Afghanistans Fußball-Erfolg hat deutsche Wurzeln

Den Erfolg beim Südasiatischen Fußball-Cup verdankt Afghanistans Nationalmannschaft auch deutscher Hilfe in Form von Sportausrüstungen und Trainern.

Die afghanische Nationalmannschaft gewinnt den Südasiatischen Fußball-Cup (SAFF). Foto: picture-alliance
Die afghanische Nationalmannschaft gewinnt den Südasiatischen Fußball-Cup (SAFF). Foto: picture-alliance

Als in der vergangenen Woche die afghanische Nationalmannschaft nach dem einer Sensation gleichkommenden 2:0-Endspielsieg von den Spielen um den Südasiatischen Fußball-Cup (SAFF) in Nepal nach Hause kam, schienen zumindest für Tage alle Sorgen vergessen zu sein. Mit Böllerschüssen und Gewehrsalven, von denen man nicht wusste, wer die Waffen in den Händen hielt, und mit durch die Strassen marschierenden Fans wurde der Erfolg in Kabul bis in den Morgen hinein gefeiert.

Bereits ein Jahr vorher hatte die neugegründete afghanische Champions-League, mit Mannschaften aus der Hauptstadt Kabul, aber auch aus sieben Provinzen, für Schlagzeilen weit über die Grenzen des Landes hinaus gesorgt. Und für den von Trainern des deutschen Fußballprojektes in Afghanistan und bei Lehrgängen in der deutschen Sportschule in Hennef ausgebildeten Nationaltrainer Yunus Karger war diese Liga eine hervorragende Gelegenheit, die herausragenden Spieler dieser Meisterschaft für das Turnier in Nepal zu finden. Geschäftstüchtige Manager aus der einheimischen Elektrobranche, aber auch Emigranten aus dem fernen Dubai waren die Macher dieser Liga, die bereits im Vorjahr die Einschaltquoten der afghanischen Fernsehsender in eine Höhe schnellen ließ.

Der kontinuierliche Aufbau des Fußballs in diesem krisengeschüttelten Land hatte bereits zwei Jahre vorher beim Turnier um den SAFF-Cup in New Delhi überrascht. Damals erreichte man auch das Endspiel, wo man Indien noch mit 0:4 unterlag. Doch der 2. Platz hatte dennoch für Begeisterung im Land gesorgt, das mehr und mehr politisch im Rampenlicht steht und die Menschen verunsichert, erst recht, nachdem die ausländischen Truppen in den nächsten Jahren den Rückzug antreten werden.

Fußball lässt für die Zukunft hoffen

„Der Fußball hat einige Wunden geheilt und lässt uns für die Zukunft hoffen!“ sagt der Fußball-Präsident Karamuddin Karim immer dann, wenn er nach der Bedeutung seines Sports in seinem Land gefragt wird. Tatsächlich ist aus der kleinen Pflanze Fußball, die einst von deutschen Pionieren gehegt und gepflegt wurde, eine langstielige Blume geworden, die sich faktisch auch in der Rangliste der FIFA niederschlägt. Denn vom einst letzten Tabellenplatz ist man jetzt durch den neuerlichen Erfolg auf Rang 136 von rund 200 Nationalverbänden aus aller Welt gerückt. Dass man nach wie vor auf Emigranten zurückgreift, die im Ausland spielen wie beispielsweise der überragende Torhüter Mansur Faqiyar, der beim VfB Oldenburg spielt und der in Nepal alle überragte, ist verständlich und wird ja im internationalen Fußball seit eh und je praktiziert.

Nicht vergessen haben die Afghanen die deutsche Hilfe beim Start des Fußballs mit der Gründung einer Regionalliga in Kabul und dem Neuaufbau der Nationalmannschaft sowie der U16 und der U-19. Viele Spieler aus diesen Jugendmannschaften zählen nun, zehn Jahre später, zu den Säulen der Nationalmannschaft. Inszeniert und betreut wurde das damalige deutsche Projekt vom DOSB in Kooperation mit dem DFB und finanziert vom Auswärtigen Amt. „Das werden wir in unserem Land nicht vergessen!“ sagt der Präsident.

„Es war ein hartes Stück Arbeit!“ sagt einer der deutschen Entwicklungshelfer, der Deutsch-Afghane Ali Askar Lali, der einst in der Nationalmannschaft seines Landes spielte, dann aber noch vor dem Einmarsch der Russen im Jahr 1979 nach Deutschland floh und in seiner neuen Heimat eine deutsch-afghanische Familie gründete. Er ist noch heute in regelmäßigen Abständen in Afghanistan und in verschiedenen Positionen, vom Geschäftsführer bis zum Berater der Nationalmannschaften tätig.

Deutsche Verbände sorgten für Fußball-Hilfe

Beim DOSB und dem DFB hat man die Kunde vom Aufstieg Afghanistans zumindest im Fußball mit großer Freunde vernommen. Waren es doch vor allem die deutschen Verbände, die auch im Zeitraum nach dem Projekt immer wieder dafür sorgten, dass der Fußball Hilfe in Form von Sportausrüstungen und Trainer-Kurzzeitprojekten erhielt, finanziert vom Auswärtigen Amt.

Ali Askar Lali erinnert sich. „Einmal, in der Anfangsphase, überreichten wir eine größere Ballspende in der alten Königstadt Ghazni südlich von Kabul an den dortigen Fußballklub. Auf dem Heimweg wurden wir von gerade am Vortag aus dem Gefängnis geflohenen Taliban-Anhängern auf Motorrädern verfolgt. Alle hatten ein Gewehr auf dem Rücken.

Nur durch den Umstand, dass nach rasender Fahrt mit unserem Geländewagen vor uns gerade ein Lastwagen quer stand und die Polizei vor Ort war, kehrten die Taliban um, töteten dafür auf dem Rückweg die Fahrerin eines französischen Militärwagens.

Und bei der Konferenz vor dem ersten Länderspiel Afghanistans nach zwanzig Jahren gegen Turkmenistan (0:2) schlug eine Rakete in unser Hotel ein. Wir blieben unverletzt!“

„Ein schwerer Weg“ sagt auch ein weites Mitglied der deutschen Trainer, Klaus Stärk, dem die Ausbildung der Trainer in der Anfangsphase besonders am Herzen lag. Sie alle blicken heute mit einem gewissen Stolz auf die Entwicklung des Fußballs in Afghanistan zurück.

Und wenn man sich in einem kleinen Café in der beliebten Einkaufstrasse Kabuls, der Chicken Street, zu einem Plausch traf, wurde natürlich fast nur über Fußball gesprochen. Auch wenn in den Zeitungen, die auslagen, immer wieder von blutigen Anschlägen berichtet wurde. Auch das war und ist noch heute Afghanistan…

(Quelle: Holger Obermann*, DOSB-Presse, Ausgabe 38)

* Der frühere TV-Sportreporter Holger Obermann arbeitet seit Jahrzehnten als Fußball-Entwicklungshelfer vor allem in Kriegs- und Krisenländern wie Afghanistan, Pakistan, Ost-Timor, Sri Lanka und Nepal. Im Mai wurde er mit dem erstmals vergebenen Preis „Deutscher Fußball-Botschafter“ ausgezeichnet.


  • Die afghanische Nationalmannschaft gewinnt den Südasiatischen Fußball-Cup (SAFF). Foto: picture-alliance
    Die afghanische Nationalmannschaft gewinnt den Südasiatischen Fußball-Cup (SAFF). Foto: picture-alliance