100 Jahre Frauensport: 1945 bis 1950

Einen Rückblick auf 100 Jahre Frauensport gibt unsere 10-teilige Serie. Im vierten Teil werden die Jahre 1945 bis 1950 zusammengefasst: Sportlicher Neuanfang mit Hindernissen.

Funktionstüchtige Sportstätten waren im Nachkriegs-Deutschland Mangelware. Foto: picture-alliance
Funktionstüchtige Sportstätten waren im Nachkriegs-Deutschland Mangelware. Foto: picture-alliance

Improvisations-Talente gesucht: Turnen zwischen Trümmern

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges spielte der Sport im Alltag der Frauen zunächst kaum eine Rolle - in den Nachkriegswirren kämpften sie häufig als Allein-Ernährerin um das Überleben ihrer Familien, gegen Nahrungsmangel und Wohnungsnot. Trotzdem mobilisierte eine Sportart die Massen: Schon ab August 1945 wurden in Großstädten sonntäglich Freundschaftsspiele ausgetragen - allerdings kickten hier wieder einmal nur die Männer, Frauen mussten zuschauen.

Doch schon bald begannen auch die Leichtathletinnen und Handballerinnen wieder mit dem Training. Die meisten Frauen wollten lieber turnen oder Gymnastik machen. Das Problem: Hallen und Räume waren Mangelware - entweder waren sie zerstört oder wurden für andere Zwecke genutzt. Erfindungsreichtum und Improvisation war wie in so vielen Bereichen des Nachkriegs-Lebens gefragt. Die Turn- und Sportlehrerin Lisa Scheller beschreibt in ihrem Buch "Schritte" wie sie erste Turnstunden für rund 70 Kinder und Erwachsene, Mädchen und Frauen organisierte: "Ein Wirtshaussaal mit knarrenden Dielen, Gartenstühlen, Säcke mit Stroh gestopft als Matten und die großen Jungen bauten aus einer alten Wagenfeder ein Trampolin. Ein Handwerker ging von Haus zu Haus mit der Bitte um Holz für den eisernen Ofen, als es kalt wurde."

Vereins-Klüngel: Frauen überlassen Männern die sportliche Regie

In der Nachkriegszeit waren männliche Arbeitskräfte rar - am Wiederaufbau der Städte und Industrie waren zunächst Frauen beteiligt. Nach und nach kehrten jedoch immer mehr Männer aus der Gefangenschaft heim, verdrängten die Frauen aus dem Arbeitsmarkt und übernahmen das gewohnte Kommando über Jobs und Familien. Wie in der Gesellschaft, so auch im Sport - bei den zahlreichen Vereins- und Verbandsgründungen bestimmten fortan wieder Männer das sportliche Geschehen. Allerdings war in vielen Landessportbünden die Position einer Frauenwartin vorgesehen. Doch oft mangelte es an Bewerberinnen, denn nur wenige Frauen engagierten sich als Ehrenamtliche oder auf Führungsebene.

Dasselbe galt auch beim 1950 gegründeten Deutschen Sport Bund (DSB, heute DOSB), in dem Entscheidungen - auch über den Frauensport - fast ausschließlich von Männern gefällt wurden. Je einflussreicher eine Position, desto unwahrscheinlicher war es, dort eine Frau zu finden. Keine Frau kandidierte in den Anfangsjahren fürs Präsidium. Bis 1960 gab es nur eine einzige Frau in der DSB-Führungsriege - Grete Nordhoff war Vorsitzende des Frauenausschusses.


  • Funktionstüchtige Sportstätten waren im Nachkriegs-Deutschland Mangelware. Foto: picture-alliance
    Funktionstüchtige Sportstätten waren im Nachkriegs-Deutschland Mangelware. Foto: picture-alliance