. Tischtennisvereine meldeten ein Plus von 20 Prozent, im Fechten waren es sogar 25 Prozent, beim Triathlon 32 Prozent. Auch Schwimmen, Handball, Rugby, Volleyball und der Para-Sport verzeichneten Zuwächse, beflügelt durch starke Auftritte und Medaillen heimischer Sportler*innen wie dem Schwimmer Léon Marchand und Tischtennisspieler Félix Lebrun.

Nachhaltigkeit: Von Symbolik zur Substanz
Eines der zentralen Ziele und Versprechen „Spiele ohne Gigantismus“ wurde in Paris eingelöst. Rund 95 Prozent der Austragungsorte waren bestehende oder temporäre Einrichtungen. Nur drei Sportstätten wurden neu gebaut. Dabei setzte man auf den Einsatz von CO₂-armen Materialien sowie ökologische Planung und Architektur. Die Umweltbilanz unterstreicht diesen Kurs. 54,6 % weniger CO₂-Ausstoß im Vergleich zu London 2012 und Rio 2016. Dies geht aus dem Anfang des Jahres veröffentlichten Nachhaltigkeits- und Legacy-Bericht von Paris 2024 hervor.
Dank gemeinsamer Maßnahmen mit Olympia-Partner Coca-Cola wurde der Plastikverbrauch im Vergleich zu früheren Spielen halbiert. Initiativen wie nachfüllbare Wasserstationen, Getränkebrunnen und biologisch abbaubares Besteck trugen maßgeblich dazu bei.
Wirtschaftlicher und infrastruktureller Schub mit Langzeitwirkung
Die Spiele wirkten auch als Konjunkturprogramm und Wertschöpfungsmotor. 181.000 neue Jobs entstanden rund um Bau, Organisation und Tourismus. Langfristig wird mit 6,9 bis 11,1 Milliarden Euro wirtschaftlichem Impuls für den Großraum Paris gerechnet (je nach Szenario über einen Zeitraum von 17 Jahren).
Das Olympische Dorf wurde zu einem inklusiven Wohnquartier mit 6.000 Bewohner*innen umgebaut, das im August 2025 eröffnet wird. Zudem wurden über 90 Prozent der Ausrüstungsgegenstände nach den Spielen wiederverwendet oder an Partner zurückgegeben, was die Kreislaufwirtschaft auf ein neues Level hebt. Insgesamt wurden 180 Kilometer neue Radwege geschaffen, die nicht nur zur Verbindung der Wettkampfstätten angelegt wurden, sondern bis heute eine nachhaltige Mobilität in der Stadt fördern.
Geschlechtergerechtigkeit erstmals Realität
Zum ersten Mal in der Geschichte der Spiele wurde eine vollständige Geschlechterparität (50:50) zwischen den teilnehmenden Athleten und Athletinnen erreicht. 96 Prozent der teilnehmenden Nationen hatten männliche und weibliche Fahnenträger*innen bei der Eröffnungsfeier.
Die TV-Sendezeit war paritätisch verteilt und auch im Organisationskomitee war Geschlechtergerechtigkeit gelebte Praxis. Ein Meilenstein und Vorbild für Verbände, Medien und Veranstalter weltweit.

Breitensport und Bildung: Olympia im Alltag
Ein weiteres zentrales Ziel war es, den Sport in den Alltag der Bevölkerung, besonders zu Kindern und Jugendlichen, zu bringen. Frankreich hat dafür umfangreiche Maßnahmen umgesetzt:
- 30 Minuten Bewegung täglich in 36.500 Grundschulen
- 36.800 Sport-Kits für Schulen
- 36.000 Kinder erhielten kostenlosen Schwimmunterricht
- 5 Millionen junge Teilnehmende an landesweiten Olympischen und Paralympischen Wochen
- Einführung des "Terre des Jeux"-Siegels für sportfreundliche Institutionen
- Umsetzung von 2.500 Kulturprojekten im Rahmen der „Olympiade Culturelle“.
Fazit: Olympia kann mehr, wenn man es will
Die Spiele von Paris 2024 haben eindrucksvoll bewiesen: Olympische und Paralympische Spiele können mehr sein als ein sportliches Großereignis. Sie können Gesellschaft gestalten, neue Standards setzen und langfristige Entwicklungen anstoßen, wenn sie nachhaltig geplant, transparent organisiert und breit in der Gesellschaft verankert sind.
Genau daran knüpft der DOSB mit seiner geplanten Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele an. Olympia in Deutschland soll ein Zukunftsprojekt für das ganze Land werden. Ein Impulsgeber für mehr Bewegung, Zusammenhalt und eine nachhaltige Infrastruktur.
Das Momentum ist da. Mit Rückenwind aus Paris, politischer Unterstützung und der Bereitschaft aus mehreren Städten und Regionen ist die Grundlage geschaffen, um Olympische Spiele in Deutschland neu zu denken für alle, die Sport leben und Gesellschaft bewegen wollen. Mit Berlin, Hamburg, München und Rhein-Ruhr haben vier Bewerberstädte bzw. -regionen ihre Konzepte eingereicht, die bis Dezember 2025 geprüft und weiterentwickelt werden. Nach möglichen Bürgervoten bis ins erste Halbjahr 2026 stimmt eine außerordentliche DOSB-Mitgliederversammlung über den deutschen Kandidaten ab.
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